Skip to main content
Die Website für zeitgemäße Kaninchenhaltung

Zahnerkrankungen beim Kaninchen

Moderasse und Qualzucht: Satin-Kaninchen entwickeln schwerste Zahnkrankungen - viele bereits mit wenigen Monaten. 

Abschnitte auf dieser Seite:

Die Zähne des Kaninchens wachsen ein Leben lang. Bei einer artgerechten, rohfaserreichen Ernährung – d.h. rund um die Uhr frische Gräser, Kräuter, Blätter und Zweige, außerdem Heu - erfolgt ein ausgiebiger, mahlender Kauvorgang, durch den sich die Zähne des Oberkiefers und die des Unterkiefers gegenseitig abschleifen.

Dieses Gleichgewicht wird durch erblich, traumatisch oder ernährungsbedingte Fehlstellungen gestört. In der Folge kann es zu diversen Gebisserkrankungen kommen, die u.a. zu Verletzungen der Maulschleimhaut, Kieferabszessen und einer Zerstörung des Augapfels führen können. Oft werden sie erst im späten Stadium erkannt und dem Kaninchen kann nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr geholfen werden. Daher sollte jeder Kaninchenbesitzer wissen, wie er Zahnprobleme bestmöglich vermeiden und gegebenenfalls frühzeitig erkennen kann.


Ursachen für Zahnerkrankungen

Zahnerkrankungen können auf verschiedene Ursachen zurückzuführen sein:

  • Genetik
  • ungeeignete Futtermittel im Wachstum
  • Mangelerscheinungen
  • ungeeignete Futtermittel im Erwachsenenalter
  • Traumata
  • einseitiges Kauen z. B. durch Ohrenschmerzen (Widder!) oder Kopfschiefhaltung
Mehr…

Angeborene Zahnfehlstellungen
  • Veranlagung

Die dramatischste Veranlagung zu Zahnerkrankungen haben Kaninchen mit Satin-Faktor. Für ihr seidig schimmerndes Fell zahlen die Tiere einen hohen Preis: Fast alle Satinkaninchen entwickeln bereits im jungen Alter (oft noch unter einem Jahr!) schwerste Zahnwurzelerkrankungen mit ausgeprägten Abszessen. Meist müssen früher oder später alle Zähne gezogen oder die Tiere sogar eingeschläfert werden. Ein Zuchtverbot wäre dringend erforderlich.

Auch Widderkaninchen sind überdurchschnittlich häufig von Zahnerkrankungen betroffen. Diese können entweder primär entstehen oder die Folge einer rassetypischen Mittelohrentzündung sein. Insbesondere ihre hochgradige Neigung zu Ohrenentzündungen macht auch Widder zu einer Qualzucht, deren weitere Vermehrung eingestellt werden sollte. 

Weiterhin sind bei sehr kurzköpfigen (brachycephalen) Zwergkaninchen häufig angeborene Zahnfehlstellungen festzustellen. Dies liegt daran, dass die Backenzähne in der Maulhöhle nicht ausreichend Platz finden. Beschwerden können sich entweder bereits im jungen oder erst mit zunehmendem Alter äußern. 

Der verkürzte Oberkiefer vieler Zwergkaninchen führt dazu, dass die oberen Schneidezähne hinter den unteren stehen. Durch die ausbleibende Berührung wachsen die Zahnpaare aneinander vorbei, anstatt sich gegenseitig abzuschleifen. Diese Fehlentwicklung ist bereits bei Jungtieren sichtbar.

Fehlstellungen der Backenzähne führen oft erst nach längerer Zeit zu Beschwerden. Die Zähne sind dabei nicht optimal gegeneinander ausgerichtet, wobei das Ausmaß erheblich variiert. Dadurch schleifen sich die Zähne des Oberkiefers beim Kauvorgang nicht mehr optimal an denen des Unterkiefers ab. Mit der Zeit entstehen dadurch z.B. Zahnspitzen, ein Stufengebiss, eine abfallende Kaufläche oder insgesamt zu lange Zahnkronen.

Angeborene Zahnfehlstellungen bedürfen einer regelmäßigen tierärztlichen Korrektur; allerdings kann eine artgerechte Fütterung die Intervalle, in welchen dies notwendig ist, maßgeblich verlängern.


Ungeeignete Futtermittel im Wachstum

In den ersten Lebenswochen sind Kaninchen besonders empfindlich gegenüber fehlerhaften Druckbelastungen ihrer Zähne. Ein seriöser Züchter füttert seine Kaninchen naturnah, d.h. mit reichlich Grünfutter, weichem Heu und ohne Trockenfutter. 

Die Jungtiere sollten gleich, wenn sie das Nest verlassen, am Grünfutter ihrer Mutter mitfressen können - wie in der Natur. Auf die Weise entwickeln sie ein gesundes Gebiss, eine robuste Darmflora und ein starkes Immunsystem.

Leider sieht die Realität anders aus: Aus Unwissenheit, Bequemlichkeit oder Kostengründen füttern Züchter und sonstige Vermehrer ihre Kaninchen oft ausschließlich oder überwiegend mit Heu und Trockenfutter. Hartes, verholztes Heu, Körner, Gemüsechips, Saaten usw. führen dazu, dass das Gebiss der Jungtiere von kleinauf fehlbelastet wird: Sie zerquetschen ihre viel zu harte Nahrung mit den Backenzähnen, anstatt sie zu zermahlen.

