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Megacolon beim Kaninchen

Ein Megacolon bezeichnet einen vergrößerten Dickdarm, in dem sich Nahrungsbrei anstaut. Beim Kaninchen handelt es in den meisten Fällen um ein genetisches Problem von (Punkt-)Schecken. Problematisch ist nicht nur die Anschoppung von Futter, sondern auch die beeinträchtigte Trennung von Hart- und Blinddarmkot und die gestörte Natriumresorption.


Veränderungen im Körper

  • verkürzter Dünndarm
  • gestörte Reizweiterleitung im Dickdarm
  • vergrößerter Dickdarm
  • beeinträchtigte Nährstoffresorption
  • beeinträchtigte Natriumresorption aus dem Blinddarm
  • sekundäre Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion)
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Ein verkürzter Dünndarm hat zur Folge, dass die Nährstoffe aus der Nahrung nicht vollständig resorbiert werden können. Dadurch sind langfristig Mangelerscheinungen möglich. Besonders in der Wachstumsphase ist das sehr risikoreich.

Die gestörte Reizweiterleitung im Dickdarm ist das Hauptproblem des Megacolons: Die Funktion des Fusus coli ("Darmschrittmachers") ist beeinträchtigt, wodurch die Separierungsvorgänge im sogenannten Sacculus Rotundus  und vorderen Dickdarmabschnitt gestört sind. Hier werden im Normalfall grobe Fasern weiter in den Dickdarm geschleust und feine Nahrungspartikel in den Blinddarm befördert. Liegt ein Megacolon vor, funktioniert diese Trennung nicht ordnungsgemäß, wodurch "Mischkot" entsteht.

Ein vergrößerter Dickdarm kann sowohl Ursache als auch Folge einer Nahrungsbreianschoppung sein: Das große Volumen kann den Weitertransport des Futterbreis verzögern, wodurch er eindickt und eine Verstopfung auslöst. Dadurch wiederum kann der Dickdarm weiter überdehnt werden. 

Die beeinträchtigte Natriumresorption aus dem Blinddarm kann zu einem Salzmangel führen.

Eine sekundäre Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) entsteht infolge einer Grunderkrankung. Der Schilddrüsenwert T4 ist dabei erniedrigt und der Stoffwechsel insgesamt heruntergefahren. Dies kann Symptome wie Lethargie und Fettleibigkeit zur Folge haben. Letztere kommt beim Megacolon allerdings nur selten vor, da die Nahrungsverwertung gestört ist.

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Ursache

  • Schecken-Gen (reinerbige Tiere, sog. "Chaplins")
  • vorangegangene Verstopfung
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Vererbung: das Schecken-Gen

In den meisten Fällen wird ein Megacolon-Syndrom vererbt. Dies kann passieren, wenn beide Elterntiere ein Schecken-Gen (plus ein Nicht-Schecken-Gen) in sich tragen. In diesem Fall erben gemäß den Prinzipien der Wahrscheinlichkeitsrechnung etwa 25 % der Jungtiere von beiden Eltern das (kranke) Schecken-Gen. 

Weitere 25 % erben von beiden Eltern das Nicht-Schecken-GenDie übrigen 50 % erben von einem Elternteil das Schecken-Gen und von dem anderen das Nicht-Schecken-Gen.

Nur bei den Jungtieren, die von beiden Elterntieren das Schecken-Gen geerbt haben, handelt es sich um Chaplins (früher "Weißlinge", obwohl sie nicht rein weiß sind). Diese sogenannten reinerbigen Tiere besitzen zwei kranke Gene, wodurch sie zwangsläufig erkranken.

Gemischterbige Tiere hingegen besitzen ein gesundes Gen, welches die Defizite des kranken Gens ausgleicht, und sind daher gesund. Sie können aber ihr krankes Gen wiederum an ihre Nachkommen weitergeben.

Neben Punktschecken tragen auch viele europäische Mantelschecken das Schecken-Gen in sich. Holländer und die meisten amerikanischen Mantelschecken sind nicht betroffen.


Vorangegangene Verstopfung

Eine Obstipation (Verstopfung) im Dickdarm führt zu einer Überdehnung des Organs. Chronische, sehr häufige oder sehr schwere Obstipationen können zu bleibenden Schäden führen - der Darm bleibt dann dauerhaft erweitert. Die Gefahr, dass sich erneut Nahrungsbrei darin anstaut, ist größer als bei einem gesunden Darm. Dadurch kann ein Teufelskreis entstehen. 

