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Abschied nehmen:  Wann sollte ein Kaninchen erlöst werden?

Im Leben vieler Haustiere gibt es irgendwann einen Zeitpunkt, zu dem sie ihre Lebensfreude – meist aufgrund einer unheilbaren Erkrankung – verlieren und man ihnen nur noch helfen kann, indem man sie von ihrem Leid erlöst. Wer sein Tier gut kennt, merkt in der Regel alleine, wenn es keinen Lebenswillen mehr zeigt. Der Schritt zur Euthanasie ist immer eine sehr schwere Entscheidung, oftmals aber der einzige Weg, seinem geliebten Tier ein letztes Mal zu helfen.

Oftmals herrscht beim Tierbesitzer große Unsicherheit darüber, ob eine Euthanasie  tatsächlich die richtige Entscheidung ist. Viele Besitzer sind unsicher, ob ihr Tier tatsächlich so sehr leidet, wie es den Anschein erweckt, oder das Befinden des Kaninchens ist ein ständiges Auf und Ab. Gerade in letzterem Fall ist die Entscheidung “aus dem Bauch heraus” äußerst schwierig und es treten immer wieder Zweifel auf.

Grundsätzlich sollten Sie sich, wenn Sie von Ihrer Entscheidung nicht überzeugt sind, zumindest noch einmal darüber schlafen und Ihr Kaninchen in Ruhe beobachten. Oft hilft es auch, sich mit anderen Kaninchenbesitzern auszutauschen, die emotional weniger involviert sind.

Leider gibt es auch immer wieder Fälle, in denen Besitzer sich etwas vormachen und für besonders liebende "Kanincheneltern" halten, wenn sie ihr Tier mit allen Mitteln am Leben erhalten und so umfassend wie nur möglich pflegen. Dass das Kaninchen weiterhin frisst oder gegen die Erkrankung "ankämpft", wird als Beweis dafür angesehen, dass es "noch nicht sterben will". Oft werden solche Fälle sogar stolz im Internet präsentiert.

Dabei handelt das Kaninchen rein instinktiv: Es versucht, Schmerzen und Leiden bestmöglich zu überspielen. Natürlich tritt es nicht freiwillig in den Hungerstreik, solange sein Hungerzentrum nicht beeinträchtigt ist. Kein Tier fügt sich freiwillig selber (zusätzliches) Leid zu! Die Annahme, ein Haustier würde uns gezielt "zeigen", wenn es "nicht mehr möchte", ist reine Vermenschlichung: Keinem Tier ist bewusst, dass der Tod, den es instinktiv mit dem größtmöglichen Schaden assoziiert, mitunter eine "Erlösung" sein kann. Wer sich Derartiges einredet, verschließt die Augen vor der Realität.

Die folgende Übersicht gibt generelle Anhaltspunkte darüber, wann ein Kaninchen zu erlösen ist und in welchen Fällen es trotz gewisser Einschränkungen durchaus noch eine gute Lebensqualität hat.

Eine Euthanasie ist im Sinne des Kaninchens unerlässlich, wenn es...

  • ...an einem Beinpaar oder gar vollständig irreparabel gelähmt ist. Tun Sie Ihrem Kaninchen kein Leben im "Rollstuhl" an. Das Tier ist hierbei rund um die Uhr auf die Willkür seines Besitzers angewiesen: Entweder wird es auf den Rollstuhl geschnallt und kann sich somit weder hinsetzen noch -legen oder putzen, oder es wird abgeschnallt und kann sich nur noch kriechend fortbewegen. Ein Kaninchen möchte rennen, Haken schlagen, buddeln, Aussichtspunkte erklimmen, Männchen machen, durch Lücken und Eingänge schlüpfen, intensive Körperpflege betreiben, bei einem Schrecken die Flucht ergreifen und selbstständig entscheiden, ob es sich bewegen oder ruhen möchte. Ein Tier mit gelähmten Hinterläufen kann nichts davon tun. Es kann nahezu keine natürlichen Verhaltensweisen mehr ausleben. Zudem kann es keinen Kot und Urin mehr absetzen, ohne dabei seinen Hinterleib zu verschmutzen. Auch "Windeln" sind keine tierschutzgerechte Lösung, da sie langfristig schwere Hautreizungen zur Folge haben. Mehr Info

  • ...permanent unter Schmerzen leidet, deren Ursache nicht behandelbar ist, und auch unter intensiver Medikation unmissverständliche Anzeichen des Leidens (Zurückgezogenheit, unzureichende Futteraufnahme, Schmerzmimik, Zähneknirschen, gekrümmte Körperhaltung) äußert.

  • ...auf ständige Zwangsfütterung angewiesen ist, da es nicht mehr oder kaum noch fressen möchte oder, z.B. aufgrund einer massiv ausgeprägten Kopfschiefhaltung, nicht mehr zu selbstständiger Futteraufnahme in der Lage ist.

  • ...aufgrund schwerwiegender organischer Erkrankungen auch bei einer enorm kalorienreichen Fütterung immer weiter an Gewicht verliert, da es die Nahrung nicht mehr verwerten kann, und dadurch allmählich verhungert.

  • ...ständig an Atemproblemen leidet, z.B. durch starken chronischen Schnupfen, oder bei der kleinsten Anstrengung bereits in Atemnot gerät.

  • ...ihm ein qualvoller Tod unmittelbar bevorsteht.

  • ...sich aufgrund von alters- oder krankheitsbedingter Schwäche kaum mehr auf den Beinen halten kann.