Eine im Jungtieralter erworbene Zahnfehlstellung bleibt meist ein Leben lang bestehen. Ist sie nur geringfügig ausgeprägt, entwickeln die Kaninchen oft erst im Erwachsenenalter Symptome. Ein gesundes Gebiss im jungen Alter ist daher keine Garantie dafür, dass es später - auch bei optimaler Fütterung - nicht zu Problemen kommen kann.

Zahnfehlstellungen durch Mangelerscheinungen
  • kalziumarme Fütterung
  • oxalsäurereiche Fütterung
  • phosphorreiche Fütterung
  • kein direktes Sonnenlicht

Eine mangelhafte Kalziumzufuhr führt bei Jungtieren sehr schnell zu Fehlentwicklungen des Skeletts und Gebisses; bei ausgewachsenen Tieren langfristig zu einer schlechten Struktur und Instabilität von Zähnen und Knochen. 

Eine gezielt "kalziumarme Ernährung", bei der diverse Grünfuttersorten vermieden werden (in der Annahme, sie würden Blasengrieß verursachen), ist daher nicht empfehlenswert! Absolut zu vermeiden ist sie bei trächtigen und säugenden Häsinnen sowie bei Jungtieren im Wachstum.

Ein weiterer Risikofaktor ist ein ungeeignetes Kalzium-Phosphor-Verhältnis von weniger als 1,5:1. Bei einer abwechslungsreichen Ernährung ist ein solches nicht zu erwarten. Kritisch ist hingegen eine extrem einseitige Fütterung mit stark phosphorhaltigen und gleichzeitig kalziumarmen Futtermitteln.

Eine übermäßige Zufuhr von Oxalsäure behindert die Kalzium- und Phosphorresorption aus dem Darm. Auch hierdurch ist langfristig ein Mangel möglich.

Infolge des Kalziummangels werden die Zähne nicht nur anfällig gegenüber mechanischen Einflüssen, sondern beginnen sich auch zu lockern, da ihre Verankerung im Kieferknochen nicht mehr gewährleistet ist. Im schlimmsten Fall kommt es dadurch zum Ausfall der Zähne; weniger schwere Folgen sind leichte Positionsveränderungen - z.B. durch Verdrehen oder Kippen - die jedoch bereits ausreichen, um keinen optimalen Abrieb mehr zu ermöglichen und regelmäßige tierärztliche Korrekturen notwendig zu machen.

Ein Vitamin-D-Mangel verhindert den Einbau von Kalzium in Knochen und Zähne und führt dadurch zu Osteoporose und einer beeinträchtigten Nachbildung von Zahnsubstanz. Gefährdet sind reine Wohnungskaninchen, da im Körper befindliches Vitamin D nur durch direkte Sonneneinstrahlung in seine hormonell aktive Form umgewandelt wird. Die Fütterung von sonnengetrocknetem Heu sowie das Anbieten einer UVB-Lampe sind gute Prophylaxemaßnahmen.

Kaninchen, die nur während der Wintermonate in Innenhaltung leben, sind hingegen nicht gefährdet, da der Körper das Vitamin über mehrere Monate speichern kann.

Zahnfehlstellungen, die durch Mangelerscheinungen verursacht wurden, sind meistens nicht reversibel, da verschobene / verkippte Zähne sich nicht mehr "korrigieren". Ein regelmäßiges Einschleifen durch einen spezialisierten Tierarzt ist dann unerlässlich.


Ungeeignete Futtermittel im Erwachsenenalter
  • zu gehaltvolle Fütterung
  • Rohfasermangel
  • harte Futterbrocken

Die Fütterung ungeeigneter Nahrungsmittel führt zum mangelhaften Zahnabrieb und dadurch zu übermäßigem Wachstum. Ursächlich können größere Mengen stark sättigender Futtermittel (Saaten, Nüsse, Erbsen- / Getreideflocken, ...) sein; sie sollten nur häppchenweise als Leckerli aus der Hand gereicht werden. 

Auch einige gänzlich ungeeignete Futtersorten wie z.B. Brot, Weizen, Knabberstangen usw. sind stark zahnbelastend. Dies hat zwei Gründe: Erstens werden die genannten Futtermittel nicht physiologisch zermahlen, sondern zwischen den Backenzähnen zerquetscht; wodurch anstelle eines Zahnabriebs eine Druckbelastung der Zahnwurzeln erfolgt. Zweitens nimmt das Kaninchen infolge der starken Sättigung zu wenig rohfaserhaltige Futtermittel auf.

Auch weniger nahrhafte Futtersorten, die kaum oder keine strukturierte Rohfaser erhalten, sind in größeren Mengen problematisch: Da sie zügig zerkaut werden, bleibt ein intensiver Zahnabrieb aus. Zu diesen Futtermitteln gehören v.a. Obst und wässriges Gemüse (Tomate, süße Salate, Gurke, ...); aber auch festes Wurzelgemüse (Karotten, Sellerie, Brokkoli, ...) erhält im Verhältnis zu seinem Kaloriengehalt nur wenig Rohfaser. Auch dadurch ist das Kaninchen sozusagen satt, bevor es ausreichend gekaut hat.