In der Regel werden derartige Verstopfungen durch Ernährungsfehler verursacht: Eine zu trockene oder zu faserarme Fütterung ist die häufigste Ursache.

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Symptome

  • unförmige Köttel von weicher, gummiartiger Konsistenz
  • Es wird kein gewöhnlicher Hartkot produziert
  • Symptome einer Mangelernährung: Entwicklungsverzögerung, schlechte Fellqualität, Immunschwäche usw.
  • Untergewicht trotz guter Futteraufnahme
  • sehr großer, runder Bauch bei gleichzeitiger Abmagerung
  • Instabile Verdauung: Neigung zu Durchfall, Verstopfung, Stasen, Aufgasungen, Parasitenbefall
  • In Akutphasen: Apathie, Inappetenz, Bauchgluckern, Aufgasung, Durchfall oder ausbleibender Kotabsatz, zunehmender Leibesumfang, Schmerzsymptomatik
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Ein Megacolon-Syndrom kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein. In schweren Fällen leiden die betroffenen Kaninchen mitunter dauerhaft an Verdauungsbeschwerden, bleiben in der Entwicklung zurück und haben nur eine kurze Lebenserwartung.

Viele Kaninchen haben jedoch überwiegend symptomfreie oder -arme Phasen, die gelegentlich von akuten Schüben unterbrochen werden. Während eines solchen Schubs sind sowohl massive Entgleisungen der Darmflora (mit Aufgasungen und wässrigem Durchfall) als auch hochgradige Anschoppungen (Verstopfungen) im Blinddarm möglich.


Veränderte Köttel

Typisch für ein Megacolon ist ein phasenweise oder dauerhaft auffälliger Kot. Oftmals handelt es sich um längliche, unförmige, unterschiedlich große, unangenehm riechende Köttel von weicher, gummiartiger Konsistenz. Gewöhnlicher Hartkot und Blinddarmkot werden entweder gar nicht oder nur phasenweise produziert.


Untergewicht

Bei vielen Megacolon-Patienten ist die Futterverwertung im Darm beeinträchtigt. Dies kann dazu führen, dass sie trotz eines guten Fressverhaltens abmagern.

Ein schlechter Ernährungszustand kann jedoch auch durch häufige Krankheitsschübe und infolgedessen ein schlechtes Fressverhalten zustande kommen: Sowohl eine Futteranschoppung als auch Durchfall und Aufgasungen führen häufig zu Bauchschmerzen, Übelkeit und einem Völlegefühl, wodurch die Tiere das Futter verweigern.

Oftmals wird das Untergewicht vom Laien nicht erkannt. Das liegt daran, dass gleichzeitig der Bauch durch das überdimensionale Colon stark umfangsvermehrt ist. Betroffene Kaninchen können folglich einen sehr ausladenden Bauch und gleichzeitig eingefallene Flanken sowie eine deutlich hervortretende Wirbelsäule aufweisen.


Aufgetriebener Bauch

Der größte Teil des Bauchraums wird beim Kaninchen vom Blinddarm eingenommen. Stauen sich hier große Mengen Futter an, kann der Bauchumfang massiv vergrößert sein. Die Kaninchen nehmen nahezu eine Kugelform an. Auch eine Entgleisung der Darmflora, die eine starke Aufgasung des Blinddarms verursacht, kann zu einem massiv aufgetriebenen Bauch führen.

Viele Megacolon-Patienten haben einen permanent "rundlichen" Bauch, während eines Schubes mit Futteranschoppung oder Aufgasung kann sich die Symptomatik aber noch erheblich verstärken.


Symptome einer Mangelernährung

Mangelerscheinungen sind einerseits infolge einer beeinträchtigten Nährstoffresorption im Dünndarm möglich, andererseits durch ein Nicht-Fressen des eigenen Kotes. Letzteres ist oft der Fall, wenn dauerhaft ausschließlich "Mischkot" und kein physiologischer Blinddarmkot produziert wird. Diese Kaninchen nehmen mitunter grundsätzlich keinen Kot auf, wodurch es v. a. zu einem Vitamin-B-Mangel kommen kann.

