Zusätzlich zur Abszessspaltung oder -entfernung wird das Kaninchen antibiotisch und idealerweise auch pro-/ präbiotisch abgedeckt, um Sekundärinfektionen bzw. Verdauungsproblemen vorzubeugen. Das Antibiotikum soll einer erneuten Abkapselung von Bakterien und Entzündungszellen sowie deren Ausbreitung vorbeugen, ist als alleinige Therapie aber nicht ausreichend! Besonders effektive Wirkstoffe sind u. a. Azithromycin und Amoxicillin (nie oral!).
Die meisten Abszess-Patienten benötigen außerdem Schmerzmittel. Besonders gut wirksam sind beim Vorliegen von Abszessen entzündungshemmende Schmerzmittel aus der Gruppe der NSAID, z. B. Meloxicam. Zusätzlich wird vor allem zu Therapiebeginn häufig Metamizol verabreicht, welches eine zusätzliche, zentrale Schmerzhemmung bewirkt.
Therapie: Hautabszesse
Ein äußerlicher Abszess wird vom Tierarzt meist gespalten (d. h. mit einem kleinen Schnitt geöffnet, hierfür ist i. d. R. keine Betäubung notwendig) und zunächst durch vorsichtiges Ausdrücken grob entleert.
Es folgt eine sorgfältige Spülung mithilfe einer sogenannten Knopfkanüle, die dank ihres runden Kopfes gefahrlos in die Abszessöffnung geschoben werden und anschließend mit einer Wunddesinfektionslösung durchgespült werden kann. Mithilfe der Knopfkanüle kann außerdem beurteilt werden, wie groß die Abszesshöhle ist.
Um eine Ausheilung “von innen heraus” zu gewährleisten, müssen neuerliche Eiteransammlungen vermieden werden. Hierzu muss der Abszess während der nachfolgenden Wochen offen bleiben beziehungsweise engmaschig geöffnet und gründlich gespült werden.
Kratzt oder schleckt das Kaninchen an der Wunde und besteht demzufolge die Gefahr von Sekundärinfektionen (= Folgenfektionen), benötigt es einen Body.
Bei ausbleibender Abheilung ist eine chirurgische Entfernung der vollständigen Abszesskapsel erforderlich.
Therapie: Abszesse der inneren Organe
Je nach Lage kann die Therapie hier schwierig bis unmöglich sein. Da diese Abszesse "tickende Zeitbomben" sind, die sich jederzeit eröffnen und fatale Folgen haben können, sollte wann immer möglich eine Operation erfolgen, bei der die komplette Abszesskapsel entfernt wird. Ist eine chirurgische Entfernung nicht möglich, kann das Kaninchen nur palliativ behandelt oder schlimmstenfalls eingeschläfert werden.
Umso wichtiger ist eine sorgfältige Prophylaxe, die vor allem darin besteht, bakterielle Infektionen nicht zu "verschleppen", sondern immer umgehend mit einem Antibiotikum zu behandeln.
Besonders kritisch sind chronische Schnupfen- und Zahnerkrankungen. Oft sind Resistenztests ratsam, um im Falle mangelnder Wirksamkeit rechtzeitig auf ein anderes Antibiotikum wechseln zu können, ehe die Bakterien sich im Körper verteilen.
Therapie: Darmabszesse
Hat sich eine Darmentzündung erst zu einem Abszess entwickelt, ist die Behandlung schwierig. Das Eröffnen des Darms ist beim Kaninchen mit einer schlechten Prognose verbunden, da es häufig zu schweren Wundheilungsstörung und der Bildung von Engstellen durch Narbenbildung kommt. Eine langfristige Antibiotikatherapie mit Enrofloxacin und Metronidazol, ergänzt durch Meloxicam und Schleimhautschutz (z. B. Bariumsulfat) kann je nach Gesamtzustand versucht werden; doch je dicker die Abszesskapsel bereits ist, desto schlechter stehen die Chancen.
Therapie: eitrige Pododermatiden
Sie sind besonders schwer therapierbar, da durch das eigene Körpergewicht des Kaninchens eine ständige Belastung der Wunden erfolgt.
- durchgehend weicher, sauberer, trockener Untergrund
- Platz zum Hoppeln rund um die Uhr
- Futterumstellung bei Übergewicht
- tägliche Wundpflege (Reinigung, Salben, Fußbäder)
- dick gepolsterte Verbände
Neben der Wundpflege sind angepasste Haltungsbedingungen absolut unumgänglich, damit die Pfoten eine Chance haben, zu verheilen. Der Boden muss einerseits so weich und elastisch, andererseits so hygienisch und trocken wie möglich sein.