Zahnfehlstellungen, die rein auf einem fehlerhaften / unzureichenden Kauvorgang beruhen, können durch Einschleifen und eine anschließende Fütterungsoptimierung dauerhaft behoben werden (sofern noch keine Folgeschäden wie retrogrades Zahnwachstum oder Zahnwurzelabszesse entstanden sind.)

Harte Futterbrocken werden nicht zerrieben, sondern unter großem Kraftaufwand zwischen den Backenzähnen zerquetscht. Anstelle eines Zahnabschliffs erfolgt ein Druck auf die Zahnwurzeln und den umliegenden Kieferknochen. Die Zähne werden dadurch "in den Knochen gestempelt"; es entsteht ein sogenanntes retrogrades Zahnwachstum, bei welchem die Zähne immer weiter in den Knochen gedrückt werden und ihn schließlich durchbrechen. Es kommt zu schmerzhaften Entzündungsprozessen und zur Entstehung von Abszessen.

Eine regelmäßige Druckbelastung der Kieferknochen (z. B. durch harte Futtermitteln oder überlange Zahnkronen) führt zu irreversiblem retrogradem Zahnwachstum. Dadurch entstehende Abszesse können nur operativ behandelt werden. 


Traumata

Traumata können zu Verletzungen der Zähne und des Kiefers führen. Dazu gehören Stürze, Schläge, Tritte, Zusammenstöße, aber auch das Beißen auf harte Futtermittel, die Anwendung eines Maulspreizers am wachen Kaninchen sowie das (verbotene!) Abknipsen von Zähnen mit einer Zange.

Das tierschutzwidrige Knipsen von Zähnen sowie das Beißen auf harte Futterbrocken führt vor allem zum Splittern einzelner Backenzähne (Zahnfrakturen). Häufige "Übeltäter" unter den Futtermitteln sind Erbsenflocken, Körner, Obst- und Gemüsechips.

Traumata durch äußere Einflüsse hingegen führen meist zum Abbrechen der Schneidezähne sowie zu Kieferknochenfrakturen (Brüchen) und Kiefergelenksluxationen (Ausrenkungen).

Wird das Maul eines wachens Kaninchens mit einem Maulspreizer aufgehebelt, drohen diverse Verletzungen. Die verängstigten Tiere wehren sich meist massiv und versuchen panisch, das Maul zu schließen. Mögliche Folgen sind Schleimhautverletzungen, das Abbrechen der Schneidezähne, eine Entzündung der Schneidezahnwurzeln, die Ausrenkung der Kiefergelenke und im schlimmsten Fall tödliche Wirbelsäulenfrakturen. 

Auch, wenn der Maulspreizer gepolstert oder hinter den Schneidezähnen positioniert wird, bleibt die Prozedur gefährlich und tierschutzwidrig!

Nicht zu verwechseln ist der Maulspreizer mit dem Wangenspreizer. Bei letzterem handelt es sich um ein flexibles Instrument, das nicht senkrecht, sondern quer im Mäulchen positioniert wird. Es drückt dadurch lediglich die Wangen sanft zur Seite. Der Maulspreizer hingegen drückt gewaltsam die Kiefer auseinander.

Abgebrochene oder gesplitterte Zähne können sich bakteriell entzünden und schwere Komplikationen nach sich ziehen. Verletzungen des Kieferknochens oder der Kiefergelenke können zu dauerhaften Zahnfehlstellungen führen.


Einseitiges Kauen durch eine Primärerkrankung

Nicht nur Beschwerden in der Maulhöhle, sondern auch anderweitige Grunderkrankungen können zu einseitigem / ungleichmäßigem Kauen und somit zu Zahnfehlstellungen führen.

Insbesondere bei Widderkaninchen sind unerkannte chronische Mittelohrentzündungen eine häufige Ursache für einseitiges Kauen. Die betroffene Körperseite wird geschont, da der Ohrenschmerz bis in den Kieferbereich zieht. Um die Diagnose zu stellen, ist eine Röntgenaufnahme oder Computertomographie (CT) des Schädels erforderlich: Mit einem Blick ins Außenohr lässt sich nur der Bereich bis zum Trommelfell darstellen, nicht jedoch das Mittelohr!

Eine chronische Kopfschiefhaltung führt ebenfalls dazu, dass gemäß der Schwerkraft überwiegend auf der "unten" befindlichen Kieferseite gekaut wird. Auch Kopfschiefhaltungen sind eine typische Folge von Ohrenentzündungen, aber auch der Enzephalitozoonose (EC). Bei betroffenen Kaninchen sind daher regelmäßige Physiotherapie und Zahnkontrollen erforderlich.

Weniger…


Krankheitsbilder bei Zahnerkrankungen

Im Folgenden erhalten Sie eine Übersicht über die vielfältigen Krankheitsbilder im Bereich der Kaninchenzähne, die Möglichkeiten, sie zu diagnostizieren, und die möglichen Auslöser.