Typische Symptome einer Mangelernährung sind Untergewicht, Entwicklungsverzögerung, Wundheilungsstörungen, Zahnerkrankungen, schlechte Haut- und Fellqualität und Immunschwäche. Letztere führt häufig zu Milben- oder Pilzbefall, chronischen Schnupfensymptomen sowie E. cuniculi-Schüben.  


Instabile Verdauung

Megacolon-Patienten haben grundsätzlich eine instabile Darmflora. Das macht sie empfindlich gegenüber Verdauungserkrankungen aller Art. Sie neigen nicht nur verstärkt zu Durchfall, Verstopfungen, Bauchgluckern und Aufgasungen, sondern auch zu besonders schweren Parasitenbefällen: Während z. B. Würmer und Kokzidien bei einem ausgewachsenen, gesunden Kaninchen oft keinerlei Symptome verursachen, können sie einem Megacolon-Patienten sehr gefährlich werden.


Akute Entgleisung der Darmflora

Bereits kleine "Störfaktoren" können die Darmflora eines Megacolon-Patienten zum Kippen bringen. Das kann ein verdorbenes Blatt, eine neue Futtersorte, eine größere Menge Kohl, ein leichter Parasitenbefall, psychischer Stress und vieles mehr sein.

Eine Entgleisung der Darmflora kann schwere, mitunter lebensbedrohliche Auswirkungen haben. Typischerweise kommt es zu hochgradigem, flüssigem bis wässrigem Durchfall bei gleichzeitiger Kotinkontinenz: Die Kaninchen verlieren nahezu permanent Kotwasser. Durch das nasse, verschmutzte Fell besteht ein erhöhtes Risiko einer Blasenentzündung und im Sommer auch eines Madenbefalls

Weiterhin charakteristisch sind massive Aufgasungen, laute Verdauungsgeräusche ("Bauchgluckern") und Kreislaufschwäche mit Untertemperatur und Lethargie. Betroffene Kaninchen leiden an starken Bauchschmerzen und Übelkeit, wodurch sie häufig das Futter verweigern

Die verstärkte Gasbildung im Blinddarm kann dazu führen, dass die Darmbewegungen durch die rechte Bauchwand deutlich zu sehen sind.

Bei ausbleibender Intensivtherapie können diese Kaninchen binnen kurzer Zeit versterben: Der hohe Flüssigkeitsverlust sowie der Drucks des aufgegasten Blinddarms auf den Brustkorb und die Blutgefäße können zu einem Kreislaufversagen führen; auch ist eine Sepsis (Blutvergiftung) möglich, wenn Giftstoffe aus dem Darm in die Blutbahn übertreten.


Akute Verstopfung

Eine akute Anschoppung von Futterbrei im Blinddarm hat einen stark umfangsvermehrten Bauch und einen ausbleibenden Kotabsatz zur Folge. Betroffene Kaninchen leiden - ebenso wie bei einer Entgleisung der Darmflora - an Übelkeit und Bauchschmerzen, weshalb sie meist ihr Futter verweigern

Der stark vergrößerte Blinddarm drückt - genau wie bei einer Aufgasung - auf das Zwerchfell und die großen Blutgefäße. Dadurch kommt es zu einer Kreislaufschwäche, oft mit Untertemperatur und Lethargie, einer Belastung des Herzens und einer Beeinträchtigung der Atmung.

Betroffene Kaninchen sind Intensivpatienten. Der Kreislauf muss umgehend stabilisiert und die Darmtätigkeit wieder in Gang gebracht werden.

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Diagnostik

  • mikroskopische Untersuchung der Köttel
  • In Akutphasen: Röntgen, Kontraströntgen
  • Hinweisend: Fellfarbe, Elterntiere
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Mikroskopische Untersuchung der Köttel

Um herauszufinden, ob ein Kaninchen "Mischkot" produziert, wird ganz einfach eine kleine Menge auffälliger Köttel in Wasser aufgelöst, ein Tropfen auf einen Objektträger gegeben und unter dem Mikroskop angeschaut. Im Normalfall finden sich im Blinddarmkot große Mengen Bakterien und nur wenige Fasern, während es sich im Hartkot umgekehrt verhält.

Sind sowohl reichlich Bakterien als auch reichlich Fasern in den Kötteln vorhanden, liegt sehr sicher ein Megacolon-Syndrom vor. Ausnahme sind Kaninchen, die aktuell an einer schweren akuten Darmerkrankung landen. Auch hier kann der Trennungsmechanismus des Fusus coli und des Sacculus rotundus beeinträchtigt sein.