So sind Holzpellets zwar ideal, um Urin zu binden, sodass die Wunden nicht damit in Kontakt kommen - aber viel zu hart; Decken, flauschige Teppiche o. ä. hingegen sind zwar wunderbar elastisch, jedoch völlig ungeeignet bei Kaninchen, die sie als Toilette "fehlinterpretieren", da Nässe und insbesondere Kontakt mit Urin absolut kontraproduktiv für offenen Wunden sind!
Bei (auf weichem Untergrund) nicht-stubenreinen Kaninchen muss die komplette Fläche mit dicker, weicher und saugfähiger Einstreu gepolstert werden. Über die saugfähige Einstreu wird idealerweise eine Schicht weiches, zartes Heu oder Stroh gegeben, da sich die Kaninchen darauf wohler fühlen und es nicht dazu neigt, an den Wunden "kleben" zu bleiben.
Auch Vetbeds eignen sich hervorragend als weicher und hygienischer Untergrund.
Bei Außenhaltung ist eine komplette Überdachung des Geheges oder Balkons notwendig, alternativ müssen nicht-überdachte Bereiche unzugänglich gemacht werden. Das Hoppeln auf regennassem Boden oder im Schnee ist für wunde Fußsohlen ein No-Go! Ein trockener Naturboden (Erde, Rasen oder Wiese) ist hingegen ideal geeignet, da er gleichzeitig schön weich ist und der Urin problemlos abfließt.
Sofern die Kaninchen nicht bereits rund um die Uhr mehrere Quadratmeter Fläche zur Verfügung haben, muss dies spätestens jetzt dringend nachgeholt werden - denn Pododermatiden sind im Prinzip "Sitzschwielen"; während beim Sitzen ein großer Teil des Körpergewichts auf den hinteren Fußsohlen lastet, kommen beim Hoppeln lediglich die Zehen mit dem Boden in Kontakt. Hoppeln ist daher die optimale Schonung für wunde Füße!
Eine möglichst vielseitige Einrichtung und möglichst täglich kleine Veränderungen animieren die Kaninchen zur Bewegung und verkürzen die Zeit, die sie sitzend verbringen. Letztlich lässt sich hiermit auch eine Gewichtsabnahme bei übergewichtigen Tieren erzielen, und jedes Gramm Körpergewicht weniger kommt den Fußsohlen zugute.
Hingegen müssen massiv untergewichtige Kaninchen mit kalorienhaltiger Kost (Wurzelgemüse, Getreideflocken, weiche Nüsse / Saaten, ...) zugefüttert werden.
Neben der regelmäßigen Wundversorgung durch den Tierarzt können Fußbäder notwendig sein, um den Eiter zu verflüssigen und somit sein Abfließen zu erleichtern. Nach tierärztlicher Anleitung können Sie diese auch zu Hause durchführen. Gut geeignet ist Leitungswasser mit einer kleinen Menge Rivanol® Wundlösung.
Nach dem Fußbad sollten die Fußsohlen behutsam mit weichen Tüchern "trockengedrückt" werden, ehe der Patient wieder einen eingestreuten Bereich betritt. Nicht rubbeln!
Sind die Abszesse soweit ausgeheilt, dass kein Eiter mehr nachgebildet wird, können für die Wundpflege anstelle der Fußbäder desinfizierende Tücher oder Sprays (z.B. Chlorhexidin, hypochlorige Säure - z. B. Veterycin®) verwendet werden. Zuvor ist es wichtig, Schmutz mit einem feuchten Tuch vorsichtig zu entfernen, sodass das Desinfektionsmittel auch wirklich unmittelbar auf die Wunden gelangt.
Salben können desinfizierend wirken und die Wundheilung fördern. Fetthaltige Salben sollten nur dann großzügig aufgetragen werden, wenn im Anschluss ein Pfotenverband angelegt wird. Anderenfalls bleiben Streupartikel an den Fußsohlen kleben und können die Entzündung noch verschlimmern.
Sehr gut verträglich und förderlich für die Wundheilung ist Lebertran-Zink-Salbe. Diese kann auch ohne ein anschließendes Verbinden der Pfoten verwendet werden. Dazu scheiteln Sie sanft das Fell an der Fußsohle, geben eine dünne Schicht Salbe auf den wunden Bereich und streichen die Haare anschließend vorsichtig wieder hinüber.
