Abgesehen davon, dass nicht alle Kaninchen gleichermaßen viel Wert auf "Sauberkeit" im menschlichen Sinne legen, kommen hierfür mehrere Gründe in Betracht:
Die ideale Toilette für Kaninchen
Damit die Toiletten von den Kaninchen gut angenommen werden, müssen sie ihnen auch gefallen. Folgendes sollte beachtet werden, damit die Chancen auf eine gute Reinlichkeit optimal stehen:
Kombinierter Futter- und Toilettenplatz: Insbesondere Kot wird von Kaninchen gerne dort abgesetzt, wo sie auch fressen, da der Kotabsatz aufgrund ihrer Verdauungsanatomie ("Stopfdarm") schon rein mechanisch durch die Futteraufnahme gefördert wird.
Der Ort, an dem Kot abgesetzt wird, wird dann in der Regel auch zum Urinieren genutzt. Natürlich ist es aus hygienischen Gründen abzulehnen, das Futter in die Toilette zu legen, zumal es dort auch schnell verunreinigt und somit ungenießbar wird.
Um dies zu vermeiden, eignen sich zum Anbieten von Grünfutter und Heu vor allem Metall- oder Holzraufen, die über einer Toilettenschale angebracht werden (z. B. indem sie am Gehegegitter oder an einen Holzunterstand angeschraubt werden).
Schutz und Geborgenheit: Kaninchen erleichtern sich vorzugsweise an Orten, an denen sie sich geborgen fühlen, z. B. in Höhlen, unter Dächern sowie in Ecken. Eine mitten im Raum stehende Toilettenschale ist daher nicht sinnvoll.
Stellen Sie die Toiletten vorzugsweise in Ecken auf und überdachen Sie sie. Gut geeignet sind Holzunterstände, die an 1-2 Seiten geschlossen sind. Auf die Weise fühlen sich die Kaninchen sicher und haben gleichzeitig ihre Umgebung im Blick. Außerdem können Futterraufen an Holzwänden sehr einfach festgeschraubt werden.
Größe: Die Toilettenschalen sollten groß genug sein, damit mindestens zwei Kaninchen zusammen darin sitzen und bestenfalls auch liegen können. Kaninchen fressen und ruhen sehr gerne zusammen, zu kleine Toiletten werden daher eher gemieden.
Anzahl: Je mehr Platz den Kaninchen zur Verfügung steht und je größer die Gruppe ist, desto mehr Toiletten sollten angeboten werden. Pro Tier und Zimmer sollte es mindestens eine Toilette geben, bei einer unruhigen Rangordnung sind eventuell noch mehr nötig, um zu vermeiden, dass ranghöhere Tiere die Toiletten "blockieren".
Auf Unterstände oder ausreichend hohe Füße gestellte Möbel sind sehr praktisch, um den Kaninchen darunter "Höhlen" anzubieten, in denen auch wunderbar die Toiletten "versteckt" werden können.
Einstreu: Eine weiche und / oder "buddelfähige" Einstreu wird in der Regel gut angenommen. Sehr praktisch sind Holzpellets, mit denen - sofern sie mindestens alle 3-4 Tage ausgetauscht werden - keine unangenehmen (und die Atemwege belastenden) Gerüche entstehen. Auch werden sie normalerweise nicht "herausgebuddelt" und fliegen nicht, wie z. B. Sägespäne, im ganzen Raum herum, wenn die Kaninchen aus der Kiste springen.
Nachteil: Für Kaninchen, die Probleme mit Pododermatitis (Sohlenballengeschwüren) haben, sind Holzpellets als Untergrund zu hart. Auch Kaninchen, die ihre Toilette nicht nur für das Geschäft und zum Fressen aufsuchen, sondern über längere Zeit darin sitzen, können langfristig eine Pododermatitis entwickeln. In beiden Fällen ist eine Überstreu notwendig, zum Beispiel Stroh. Dieses riecht allerdings schneller als Holzpellets.