Röntgen / Kontraströntgen

Ein Megacolon-Patient mit einem akuten "Verstopfungs-Schub" hat infolge der Futteranschoppung im Blinddarm einen massiv aufgetriebenen Bauch. Um dies sicher und objektiv von einer Magendilatation und einer Aufgasung abgrenzen zu können, sind Röntgenbilder erforderlich. Darauf zeigt sich meist ein riesiger Blinddarm, der sich fast über den gesamten Bauchraum erstreckt und bis auf die linke Bauchseite ausbreitet.

Besonders deutlich wird dies, wenn zuvor Kontrastmittel eingegeben wurde. Größere Mengen Kontrastmittel dürfen jedoch nur eingegeben werden, wenn zuvor ein Ileus und eine Magendilatation ausgeschlossen wurden. Ansonsten werden zunächst wenige Millimeter verabreicht, um sicherzustellen, dass der Magen-Darm-Trakt durchgängig ist. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.


Fellfarbe & Elterntiere

Die Fellfarbe kann ein Indiz dafür sein, ob ein Megacolon bei dem entsprechenden Kaninchen wahrscheinlich ist oder eher nicht. Sie ist immer nur hinweisend - weder ist jedes Kaninchen mit einer "typischen Fellfärbung" betroffen, noch ist es ausgeschlossen, dass andersfarbige Kaninchen ein Megacolon besitzen.

Kaninchen aus einer Schecken-Verpaarung, die überwiegend weiß sind, sind besonders häufig betroffen. Weitere "verdächtige" Merkmale sollen ein komplett weißer Bauch, ein unvollständiger Aalstrich auf dem Rücken und eine unvollständige "Schmetterlings-Färbung" an der Schnauze sein.

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Therapie in Akutphasen

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Ein Megacolon ist nicht heilbar. Bei Kaninchen, die - trotz optimaler Fütterung - dauerhaft oder in kurzen Abständen massive Beschwerden zeigen, ist eine Euthanasie zu erwägen. Bei Kaninchen, die nur leichte Symptome zeigen oder "Schübe" in größeren Abständen haben, besteht hingegen kein Grund dafür.

Metamizol (z. B. Novalgin®, Vetalgin®)

Metamizol ist der Wirkstoff der Wahl bei Eingeweideschmerzen. Es sollte in jeder Hausapotheke vorhanden sein und beim Verdacht auf Bauchschmerzen sofort gegeben werden. Am schnellsten und zuverlässigsten wirkt es gespritzt. Alternativ kann ein es oral eingegeben werden. Die Dosierung beträgt 50 mg pro kg alle 4 Stunden oder 75 mg pro kg alle 6 Stunden.


Cisaprid / Metoclopramid (z. B. MCP®, Emeprid®)

Cisaprid und Metoclopramid sind sogenannte Prokinetika - d. h. Medikamente, die die Magen-Darm-Motorik stimulieren. Ebenso wie Metamizol sollte eines von ihnen in jeder Hausapotheke vorhanden sein. Metoclopramid wirkt zusätzlich übelkeithemmend. Cisaprid wirkt besonders gut im Dickdarmbereich, weshalb es bei Megacolon-Patienten bevorzugt werden sollte. Es kann mit Maropitant (s. u.) kombiniert werden, um zusätzlich eine Übelkeithemmung zu bewirken.  

Beim Verdacht auf Bauchschmerzen darf ein Prokinetikum entweder sofort gegeben werden oder spätestens dann, wenn Metamizol innerhalb einer halben Stunde keine Wirkung zeigt. 

Bei Megacolon-Patienten haben Prokinetika eine besonders große Bedeutung, da hier das Hauptproblem in einer beeinträchtigten Magen-Darm-Motorik besteht.

Am schnellsten und zuverlässigsten wirkt Metoclopramid gespritzt. Alternativ kann ein es oral eingegeben werden. Die Dosierung beträgt 0,5-1 mg pro kg alle 8 Stunden.

Die erste Dosis wird idealerweise mit 5 mg pro kg dosiert. Hier sollte allerdings ein hochkonzentriertes Präparat (z. B. Emeprid Injektionslösung 5 mg / ml) verwendet werden, da von den niedriger konzentrierten Produkten (z. B. MCP Saft 1 mg / ml) ein sehr großes Volumen eingegeben werden müsste.