  • schlechte Zahnsubstanz
  • Überwuchs der Zahnkronen
  • Stufengebiss (Treppengebiss)
  • asymmetrischer Backenzahnabrieb
  • abfallende Kaufläche
  • Bildung von Zahnspitzen
  • retrogrades Zahnwachstum, Zahnwurzelabszesse
  • Augen- und Nasenausfluss (oft einseitig)
  • einseitiger Exophthalmus (hervorstehender Augapfel)
  • ungleichmäßig abgeriebene Schneidezähne
  • Schneidezahnfehlstellung
Mehr…


Schlechte Zahnsubstanz

Ursache:

  • Zahnwurzelentzündung
  • Nährstoffmangel

Chronische Zahnwurzelentzündungen führen mit der Zeit dazu, dass keine gesunde Zahnsubstanz mehr nachgebildet wird und die Zahnkronen sich optisch von denen gesunder Zähne unterscheiden. 

Eine krankhaft veränderte Zahnsubstanz lässt sich sehr gut auf Röntgenbildern darstellen, aber auch mit bloßem Auge erkennen: Gesunde Zahnkronen besitzen physiologische Längsrillen. Sind diese nicht mehr erkennbar, ist die Zahnwurzel krank.

Falls Sie beim wöchentlichen Gesundheitscheck Ihres Kaninchens feststellen, dass die Längsrinnen eines Schneidezahns nur noch undeutlich ausgeprägt oder stattdessen Querrillen sichtbar sind, sollten Sie zügig einen Termin zum Schädelröntgen vereinbaren. 

Eine veränderte Backenzahnsubstanz kann der Tierarzt nur erkennen, wenn er mit einem Otoskop ins Mäulchen schaut oder das Kaninchen sediert und das Mäulchen anschließend mit einem Maulspreizer öffnet.

Zahnwurzeln können sich durch Druckbelastung beim Fressen (Zerbeißen harter Futterbrocken!, verlängerte Zahnkronen) oder eine mechanische Schädigung des Zahnes entzünden. Eine mechanische Schädigung kann die Folge eines physischen Traumas sein, z.B. eines Sturzes oder des Anstoßens an einem Gegenstand, oder wiederum durch das Zerbeißen harter Futterbrocken entstehen (Splittern des Zahns!). 

Auch die Anwendung eines Maulspreizers am wachen Tier kann zur Folge haben, dass die Zähne durch Abwehrbewegungen oder verzweifelte Versuche, das Mäulchen zu schließen, geschädigt werden.

Erschreckenderweise gibt es noch immer Tierärzte, die zu lange Schneidezähne mit einer Zange abknipsen, anstatt sie abzuschleifen. Dieses Vorgehen ist in höchstem Maße tierschutzwidrig, da die Zähne dabei fast immer splittern (vergleichbar mit dem Durchknipsen eines Glasrohrs)! Oft ist dies nicht sofort sichtbar, doch die entstehenden Mikrorisse im Zahnschmelz führen zum Eindringen von Bakterien. Dies hat zur Folge, dass die Zähne dem Kaninchen mit der Zeit regelrecht wegfaulen - von den Schmerzen ganz zu schweigen!

Ein längerfristiger Mangel an Kalzium oder Vitamin D (siehe oben) führt zu Osteoporose. In der Folge werden auch die Zähne brüchig und anfällig. Die nachgebildete Zahnsubstanz ist dementsprechend schlecht.

Überwuchs der Zahnkronen

Ursache:

  • ang  Fehlstellung
  • Fütterungsfehler im Wachstum
  • rohfaserarme Ernährung

Die Schneidezahnkronen des Oberkiefers sind beim Kaninchen in etwa so lang wie die des Unterkiefers. Von der Seite betrachtet sollten die Schneidezähne des Oberkiefers in etwa bis auf die Höhe des Gaumens wachsen. Wenn Sie die Zähne Ihrer Kaninchen regelmäßig kontrollieren, werden Ihnen eventuelle Abweichungen auffallen. Im Zweifelsfall können Sie Fotos anfertigen, um einen Vergleich zu haben. Gerade für Anfänger in der Kaninchenhaltung ist dies sehr praktisch.

Sind alle Schneidezähne auffällig lang oder ist das obere Paar deutlich länger oder kürzer als das untere, ist eine weitere Abklärung und Korrektur notwendig. Möglicherweise stehen die Schneidezähne nicht optimal aufeinander oder die Backenzahnkronen sind zu lang: In beiden Fällen ist der Abrieb der Schneidezähne beeinträchtigt.

Deutlich zu lange Backenzahnkronen kann ein kaninchenerfahrener Tierarzt mit bloßem Auge erkennen, wenn er mit einem Otoskop ins Mäulchen schaut oder das Kaninchen sediert und das Mäulchen anschließend mit einem Maulspreizer öffnet. Eine optimale, objektive Beurteilung ist jedoch nur mittels Schädelröntgen möglich: Auf den Röntgenbildern werden sogenannte Referenzlinien eingezeichnet, über die die Zahnkronen eines gesunden Kaninchens nicht hinausreichen.

Stufengebiss (Treppengebiss), abfallende Kaufläche, Schiefstellung der Zähne

Ursache:

  • angeborene Fehlstellung
  • Fütterungsfehler im Wachstum
  • Beschwerden beim Kauen

Bei einem Stufengebiss liegen die Backenzahnkronen nicht in einer Linie hintereinander, sondern wachsen unterschiedlich hoch. Bei einer abfallenden Kaufläche überragen die vorderen Backenzähne die hinteren.

Weiterhin ist eine asymmetrische Abnutzung möglich, bei der die Zähne nur auf einer Seite zu lang sind. Dies führt in der Folge meist auch zu schief abgeriebenen Schneidezähnen.