Hygiene
Schmutzige Toiletten: Hygienemangel von Seiten des Halters kann dazu führen, dass die Kaninchen den stark verschmutzten Ort nicht mehr aufsuchen und einen neuen "Toilettenplatz" wählen. Haben die Tiere sich erst einmal angewöhnt, viele verschiedene Ecken aufzusuchen, lässt sich dieses Verhalten nur schwer wieder abgewöhnen, da einmal gewählte Orte instinktiv immer wieder genutzt werden.
Abhilfe schaffen können nur eine dauerhaft verbesserte Hygiene, besonders attraktive Toilettenangebote und eine konsequente, zügige Entfernung von Hinterlassenschaften an unerwünschten Orten, gegebenenfalls auch die vorübergehende Absperrung unerwünschter Toilettenplätze.
Zum Entfernen von Urinpfützen eignet sich z.B. Essigreiniger, da er geruchsneutralisierend wirkt. Werden Gerüche nicht entfernt, erkennen die Kaninchen ihre selbst auserwählte Toilette wieder und nutzen sie ziemlich sicher erneut.
Verschmutzungen außerhalb der Toiletten: Unter "Hygienemangel" fällt allerdings nicht nur eine zu selten gereinigte Toilette. Insbesondere, wenn die Kaninchen neu einziehen, ein neuer Partner dazu kommt oder es Spannungen in der Gruppe gibt, wird gerne einmal abseits von der Toilette geköttelt.
Auch, wenn Kaninchen sehr temperamentvoll sind und mit Schwung aus der Toilette springen, landen schnell mal einige Köttel daneben. Werden diese nicht zügig (mehrmals täglich) beseitigt, gewöhnen die Kaninchen sich oftmals daran, dass die Köttel quasi in den ganzen Raum gehören. Dasselbe gilt für Urinpfützen.
Dominanz unter Kaninchen
Dominante Kaninchen, die ihren Alpha-Status untermalen möchten, markieren Revier und Gegenstände besonders intensiv als ihr "Eigentum". Leben mehrere dominante Kaninchen zusammen, die miteinander konkurrieren, markieren sie gerne einmal "um die Wette". Ist die Rangordnung hingegen klar festgelegt, sinkt die Motivation, zu markieren.
Daher ist die Unsauberkeit meist umso stärker ausgeprägt, je weniger harmonisch die Kaninchen zusammenleben. Tendenziell sind größere Gruppen besonders problematisch, da die Stabilität der Rangordnung mit steigender Gruppengröße sinkt - während ein Pärchen sich in der Regel als unkompliziert erweist.
Ein Gegenstand, der nach einem fremden Kaninchen riecht, kann ebenfalls Markierverhalten auslösen. Dazu zählen z. B. Möbelstücke, Transportboxen, Toilettenschalen, Spielzeuge, Decken, Teppiche oder Kleidung.
Sexualhormone
Für zeugungs- bzw. gebärfähige Kaninchen bedeutet jeder Artgenosse gleichen Geschlechts eine potentielle Konkurrenz. Mit Einsetzen der Sexualhormonbildung, also der Geschlechtsreife, fallen die Reaktionen auf bislang fremde Kaninchen daher besonders heftig aus.
Zur Ressourcenverteidigung werden Eindringlinge nicht nur attackiert, sondern sollen bereits im Voraus "gewarnt" werden, indem das eigene Revier u.a. mit Kot und Urin markiert wird. Auch gegenüber Gruppenmitgliedern, die als Konkurrenz erachtet werden, soll auf diese Weise die eigene Stellung verdeutlicht werden.
Bei Rammlern ist die Kastration zwingend notwendig, um ihnen erstens eine Einzelhaltung zu ersparen (unkastrierte Rammler bekämpfen andere Rammler, zeugen Nachwuchs mit unkastrierten Häsinnen und "bedrängen" kastrierte Häsinnen) und zweitens das meist stark ausgeprägte Markierverhalten zu unterbinden.
Untergrund
Teppiche und Decken sind, ebenso wie eine eingestreute Toilette, angenehm weich und saugfähig. Einige Kaninchen betrachten sie daher als Toilette. Grundsätzlich gilt: Je weicher der Untergrund, desto größer die "Verwechslungsgefahr". Raue Teppiche, Fußabtreter etc. sind beispielsweise weniger "gefährdet" als eine kuschelige, zerwühlbare Decke, ein Bett oder das Sofa.