Maropitant (z. B. Cerenia®)

Maropitant wirkt stark übelkeithemmend, zugleich hat es im Magen-Darm-Trakt schmerz- und entzündungshemmende Effekte. Es ist sehr gut verträglich. Die direkte Injektion von Maropitant ist sehr schmerzhaft, weshalb es immer in ein Infusionsdepot (ca. 10-20 ml) injiziert werden sollte. Maropitant ist alternativ auch in Tablettenform erhältlich.


Ranitidin

Ranitidin ist ein sogenannter H2-Antagonist, eine Untergruppe der Antihistaminika. Er hemmt die Produktion von Magensäure, wodurch er einer Reizung der Magen- und Dünndarmschleimhaut entgegenwirkt.

Obwohl das eigentliche Problem eines Megacolons im Dickdarmbereich liegt, können H2-Hemmer sich positiv auswirken, da die entstehende Futteranschoppung ab einem gewissen Grad den gesamten Magen-Darm-Trakt betrifft.

Wird Ranitidin oral eingegeben, beträgt die Dosierung 2x tgl. 2-5 mg pro kg. Wird es subkutan oder intravenös gespritzt, beträgt die Dosierung 1x tgl. 2 mg pro kg.


Pro- und Präbiotika

Zur Stabilisierung der Darmflora sollten Megacolon-Patienten dauerhaft, zumindest aber in Akutphasen mit Pro- und Präbiotika versorgt werden. Die Studienlage bezüglich einer sinnvollen Dosierung ist noch sehr dünn; es sind jedoch keine Nebenwirkungen durch "Überdosen" bekannt.

Ein gut geeignetes Präbiotikum ist z. B. Rodicare Dia®. Der Hersteller empfiehlt eine Dosierung von 2x tgl. 1 ml pro kg. In Akutphasen ist dies allerdings oft zu wenig.

Es kann daher hilfreich sein, zusätzlich bestimmte Produkte für den Menschen zu verwenden. Davon kann eine großzügige Prise pro Dosis bereits gut wirksam sein. Je nach Schweregrad der Symptome können die Präparate zweimal täglich bis stündlich gegeben werden. 

Geeignet sind z. B.:

  • Flohsamenschalen (Präbiotikum)
  • Apfelpektinflocken (Präbiotikum)
  • OmniBiotic10® (Probiotikum)  

Alle Präparate können in Kombination miteinander angewandt werden.

Infusionen

Infusionen sind potenziell lebensrettend, wenn ein Kaninchen stark kreislaufgeschwächt ist und / oder eine massive Anschoppung vorliegt. In diesem Fall ist eine hohe Flüssigkeitszufuhr notwendig, um den Kreislauf zu stabilisieren beziehungsweise eine Eintrocknung des Darminhalts zu verhindern.

Bei einer massiven Kreislaufschwäche (z. B. bei hochgradiger Aufgasung, Stehunfähigkeit oder starker Untertemperatur < 37° C) muss das Kaninchen an den Tropf gehängt werden - unter die Haut verabreichte Infusionen sind hier nicht mehr ausreichend!

Wird eine subkutane Infusion, d. h. eine Infusion unter die Haut, verabreicht, sind bis zu 100 ml pro kg möglich - bei starkem Durchfall täglich. Anderenfalls sollte die Menge ab dem zweiten Tag auf 50 ml pro kg reduziert werden, da das Kaninchen die Flüssigkeit ansonsten nicht mehr vollständig resorbieren kann. Diese Mengenangaben dienen der groben Orientierung - letztendlich muss im Einzelfall entschieden werden, welche Infusionsmenge die optimale ist. 

Bei einer intravenösen Infusion ("Tropf") muss die benötigte Menge pro Stunde und Tag exakt berechnet werden, um den Patienten weder über- noch unterzudosieren. Intravenöse Infusionen werden in aller Regel nur in der Tierarztpraxis oder -klinik über einen Infusiomaten verabreicht. Wie die richtige Rate berechnet wird, können Sie hier nachlesen.

Sobald das Kaninchen stabil genug ist, sollte wieder auf subkutane Infusionen umgestellt werden, damit es nach Hause entlassen und sich dort frei bewegen kann (intravenöse Infusionen sind nur möglich, wenn es in einer kleinen Box sitzt).