Pfotenverbände werden von Kaninchen schlecht toleriert, weswegen sie nur zum Einsatz kommen sollten, wenn die Wunden tatsächlich offen sind und somit die Gefahr besteht, dass (zusätzliche) Keime eindringen. Meist werden die Verbände binnen kürzester Zeit heruntergebastelt. Dann ist es notwendig, verschiedene Varianten auszutesten - bis man eine Möglichkeit gefunden hat, die der Patient akzeptiert.
Babysöckchen oder einzelne Handschuhfinger können über die Pfote gezogen und mit Tape am Bein fixiert werden. Stoffhandschuhe sind ein schönes Polster und stören die Kaninchen weniger als dicke, wasserfeste Materialien. Wenn möglich, sollten letztere dennoch bevorzugt werden, da sie die Füße wunderbar trocken halten.
Im Falle von Pfotenverbänden lassen Sie sich genau erklären, wie sie anzulegen sind: Hier müssen a) eine gute Schutzfunktion und Befestigung, b) eine Vermeidung weiterer Hautreizungen (z. B. durch fehlende Polsterung oder zu feste Verbände) und c) eine weiterhin problemlose Fortbewegung des Kaninchens gewährleistet sein. Keinesfalls dürfen die Verbände durchnässen!
Blasenpflaster können je nach Ausmaß und Schweregrad hilfreich sein, evtl. auch als Alternative zum Pfotenverband, wenn das Kaninchen ihn gar nicht toleriert.
Achten Sie unbedingt auch auf eine gute "Polsterung" der Fußsohlen. Das Fell sollte mehrmals täglich "aufgeflauscht" und bei Bedarf gekämmt werden, Verfilzungen müssen umgehend vorsichtig mit den Fingern oder einem Flohkamm gelöst werden. Keinesfalls dürfen grundlos Haare entfernt werden! Damit ginge die allgemein, ganz besonders aber bei bereits vorhandenen Hautproblemen wichtige Polsterfunktion verloren und das Kaninchen säße mit den "nackten" Wunden auf dem Boden.
Therapie: Zahnwurzelabszesse
Es ist zwingend notwendig, eitrig entzündete Zähne operativ zu entfernen.
Anders ist keine langfristige Abheilung möglich, da die beschädigten Zähne einen permanenten Entzündungsherd darstellen und immer wieder zur Eiterbildung führen. Zudem breitet sich die Entzündung mit der Zeit auch auf die benachbarten Zähne aus.
Oberkieferabszesse hinter dem Augapfel lassen sich in manchen Fällen nicht beseitigen, ohne dabei auch das Auge zu entfernen, da die Operation evtl. nicht aus der Maulhöhle heraus, sondern von außen erfolgen muss. Einige Chirurgen haben jedoch Erfahrung darin, diese sogenannten retrobulbären Abszesse "am Auge vorbei" zu entfernen, sodass es erhalten werden kann - abhängig davon, ob und wie stark es bereits geschädigt wurde. Diese OP-Technik ist natürlich wann immer möglich zu bevorzugen - sodass es sich lohnt, explizit nach einem Tierarzt zu suchen, der sie beherrscht!
Auch Unterkieferabszesse, die im Kinnbereich eine sichtbare "Beule" bilden, werden meist von außen eröffnet. Der Zahn wird entweder durch die Maulhöhle ("intraoral") oder nach dem Aufbohren des Kieferknochens von außen ("extraoral") entfernt.
Müssen Zähne aufgrund eitrig entzündeter Wurzeln entfernt werden, ohne dass sich nach außen bereits ein Abszess gebildet hat, erfolgt die Operation normalerweise über die Maulhöhle. Wunden im Unterkiefer heilen grundsätzlich etwas schlechter ab, da sich dort gemäß der Schwerkraft permanent Futterpartikel sammeln. Sorgfältige Nachkontrollen, evtl. mit Spülungen der Wundhöhle, sind hier besonders wichtig. Bei ausbleibender Heilung muss ein Antibiogramm veranlasst werden, um zu überprüfen, ob die beteiligten Keime gegen das verwendete Antibiotikum resistent sind.
Therapie: Ohrgrundabszess
- operative Entfernung
- Antibiotikum
- (entzündungshemmendes) Schmerzmittel
Ohrgrundabszesse sind nur operativ in den Griff zu bekommen. Zuvor muss mittels Röntgendiagnostik oder besser Computertomographie das Ausmaß der Entzündung inklusive der beteiligten Ohrabschnitte beurteilt werden, um die geeignete Operationsmethode zu wählen.