Schmerztherapie
Der wichtigste Therapiebestandteil ist ein geeignetes Schmerzmittel - i. d. R. Metamizol (50-65 mg/kg alle 4 Std oder 75 mg/kg alle 6 Std), in schweren Fällen auch ein Opiat wie Butorphanol (0,1–1 mg/kg alle 4–6 h) oder Buprenorphin (0,01–0,06 mg/kg alle 6–12 h). Das Schmerzmittel sollte injiziert (und nicht eingeflößt) werden: Im Falle einer Kreislaufschwäche oder einer Magenproblematik können oral verabreichte Medikamente nicht oder nur stark verzögert resorbiert werden!
Kaninchen mit deutlicher Untertemperatur (< 37,0° C) sollten alle Schmerzmittel intravenös, also über einen Venenverweilkatheter, erhalten: Subkutan (unter die Haut gespritzte) Medikamente können während einer Kreislaufschwäche meist nicht mehr zeitnah resorbiert werden.
Metamizol wirkt krampflösend und zentral schmerzhemmend. Opiate bewirken eine noch intensivere zentrale Schmerzhemmung.
Letztere sollten möglichst nur einmalig verwendet werden, da eine längerfristige Anwendung die Magen-Darm-Motorik negativ beeinflussen kann. Da eine Magenüberladung mit der richtigen Therapie in einer relativ kurzen Zeit behandelt werden kann, genügt es meist, das Opiat nur ganz zu Anfang einmal einzusetzen und die Schmerztherapie danach auf Metamizol zu beschränken - sofern keine Komplikationen (wie z. B. ein Darmverschluss) auftreten.
Die Schmerzbehandlung ist nicht nur aus Tierschutzgründen notwendig, sondern auch essenziell für eine gute Prognose: Bei Schmerzen schüttet der Organismus riesige Mengen Stresshormone aus, welche die Darmmotorik zusätzlich hemmen.
Meloxicam ist bei einer Magenüberladung völlig ungeeignet.
Abführmittel
Ist trockenes, quellendes Futter oder Material die Ursache der Magenüberladung, sollte wiederholt ein Abführmittel verabreicht werden. I. d. R. wird hierfür Laktulose verwendet, zur Not eignet sich auch Speiseöl. Nicht geeignet ist Paraffinöl!
Das Abführmittel soll dem Eindicken des Nahrungsbreis und einer resultierenden Verstopfung entgegenwirken. Da der Magen bereits überfüllt ist, dürfen keine große Mengen auf einmal eingegeben werden. Empfehlenswert ist 1 ml / kg alle 30-60 Minuten.
Förderung der Darmmotorik
Ein Prokinetikum (z. B. Metoclopramid, 3x tgl. 0,5 mg/kg s.c., i.v.; erste Injektion mit 5 mg/kg zu dosieren - also zehnmal höher) beschleunigt die Magenentleerung und hilft gegen Übelkeit. Im Falle einer Magenüberladung ist es auf jeden Fall zu spritzen, da es bei oraler Eingabe nur verzögert resorbiert werden kann und der bereits überladene Magen zusätzlich gefüllt wird.
Medikamente gegen Übelkeit
Ein Antiemetikum wie Maropitant (1x tgl. 1 mg/kg s.c.), z. B. Cerenia ®, oder Metoclopramid (3x tgl. 0,5 mg/kg s.c., i.v.), z. B. Emeprid ®, ist von großer Bedeutung, um das Befinden der Tiere zügig zu verbessern. Meist kommt Maropitant zum Einsatz, wenn Metoclopramid alleine keine ausreichende Besserung bewirkt hat.
Schleimhautschutz
Ein Schleimhautschutz-Präparat wie Sucralfat (2x tgl. 25 mg/kg p.o. über 4-6 Wochen, z. B. Sucrabest® ) empfiehlt sich, da es infolge der Magenüberdehnung oftmals zu Entzündungen der Schleimhäute kommt.
Da ein Magenschutz die Resorption anderer oral verabreichter Medikamente beeinträchtigen kann, sollte er immer mindestens 30 Minuten zeitversetzt gegeben werden. Diese "Abstandsregel" gilt nicht für Medikamente, die nicht resorbiert werden, sondern nur lokal im Darm wirken (z. B. Laktulose, Simeticon, Pro- und Präbiotika): Sie dürfen zeitgleich gegeben werden.
Kreislaufstabilisierung: Infusionen, Wärmezufuhr, Catosal®
Infusionen dienen einerseits der Kreislaufstabilisierung, andererseits wirken sie einem Eindicken des (quellenden) Nahrungsbreis im Magen und somit einer Verstopfung entgegen. Geeignet sind RingerLactat oder Sterofundin.
Hat das Kaninchen eine normale oder nur leicht erniedrigte Körpertemperatur, kann die Infusion als Depot unter die Haut gespritzt werden. Zuvor ist sie auf Körperwärme zu bringen (z. B. in der Mikrowelle). Bei starker Untertemperatur (<37,0-37,5° C) benötigt das Tier einen Venenkatheter und muss an den Tropf gehängt werden.
Die Catosal® Injektionslösung enthält u. a. B-Vitamine und organische Phosphorverbindungen. Sie stimuliert verschiedene Stoffwechselprozesse und trägt zur Stabilisierung des Patienten bei. Üblich ist eine Dosierung von 1 ml / kg einmal täglich subkutan (unter die Haut).
Unterkühlte Kaninchen (Körpertemperatur <38,0-39,0° C - individuelle Unterschiede!) müssen warmgehalten werden, um den Kreislauf zu stabilisieren.
Hierzu eignen sich z.B. Wärmeflaschen, Wärmematten oder -kissen für Haustiere, spezielle Wärmeboxen oder eine Rotlichtlampe, die so aufgestellt wird, dass der Patient sich ihr bei Bedarf entziehen kann. Weiterhin kann ein körperwarmes, subkutanes Infusionsdepot sinnvoll sein. Bei deutlicher Untertemperatur / starker Kreislaufschwäche muss das Kaninchen jedoch zusätzlich intravenös infundiert werden (s.o.).
Sauerstoffzufuhr
Kaninchen mit einer so starken Magenüberladung, dass Atembeschwerden auftreten, müssen mit reinem Sauerstoff stabilisiert werden. Dies kann in einer "richtigen" Sauerstoffbox erfolgen oder der Patient wird in eine mit Folie umwickelte Box gesetzt, in die mittels eines Schlauchs der Sauerstoff eingeleitet wird.
Zwangsfütterung?
Eine Zwangsfütterung ist bei einer Magenüberladung kontraindiziert und absolute Tierquälerei! Der Magen ist bereits überfüllt - eine Zwangsfütterung verschlimmert die Lage lediglich! Da der Magen unter Druck steht und kein Passagehindernis vorliegt, entleert er und verkleinert er sich mit der Zeit von selber - vorausgesetzt, es wird kein weiterer Nahrungsbrei "hinterhergestopft".
Erst, wenn der Magen seine physiologische Größe zurückerlangt hat (Röntgenkontrolle!!) und falls das Kaninchen dennoch nicht gleich wieder zu fressen beginnt, darf und sollte es gepäppelt werden.