Laktulose

Liegt eine Anschoppung vor, benötigt der Patient schnellstmöglich hochdosiert Laktulose (z. B. Laxatract®, Laxulon®). In schweren Fällen darf stündlich 1 ml pro kg gegeben werden. Nachts und in mittelschweren Fällen sind 2-3 ml pro kg alle 3-6 Stunden möglich. Die Dosierung hängt stark vom individuellen Fall ab.

Da Laktulose ein Abführmittel ist, darf es nicht bei Durchfall gegeben werden.


Huminsäuren und Aktivkohle (medizinische Kohle)

Sehr starker, wässriger Durchfall entzieht dem Kaninchen große Mengen an Flüssigkeit, schwächt den Kreislauf massiv und ist meist mit einem sehr schlechten Allgemeinbefinden verbunden

Medikamente, die den Kot schnell und effektiv festigen, können hier sehr hilfreich sein. Dazu gehören Huminsäuren (2x tgl. 0,5-1 g pro kg p.o. über 3-5 Tage; z. B. Dysticum®) sowie Aktivkohle (1 g pro kg alle 4-6 Stunden - wenn der Kot wieder halbwegs fest ist, sofort absetzen).

Achtung: Beide Medikamente müssen mindestens 30 Minuten zeitversetzt zu anderen Medikamenten gegeben werden, um deren Resorption nicht zu beeinträchtigen. Ausnahme sind Medikamente, die ebenfalls ausschließlich im Magen-Darm-Trakt wirken und nicht resorbiert werden (z. B. Simeticon, Laktulose, Sucralfat).

Bei starken Aufgasungen sollten Huminsäuren gegenüber Aktivkohle bevorzugt werden, da Aktivkohle die Darmausscheidung verzögert, wodurch auch Gase langsamer ausgeschieden werden.  


Nystatin

Nystatin ist ein Antimykotikum, d. h. ein Anti-Pilz-Mittel. Es wirkt gegen Hefepilze im Darm. Hefen gehören zu den natürlichen "Darmbewohnern" des Kaninchens und sind grundsätzlich nicht behandlungsbedürftig. Nur, wenn sie im Übermaß vorliegen, können sie zu Symptomen wie matschigem Kot oder Bauchschmerzen führen.

Ein verstärkter Hefepilzbefall im Darm ist beim Kaninchen nie die Grundursache für Darmsymptome, sondern immer nur das Symptom einer Grunderkrankung.

Ein Megacolon-Syndrom ist eine der möglichen Ursachen. Wird bei einem Megacolon-Patienten ein vermehrter Hefebefall nachgewiesen und zeigt der Patient Symptome - und nur dann! - , können die Hefen kurweise unterstützend mitbehandelt werden.

Die Dosierung beträgt 2x tgl. 100.000 I.E. pro kg über 10-14 Tage


Zwangsfütterung

Kaninchen, die selbstständig nicht (genug) fressen, müssen mit der Spritze zwangsgefüttert werden. Voraussetzung ist immer, dass kein Ileus (Darmverschluss) vorliegt!

Setzt ein Megacolon-Patient keinen Kot ab und hat einen umfangsvermehrten Bauch, der nicht eindeutig dem Dickdarm zugeschrieben werden kann, ist zunächst Röntgendiagnostik notwendig, um einen Ileus als mögliche Ursache auszuschließen! Anderenfalls kann eine Zwangfütterung tödlich enden.

Achtung: Liegt eine Anschoppung vor, kann es sein, dass ein Kaninchen sein Gewicht hält oder sogar schwerer wird, obwohl es selbstständig kein Futter aufnimmt. Es ist daher unerlässlich, dass Sie den Patienten und sein Fressverhalten gut beobachten.

Wie oft und wie viel gefüttert werden sollte, hängt von der aktuellen Symptomatik ab.

Eine Verstopfung mit Futteranschoppung führt dazu, dass der Blinddarm des Kaninchens extrem vergrößert ist und den überwiegenden Teil des Bauchraums einnimmt. In diesem Fall hat der Magen kaum Platz, um sich auszudehnen, weshalb immer nur kleine Mengen appliziert werden dürfen. Mitunter können dies stündlich wenige Milliliter sein.