Derartige Fehlstellungen kommen oft dadurch zustande, dass die Zähne sich aufgrund einer angeborenen oder erworbenen Fehlstellung nicht gleichmäßig abreiben. Es ist aber auch möglich, dass das Kaninchen "gezielt" einseitig / verändert kaut, da es z.B. in einem bestimmen Bereich Schmerzen hat.

Hierfür können z.B. eine Zahnwurzelentzündung, eine Verletzung der Maulschleimhaut oder, v. a. bei Widdern, eine Mittelohrentzündung verantwortlich sein. Mittelohrentzündungen können auch zu einer Kontraktur des Gesichtsnervs (Nervus facialis) führen. In diesem Fall ist der Mundwinkel auf der betroffenen Seite hochgezogen. Das Kaninchen hat in der Folge meist Schwierigkeiten, auf dieser Seite zu kauen.

Ein kaninchenaffiner Tierarzt erkennt die beschriebenen Backenzahnprobleme mit bloßem Auge, wenn er mit einem Otoskop ins Mäulchen schaut oder das Kaninchen sediert und das Mäulchen anschließend mit einem Maulspreizeöffnet. 

Zahnwurzel- und Mittelohrentzündungen hingegen sind nur via Schädelröntgen oder CT feststellbar.


Bildung von Zahnspitzen

Ursache:

  • angeborene Fehlstellung
  • Fütterungsfehler im Wachstum
  • Mangelerscheinungen

Zahnspitzen entstehen immer dann, wenn die Zähne des Oberkiefers und die des Unterkiefers nicht ideal zueinander positioniert sind. In diesem Fall werden bestimmte Bereiche einzelner Zähne nicht (ausreichend) abgerieben und wachsen in die Länge. Dadurch können Spitzen entstehen, die zu schmerzhaften Verletzungen der Zunge oder Wangenschleimhaut führen.

Neben angeborenen Fehlstellungen sind Fütterungsfehler im Wachstum häufige Auslöser. Auch Mangelerscheinungen können dazu führen, dass sich die Zähne geringgradig lockern und in ihrer Position verändern. Auch bei einer anschließend optimalen Ernährung ist es nicht möglich, die ideale Position wiederherzustellen. Die Intervalle, in denen die Spitzen vom Tierarzt abgeschliffen werden müssen, können aber durch eine artgerechte Ernährung mitunter erheblich vergrößert werden.

Ein kaninchenaffiner Tierarzt erkennt Zahnspitzen mit bloßem Auge, wenn er mit einem Otoskop ins Mäulchen schaut oder das Kaninchen sediert und das Mäulchen anschließend mit einem Maulspreizer öffnet.

Achtung: Nicht-spezialisierte Tierärzte verwechseln krankhafte Zahnspitzen evtl. mit den physiologischen, scharfen Kanten, die alle Kaninchenzähne aufweisen, um Pflanzenteile während des mahlenden Kauvorgangs zerschneiden zu können. Diese Kanten sollten keinesfalls glattgeschliffen werden, da sie dem Kaninchen (jedenfalls bis sie nachgewachsen sind) das Kauen erschweren und dadurch "echte" Zahnprobleme auslösen können!

Zahnspitzen sind immer ein Anlass, den Schädel zu röntgen, da die Wurzeln sehr häufig ebenfalls - und oft noch erheblich stärker - verändert sind.


Retrogrades Zahnwachstum, Zahnwurzelabszesse

Ursache:

  • überlange Zahnkronen
  • harte Futterbrocken

Beim sogenannten retrograden Wachstum werden die Zahnwurzeln in den Kieferknochen gedrückt, sie "wachsen rückwärts". 

Durch die Verdrängung des Knochengewebes können sie massive Entzündungsprozesse auslösen, die sich häufig zu Abszessen entwickeln. 

Das retrograde Wachstum kommt immer dadurch zustande, dass die Zähne über längere Zeit in Richtung Knochen "gedrückt" werden: Entweder, weil die Zahnkronen zu lang sind und beim Kauen ein erhöhter Druck entsteht; oder weil die Kaninchen regelmäßig auf harten Futterbrocken (Nüsse, Erbsenflocken, Saaten, Pellets, Gemüsechips, ...) herumbeißen, die sie nicht zermahlen können, sondern zerquetschen müssen.

Fortgeschrittenes retrogrades Zahnwachstum kann vom spezialisierten Tierarzt ertastet werden; im Anfangsstadium ist es hingegen nur mittels Röntgen oder Computertomographie (CT) feststellbar. 

Im Unterkiefer zeigen sich dabei deutliche Ausbuchtungen und Ausdünnungen der Knochenlinie; im Oberkiefer ist die Zahnwurzellänge mit Hilfe eingezeichneter Referenzlinien beurteilbar.

Auffällige Zahnkronen sind immer ein Anlass, den Schädel zu röntgen, da die Wurzeln sehr häufig - und oft noch erheblich stärker - mitbetroffen sind.


Augen- und Nasenausfluss

Ursache:

  • retrogrades Zahnwachstum
  • Zahnwurzelentzündung

Sehr vielen Kaninchenhaltern und nicht-spezialisierten Tierärzten ist nicht bewusst, dass vermeintlicher "Schnupfen" beim Kaninchen oft durch retrograd wachsende Zahnwurzeln verursacht wird: Die Zahnwurzeln engen den Tränen-Nasen-Kanal ein oder brechen in ihn ein.