KEIN Grund für eine Euthanasie liegt vor, wenn das Kaninchen lediglich...

  • ...alters- oder krankheitsbedingt deutlich ruhiger und weniger belastbar geworden ist, viel schläft und nicht mehr wie ein Jungtier umhertollt: Hier liegt kein unerfülltes Bewegungsbedürfnis vor, sondern der Bewegungsdrang hat ganz einfach nachgelassen, womit die Lebensqualität des Kaninchens nicht beeinträchtigt ist.

  • ...eine Diagnose gestellt wird, die zwar zum Tode führen wird, das Kaninchen bis dahin aber noch gut palliativ behandelt werden kann (z.B. bei Thymom, chronischer Niereninsuffizienz, bisher symptomlose Lungenmetastasen, ...). Diese Zeit sollte man ihm nicht nehmen.

  • ...infolge einer Amputation o.ä. zwar einige bestimmte Bewegungen (z.B. Putzen, Kratzen) nicht mehr durchführen kann wie ein gesundes Tier , aber problemlos hoppeln und ein "selbstständiges" Leben führen kann.

  • ...keine Zähne mehr hat und nur noch Brei fressen kann. Sofern ihnen ein geeigneter Päppelbrei angeboten wird, kommen die Kaninchen hervorragend mit dieser Art der Fütterung zurecht! Abgesehen davon, dass sie ihr Spezialfutter benötigen, können sie ein nahezu uneingeschränktes Leben führen. Ein Kaninchen leidet nicht darunter, dass es nicht mehr kauen kann, solange es von seinem Brei satt wird, ausreichend Rohfaser und alle notwendigen Nährstoffe bekommt. Mehr Info

  • ...blind oder taub ist; Kaninchen besitzen einen viel intensiver ausgeprägten Geruchs- und Tastsinn als der Mensch, während der Sehsinn eine geringere Rolle spielt als bei uns: Immerhin müssen sie sich in freier Wildbahn auch in ihren stockfinsteren, verzweigten Tunnelsystemen orientieren können. Insbesondere, wenn die Blindheit langsam eintritt, stellen die Kaninchen sich so gut darauf ein, dass einige Besitzer nicht einmal etwas bemerken. Der Hörsinn ist v.a. für ein Wildkaninchen von Bedeutung, um Gefahren zu bemerken; für ein Hauskaninchen besteht diese Notwendigkeit kaum, und die Kommunikation mit Artgenossen verläuft bei Kaninchen nahezu geräuschlos. Lediglich sollte man sich tauben Kaninchen nicht von hinten nähern, um sie nicht zu erschrecken.

  • ...durch einen E.cuniculi-Ausbruch eine Kopfschiefhaltung oder leichte Gleichgewichtsprobleme zurückbehält. Dies sieht für den Besitzer oft schlimm aus, die Tiere kommen aber hervorragend damit zurecht. Oft bessern sich die Symptome mitunter auch nach Monaten noch.

  • ...täglich Medikamente bekommen und / oder mehrmals monatlich beim Tierarzt vorgestellt werden muss: Dies ist zwar mit einem gewissen Ausmaß an Stress verbunden; die glückliche, stressfreie Zeit daheim überwiegt aber bei weitem.

  • ...an einer Krankheit oder Verletzung leidet, deren Heilungsprozess sich über mehrere Wochen hinziehen kann, im Anschluss aber mit hoher Wahrscheinlichkeit noch über viele Jahre ein erfülltes Leben ermöglicht: Die anfänglich schweren Zeiten sind durch all die nachfolgenden Jahre, während derer das Tier sein Leben genießen kann, zweifellos zu rechtfertigen.

  • ...es dem Kaninchen laut Tierarzt “sehr schlecht geht”, er jedoch keine genaue Diagnose stellen kann. In diesem Fall stellt die Euthanasie mitunter nur ein Überspielen seiner Wissenslücke dar - holen Sie unbedingt eine zweite Meinung bei einem kaninchenkundigen Tierarzt ein! Ein Tier, dem mitunter noch geholfen werden kann, verdient eine Chance - nicht den Tod! Der Tod ist keine "Erlösung", solange es noch eine Alternative gibt!


Nach dem Abschied

Der Schmerz, den der Tod eines geliebten Tieres hinterlässt, lässt eher nach, wenn man sich vor Augen führt, ihm bis zum Schluss ein schönes Leben ermöglicht und auch die letzte Entscheidung im Sinne des Tieres getroffen zu haben.

Vielen Menschen hilft es, das Tier im eigenen Garten zu beerdigen. Besitzen Sie diese Möglichkeit nicht, können Sie sich nach einem Tierfriedhof in Ihrer Stadt erkundigen. Eine weitere Alternative stellt die Einäscherung in einem Tierkrematorium dar. Auch hierüber wird Ihr Tierarzt Sie gerne beraten.

Weiterhin möglich ist es, das verstorbene Tier über den Tierarzt in die “Tierkörperbeseitigung” geben zu lassen.

Machen Sie sich am besten bereits im Voraus darüber Gedanken, ob Sie bei Ihrem Tier bleiben möchten, während es für immer einschläft, Die meisten Besitzer entscheiden sich dafür, den letzten Schritt mit ihrem Tier gemeinsam zu gehen. Andere befürchten, es in diesem Fall nicht mehr lebendig in Erinnerung zu behalten. Diese Sorge ist jedoch in der Regel unbegründet: Hat der erste und größte Schmerz nachgelassen, überwiegen die schönen Erinnerungen.