Bei Durchfall können größere Futtermengen in entsprechend größeren Intervallen eingegeben werden. Ein Kaninchen, das selbstständig überhaupt nichts frisst, darf alle 4 Stunden bis zu 20 ml pro kg Körpergewicht bekommen.


Simeticon

Simeticon ist ein Antitympanikum, das große Gasblasen in kleinere zersetzt. Dies erleichtert ihre Ausscheidung.

Bei Bauchgluckern und Unwohlsein kann Simeticon (z. B. Sab Simplex®) generell als Erste-Hilfe-Medikament eingesetzt werden - bei Inappetenz immer in Kombination mit Metamizol und evtl. auch Metoclopramid. Hier werden etwa 3-4x tgl. 80-100 mg pro kg gegeben.

Bei hochgradigen Aufgasungen darf Simeticon alle 1-2 Stunden gegeben werden


Antibiose

Flüssiger Durchfall und hochgradige Aufgasungen sind Symptome einer komplett entgleisten Darmflora. In diesem Fall kann eine antibiotische Behandlung lebensrettend sein

Auf die Weise werden krankmachende Keime, die sich infolge einer geschwächten Darmflora explosionsartig vermehren, eingedämmt. Darmfreundliche Antibiotika sind z. B. Fluorchinolone wie Enrofloxacin (2x tgl. 10 mg pro kg), Marbofloxacin oder Pradofloxacin. Diese werden gerne mit Metronidazol (2x tgl. 20 mg pro kg) kombiniert.

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Dauertherapie

  • Schonkost
  • Prä- und Probiotika
  • Vitamin-B-Komplex
  • Salzleckstein
  • bei wiederkehrenden Verstopfungen Laktulose
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Schonkost

Eine darmfreundliche, gleichmäßige Ernährung ist für Megacolon-Patienten essenziell: 

  • Ausschließlich Futtermittel mit hohem Anteil an strukturierter Faser: Blätter, Kräuter, Gräser, Gemüsegrün, Zweige, Heu
  • Grünfutter sollte immer ad libitum zur Verfügung stehen, um Heißhunger zu vermeiden
  • keine kohlenhydratreichen Futtermittel (z. B. Wurzelgemüse, Obst, Getreide, Erbsenflocken, ...)
  • keine übermäßige Kohlfütterung
  • keine plötzlichen Schwankungen in der Rationszusammensetzung (z. B. von Wiesengrün auf Salate oder umgekehrt), Futterumstellungen aller Art müssen sehr langsam erfolgen!

Die meisten dieser Regeln gelten - teilweise "abgeschwächt" - für alle Kaninchen. Bei Megacolon-Patienten sind sie jedoch von besonders großer Bedeutung, da ihr Verdauungssystem viel störanfälliger ist als das gesunder Tiere.


Prä- und Probiotika

Sowohl Präbiotika (Nahrung für die Darmflora) als auch Probiotika (Darmflora-Bakterien) dürfen dauerhaft gegeben werden, um die Darmflora zu stabilisieren. Dadurch treten "Schübe" tendenziell seltener und weniger schwer auf. Ausführliche Informationen zur Wirkung von Prä- und Probiotika finden Sie hier.

Für die Dauertherapie eignen sich verschiedene Produkte für den Menschen. Die Studienlage bezüglich einer sinnvollen Dosierung ist noch sehr dünn; es sind jedoch keine Nebenwirkungen durch "Überdosen" bekannt.

Eine großzügige Prise pro Dosis kann bereits gut wirksam sein. Für eine Dauertherapie werden sie 2-3x täglich mit 1-2 ml Wasser angemischt und ins Mäulchen eingegeben.

Geeignet sind z. B.:

Alle Präparate können in Kombination miteinander angewandt werden.


Vitamin-B-Komplex

Zeigt ein Megacolon-Patient Symptome eines Nährstoffmangels oder setzt er durchgehend Mischkot ab, ohne ihn zu fressen, ist eine dauerhafte Substitution eines Vitamin-B-Komplexes erforderlich; denn insbesondere Vitamin B12 ist in pflanzlicher Nahrung nicht erhalten.

Kaninchen decken ihren Bedarf, indem sie ihren Blinddarmkot fressen, in dem sich Vitamin-12-haltige Bakterien befinden. Da einige Kaninchen mit einem Megacolon keinen Blinddarmkot produzieren und auch ihren Vitamin-B-haltigen Mischkot nicht fressen, können sie entsprechende Mangelerscheinungen entwickeln. 