Infolge der drückenden / entzündeten Zahnwurzel kann die Tränenflüssigkeit nicht mehr abfließen und das Auge beginnt zu tränen. Nach einer gewissen Zeit siedeln sich sekundär Bakterien im verlegten Tränen-Nasen-Kanal an, wodurch der zunächst klare Ausfluss eitrig wird. 

Sind die Zahnwurzeln bereits eitrig entzündet, kann die Entzündung auch direkt in den Tränen-Nasen-Kanal übertreten. In beiden Fällen kommt es meist auch zum eitrigen Nasenausfluss. Kanincheneiter ist sehr aggressiv, wodurch sekundär Bindehautentzündungen auftreten.

Häufig treten die Symptome (zunächst) nur auf einer Seite auf. "Echter" Schnupfen hingegen betrifft in aller Regel beide Nasenlöcher und beide Augen. Daher sind bei einseitigem Ausfluss unbedingt Röntgenbilder oder eine Computertomographie (CT) vom Schädel notwendig. Gelegentlich sind auch Augenverletzungen oder Fremdkörper im Tränen-Nasen-Kanal die Ursache; es müssen aber in jedem Fall auch die Zahnwurzeln abgeklärt werden!

Exophthalmus (hervorstehender Augapfel)

Ursache:

  • retrogrades Zahnwachstum
  • Zahnwurzelabszess

Zahnwurzelabszesse im Oberkiefer können zunehmend gegen den Augapfel drücken, sodass er vorgelagert wird. Dies wird v.a. sichtbar, wenn man das betroffene Kaninchen gerade von vorne oder von oben betrachtet. Auch ein einseitiges Hervortreten der Nickhaut oder Skleren (des "Weißen" im Auge) ist verdächtig. 

Die sogenannten retrobulbären Abszesse können innerhalb weniger Tage oder sogar Stunden massiv an Volumen zunehmen. Steht der Augapfel zu weit heraus, funktioniert der Lidschluss nicht mehr. In der Folge trocknet das Auge ein. Dies ist mit hochgradigen Schmerzen und dem Verlust des Sehsinns auf dem betroffenen Auge verbunden.

In seltenen Fällen wird ein Exophthalmus durch einen retrobulbären Tumor verursacht. Ein solcher wächst aber deutlich langsamer; das Symptom tritt nicht akut auf. Auch ein erhöhter Augeninnendruck ist eine mögliche Ursache dafür, dass der Augapfel sich vergrößert und vorzustehen scheint.

Stellen Sie fest, dass ein Augapfel Ihres Kaninchens plötzlich weiter hervorsteht als der andere, muss das Tier schnellstmöglich einem Spezialisten vorgestellt werden! Mit Hilfe von Schädelröntgenbildern oder einer CT stellt der Tierarzt fest, welche Zahnwurzeln am Abszessgeschehen beteiligt sind. Im Anschluss ist ein sofortiger chirurgischer Eingriff notwendig.

Ist der Exophthalmus so stark, dass das Kaninchen sein Auge nicht mehr schließen kann, gehört es umgehend in die (Notfall-)Sprechstunde - es hat erhebliche Schmerzen! Darüber hinaus droht der Verlust des Auges. Sollte keine sofortige Operation möglich sein, müssen Sie das Auge bis zum Eingriff engmaschig mit einer befeuchtenden Augensalbe pflegen.

Schräg abgeriebene Schneidezähne

Ursache:

  • asymmetrischer Backenzahnabrieb

Stehen die Schneidezähne schräg aufeinander, ist nahezu immer ein Backenzahnproblem ursächlich: Wachsen die Backenzahnkronen auf einer Seite zu lang, gerät der Kiefer in eine Schieflage, wodurch auch die Schneidezähne sich nicht mehr gerade abreiben können.

Daher ist es unbedingt notwendig, die Backenzähne zu untersuchen. Deutlich zu lange Backenzahnkronen kann ein kaninchenerfahrener Tierarzt mit bloßem Auge erkennen, wenn er mit einem Otoskop ins Mäulchen schaut oder das Kaninchen sediert und das Mäulchen anschließend mit einem Maulspreizer öffnet. Zu lange oder stufige Zahnreihen müssen eingeschliffen werden.

Darüber hinaus muss zwingend die Grundursache für die Schieflage des Kiefers ermittelt werden! Dies können z.B. Zahnwurzelprobleme oder eine Mittelohrentzündung sein. Röntgenbilder oder eine CT sind für die weitere Diagnostik daher unerlässlich.

Schneidezahnfehlstellung

Ursache:

  • angeborene Fehlstellung
  • chronische Backenzahnproblematik

Insbesondere Zwergkaninchen leiden oft unter einer Missbildung des Oberkiefers, einer sogenannten Brachygnathia superior. Dabei ist der Oberkiefer kürzer als der Unterkiefer, die unteren Schneidezähne befinden sich also weiter vorn als die oberen. Ein gegenseitiger Abrieb ist in diesem Fall nicht möglich und die Zähne wachsen ungehindert aneinander vorbei. Auch mit einer gesunden Ernährung kann keine Besserung erzielt werden. Die Problematik ist mit bloßem Auge sichtbar.