Sollten Sie über Teppichboden verfügen, ist es auch hier ratsam, gezielt Kaninchen aufzunehmen, die zuvor bereits ohne Probleme auf Teppichboden gehalten wurden. Das gleiche gilt für Betten und Sofas: Sollen oder können die entsprechenden Bereiche nicht abgesperrt werden, schauen Sie sich unbedingt nach Kaninchen um, die bereits mit besagten Möbelstücken vertraut sind und sie nicht als Toilette "missverstehen".
Den Kaninchen das Lösen auf weichem Untergrund abzugewöhnen, ist eine Herausforderung. Sie können versuchen, den Boden Schritt für Schritt "weicher" zu gestalten, um die Kaninchen allmählich daran zu gewöhnen. Verwenden Sie dafür unbedingt Teppiche und Decken, die sich waschen lassen - denn wenn etwas "danebengeht", müssen die Gerüche gründlich herausgewaschen werden, damit die Kaninchen sich nicht erneut darauf erleichtern.
Stress
Kaninchen, die Stress stehen, zeigen oft ein verstärktes Markierverhalten, da ihr Eigengeruch sie beruhigt. Mögliche Stressfaktoren sind z. B. Spannungen in der Gruppe, das Wittern von fremden Artgenossen, Angst vor Menschen, Angst vor anderen Haustieren, fehlende Rückzugs- oder Ausweichmöglichkeiten, Platzmangel, Angst einflößende Geräusche oder Einzelhaltung.
Stressreduktion ist in diesem Fall der Schlüssel zum Erfolg. Ist die Ursache gefunden, ist die Lösungsmöglichkeit meist selbsterklärend:
- Platzmangel (weniger als 6 qm für ein Pärchen Tag und Nacht): erweitertes Platzangebot
- Spannungen in der Gruppe: zusätzliche Rückzugsmöglichkeiten (zweite Ebenen, Höhlen mit mindestens zwei Eingängen, seitlich offene Unterstände usw.), mehrere Futterplätze, Kastration, erweitertes Platzangebot usw.; bei Mobbing Splitten der Gruppe
- Wittern von fremden Artgenossen: Sichtkontakt zu gruppenfremden Kaninchen vermeiden; Geruchskontakt durch geschlossene Abtrennung verhindern
- Angst vor Menschen: Vertrauen aufbauen, mehr Versteck- und Rückzugsmöglichkeiten (Höhlen, Tunnel, Häuschen, Sichtschutzwände usw.), kein "Zwangskuscheln" / unnötiges Festhalten
- Angst vor anderen Haustieren: Gewöhnungstraining oder Vermeiden von Sicht- und Geruchskontakt; bellende Hunde möglichst fernhalten
- Fehlende Rückzugs- oder Ausweichmöglichkeiten: Optimierung der Einrichtung
- Angsteinflößende Geräusche: Geräusche, soweit möglich, vermeiden; alternativ durch entspannte Musik, Fernseher, Radio o. ä. bestmöglich übertönen
- Einzelhaltung: Vergesellschaftung mit einem Partnertier - die Einzelhaltung von Kaninchen ist ausnahmslos tierschutzwidrig und daher abzulehnen.
Als unterstützende Maßnahme zur Stressreduktion können auch kaninchenspezifische
Wohlfühl-Pheromone (
Beaphar RabbitComfort®) zum Einsatz kommen. Die Wirkung variiert je nach Kaninchen stark. Bei einigen ist der beruhigende Effekt sehr ausgeprägt.
Schmerzen, Erkrankung
Kaninchen mit chronischen Schmerzen bleiben häufig unsauber. Chronische Schmerzen kommen vor allem bei Zahnerkrankungen, Ohrenentzündungen (Widder!) und Arthrose vor. Wirbelsäulenarthrosen können außerdem die Nervenfunktion beeinträchtigen und dadurch eine Inkontinenz verursachen.
Weitere Krankheiten, die chronisch sein können und oftmals mit Unsauberkeit einhergehen, sind Blasengrieß, Blasensteine, Blasenentzündung, chronische Niereninsuffizienz und Enzephalitozoonose (E. cuniculi, EC).