Geeignete Vitamin-B-Präparate sind z. B.:


Salzleckstein

Auch ein Salzleckstein kann für einen Megacolon-Patienten ausnahmsweise sinnvoll sein, um einen Natriummangel zu vermeiden. Ein solcher lässt sich über eine Blutuntersuchung feststellen. Um zu verhindern, dass die Partnertiere sich ebenfalls (übermäßig) am Salzleckstein bedienen, kann dieser in einer chipgesteuerten Futterbox angeboten werden.


Laktulose

Kaninchen mit einem Megacolon, die dauerhaft oder in kurzen Abständen an Verstopfungen leiden, sollten dauerhaft Laktulose bekommen. Diese sollte anfangs mit 2-3x tgl. 0,5 ml pro kg Körpergewicht dosiert werden und kann bei Bedarf auf bis zu 2 ml pro kg gesteigert werden.

Diese Steigerung sollte nach Möglichkeit langsam erfolgen, um zu verhindern, dass das Kaninchen mit Durchfall reagieren.

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Prognose

Die Prognose bei einem Megacolon hängt von verschiedenen Faktoren ab:

  • Schweregrad der Erkrankung (Genetik)
  • Fütterung
  • Art der Dauermedikation
  • Therapie bei akuten Schüben
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Bis auf den ersten Punkt können Sie also einen großen Teil dazu beitragen, dass Ihr Kaninchen gut mit der Erkrankung zurecht kommt. Tendenziell gilt: Je konsequenter die Fütterung und Therapie umgesetzt werden, desto seltener und abgeschwächter treten Krankheitsschübe auf. Im besten Fall haben die Tiere eine normale Lebenserwartung, die allenfalls dadurch beeinträchtigt wird, dass sie insgesamt anfälliger für Magen-Darm-Erkrankungen sind.

Ist das Megacolon genetisch bedingt sehr stark ausgeprägt, kann die Lebenserwartung deutlich reduziert sein. Meist haben diese Kaninchen von klein auf eine Entwicklungsverzögerung, sind untergewichtig, krankheitsanfällig und zeigen besonders ausgeprägte Symptome. Vor allem, wenn das Megacolon in den ersten Lebenswochen nicht erkannt und / oder angemessen therapiert wird, stehen die Chancen für diese Tiere schlecht. 

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Prophylaxe

  • Keine Verpaarung von Punktschecken / europäischen Mantelschecken!
  • artgerechte Fütterung
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Keine kritische Verpaarung 

Um zu verhindern, dass ein Megacolon vererbt wird, sollten prädisponierte Rassen grundsätzlich nicht miteinander verpaart werden. Bei "Kinderzimmervermehrungen" und "liebevoller Hobbyzucht" ohne Sachverstand erfolgt leider oftmals das Gegenteil.

Werden Schecken mit andersfarbigen Tieren verpaart, besteht i. d. R. kein Risiko, dass erkrankte Jungtiere zur Welt kommen. 

Allerdings können die Jungtiere wiederum ein Scheckengen in sich tragen und dürfen ihrerseits nicht mit anderen Schecken verpaart werden, um zu verhindern, dass zwei Scheckengene "aufeinandertreffen".

Generell legen wir jedem Leser sehr ans Herz, Kaninchen nicht gezielt zu vermehren - weder durch Zucht noch "für nur einen Wurf". Kaninchen werden auf allen erdenklichen Portalen und in sämtlichen Tierheimen in Massen abgegeben - jedes gezielt in die Welt gesetzte Tier nimmt einem bereits existierenden die Chance auf einen Platz in guten Händen.


Artgerechte Fütterung

Artgerechte Fütterung kann einerseits Krankheitsschübe vermeiden bzw. abschwächen, andererseits die Entstehung eines erworbenen Megacolons verhindern

Da Letzteres v. a. durch schwere oder chronische Verstopfungen entsteht, hat die Ernährung hier einen entscheidenden Einfluss: Flüssigkeits- und faserreiche Nahrung bietet die besten Voraussetzungen, um Nahrungsanschoppungen zu vermeiden. 

Sollte es doch einmal zu einer Verstopfung kommen, ist eine zügige, effektive Therapie von großer Bedeutung, um bleibende Schäden zu vermeiden.


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