Es sind jedoch auch leichtere Schneidezahnfehlstellungen möglich, bei denen sich die Zähne der gegenüberliegenden Kiefer zwar berühren, aber nicht ideal aufeinanderstehen. Auch eine solche Fehlstellung kann angeboren sein; aber auch durch längerfristige Backenzahnveränderungen entstehen, die eine allmähliche Verschiebung des Unterkiefers nach vorne zur Folge haben.

Bei jeder Schneidezahnfehlstellung sollten Röntgenaufnahmen des Gebisses erfolgen, um zu überprüfen, ob und inwieweit die Backenzähne in das ​​​​Geschehen involviert sind.

Weniger…

Symptome bei Zahnerkrankungen

Eine Zahnerkrankung kann sich durch mehr oder weniger offensichtliche Symptome äußern, die entweder einzeln oder in Kombination miteinander aufteten. Dazu gehören:

  • schräg oder wellig aufeinanderstehende Schneidezähne
  • zu lange Schneidezähne
  • fehlende Längsrillen in den Schneidezähnen
  • Beulen am Kieferknochen
  • Speichelfluss
  • eitriger Maulgeruch
  • Selektion weicher, rohfaserarmer oder energiehaltiger Futtermittel
  • Probleme beim Abbeißen / Nagen
  • langsames Fressverhalten
  • veränderte Kaubewegungen
  • vermehrtes Zähneklappern / -knirschen
  • (einseitiger) Nasenausfluss
  • (einseitiger) Augenausfluss
  • "verschnupfte" Atemgeräusche, Schnauben
  • einseitig hervorstehender Augapfel
  • wiederkehrende Verdauungsbeschwerden
  • schleichender Gewichtsverlust
  • allgemeine Schmerzsymptomatik
Mehr…

Zum wöchentlichen Gesundheitscheck gehört immer auch ein Blick auf die Schneidezähne von vorne und von der Seite. 

Gesunde Schneidezähne besitzen Längsrillen und sind in einer makellos geraden Linie abgeschliffen, die oberen Zahnkronen enden ungefähr auf Gaumenhöhe und stehen ganz leicht vor den unteren. Die Länge der unteren Schneidezahnkronen entspricht der der oberen. Hinter dem großen Schneidezahnpaar im Oberkiefer befinden sich zwei sehr kleine sogenannte Stiftzähne, die nur von der Seite zu sehen sind.

Auch das Abtasten der Kieferknochen sollten Sie in den Routine-Check-Up integrieren. Auf die Weise fallen Ihnen Veränderungen frühzeitig auf. Achten Sie vor allem darauf, ob sich beide Kieferseiten gleich anfühlen oder es Asymmetrien gibt. Kleine, harte Beulen deuten z.B. auf retrogrades Zahnwachstum hin; große, voluminöse Umfangsvermehrungen auf Abszesse. Drücken Sie ruhig von allen Seiten kräftig gegen die Kieferknochen, um zu prüfen, ob das Tier schmerzhaft reagiert.

Speichelfluss deutet immer auf ein Problem in der Maulhöhle hin. Dies können Schmerzen an einer Zahnwurzel sein; aber auch Fehlstellungen, die das Kaninchen mechanisch behindern. Auch Verletzungen an der Zunge oder im Wangenbereich, oft durch Zahnspitzen, sind eine mögliche Ursache. Typischerweise fällt ein feuchtes Fell an den Mundwinkeln, im Kinn- und Brustbereich oder an den Vorderläufen auf. 

Speichelverklebtes Fell fällt relativ schnell aus, sodass betroffene Kaninchen häufig kahle Stellen in den genannten Arealen entwickeln.

Ein eitriger Maulgeruch ist ein eindeutiges Anzeichen für einen massiven Entzündungsherd in der Maulhöhle. Betroffene Kaninchen gehören zügig einem heimtier- und zahnkundigen Tierarzt vorgestellt!

Das vermehrte Selektieren von Futtermitteln ist in den meisten Fällen ebenfalls auf Zahnprobleme zurückzuführen; seltener auf Kiefergelenksschmerzen oder Mittelohrentzündungen. 

Viele betroffene Kaninchen ziehen zartes Heu und weiche Blätter (z.B. Kopfsalat, Klee) einem verholzten Heu und festeren Blättern (z.B. Wirsing) vor, da der beim Kauen entstehende Druck ihnen Schmerzen bereitet. Zuvor beliebte Leckerlis harter Konsistenz werden mitunter gemieden oder erst aufgenommen und dann wieder fallengelassen. 

Es ist aber paradoxerweise auch umgekehrt möglich, dass bevorzugt harte Futtermittel wie Saaten, Pellets und Leckerlis gefressen werden. Dies liegt daran, dass diese Futtermittel viel Energie liefern und das Kaninchen entsprechend weniger von ihnen fressen muss, um satt zu werden. Dadurch verkürzt es die Dauer des schmerzhaften Kauvorgangs.

Ein Selektionsverhalten, das sich schleichend entwickelt, ist immer hochverdächtig für Zahnerkrankungen.

Schmerzen an den Schneidezahnwurzeln äußern sich oft dadurch, dass betroffene Kaninchen Beschwerden beim Abbeißen und Nagen haben. Oft "versuchen" sie, entsprechende Futtermittel zu fressen, lassen sie aber relativ schnell liegen.

Langsames Fressverhalten deutet auf Beschwerden beim Kauen hin. Dieses kann mechanisch oder schmerzbedingt sein. Eine gute Beobachtung durch den Besitzer ist hier essentiell: Denn betroffene Tiere haben meist einen großen Appetit und beginnen sofort zu fressen, wenn sie frisches Futter erhalten; sie brauchen dafür aber erheblich länger als ihre zahngesunden Partnertiere. Mitunter kauen sie auch eine Zeitlang auf einem Halm oder Blatt herum, um es anschließend wieder fallenzulassen.

Bei genauerem Hinsehen zeigen betroffene Kaninchen meist veränderte Kaubewegungen: Sie kauen langsamer, stockender oder "vertikaler" als gesunde Tiere. Wenn Sie Ihre Kaninchen regelmäßig gut beim Fressen beobachten und dabei insbesondere auf die Kaubewegungen achten, wird Ihnen der Unterschied auffallen.

Beschwerden beim Kauen führen meist zu einem schleichenden Gewichtsverlust. Wiegen Sie Ihre Kaninchen einmal wöchentlich, um das Gewicht jederzeit im Auge zu behalten. Kleine Schwankungen sind normal; es sollte aber keinesfalls jede Woche ein bisschen weniger sein als in der vorherigen. 

Schleichender Gewichtsverlust tritt nicht nur bei Zahnproblemen auf, sondern z.B. auch bei einer chronischen Niereninsuffizienz, einer Tumorerkrankung oder einem Parasitenbefall. Hier muss eine sorgfältige Diagnostik betrieben werden, um die Ursache festzustellen.

Zähneklappern und -knirschen ist meistens bei Kaninchen zu beobachten, die sich an etwas in Ihrer Maulhöhle stören. Dieses Verhalten wird zunehmend häufiger gezeigt, je weiter das Problem voranschreitet. Gelegentliches, genüssliches Kiefermahlen (v. a. beim Streicheln oder gegenseitiger Fellpflege) ist hingegen normal.

Nasen- und Augenausfluss und anderweitige "Schnupfensymptome" wie Niesen, Schnauben und "brodelnde" Atemgeräusche im Nasenbereich sind typische Symptome einer Zahnwurzelerkrankung im Oberkiefer. In der Regel ist Nasen- oder Augenausfluss, der durch eine Zahnwurzelerkrankung bedingt ist, (zunächst) nur einseitig zu beobachten. 

Geben Sie sich in einem solchen Fall keinesfalls mit einer "Schnupfentherapie" zufrieden - es muss unbedingt eine Zahndiagnostik erfolgen! Der Ausfluss kann klar, schleimig oder eitrig sein. Möglicherweise stellen Sie zu Beginn lediglich verklebte Vorderläufe fest, da das Kaninchen sich den Ausfluss weggeputzt hat.

Ein Exophthalmus (vorstehender Augapfel) ist in den allermeisten Fällen auf einen Zahnwurzelabszess hinter dem Auge zurückzuführen. Der betroffene Augapfel steht weiter hervor als der andere, möglicherweise ist die Nickhaut oder Sklera zu sehen. 

Ein akuter Exophthalmus ist immer ein Notfall - ganz besonders aber dann, wenn der Lidschluss nicht mehr funktionieren sollte! In diesem Fall gehört das Kaninchen auch nachts und feiertags umgehend in eine Tierklinik, da verhindert werden muss, dass das Auge eintrocknet; dies wäre hochgradig schmerzhaft und mit einem Verlust des Auges verbunden!

Wiederkehrende Verdauungsbeschwerden wie Verstopfungen, Durchfall, Aufgasungen und Magendilatationen kommen oft dadurch zustande, dass das Kaninchen sein Futter nicht ausreichend kaut.

Insbesondere, wenn das betroffene Tier bereits optimal gehalten und ernährt wird und keine Parasiten in seinem Kot nachgewiesen werden, sollte eine umfassende Zahndiagnostik inklusive Schädelröntgen / CT erfolgen. 

Auch ein starker Hefebefall im Kot trotz optimaler Ernährung und einer negativen Parasitologie kann auf Zahnprobleme hindeuten. Hefen sind immer ein Sekundärproblem, dessen Grundursache gefunden und beseitigt werden muss.

Letztendlich kann sich die Symptomatik auch auf allgemeine Schmerzsymptome beschränken. Dazu gehören ein vermehrtes Ruheverhalten, ein verminderter Appetit, eine gekrümmte Körperhaltung und ein "Schmerzgesicht" (trüber Blick, angespannte Gesichtsmuskulatur, zur Seite gerichtete Ohrmuscheln, ...). 

Kaninchen, die diese Symptome zeigen, sich insgesamt aber dennoch normal verhalten und fressen, leiden sehr häufig an chronischen Zahn- oder Ohrenschmerzen (Widder!). Eine ausführliche Röntgendiagnostik oder ein CT vom Schädel sollte daher ganz oben auf der To-Do-Liste stehen.

Weniger…


Diagnostik bei Zahnerkrankungen

  • Begutachtung der Schneidezähne
  • Untersuchung der Maulhöhle
  • Abtasten der Kieferknochen
  • Röntgendiagnostik
  • Computertomographie (CT)

Die Zahndiagnostik beim Kaninchen ist ein extrem komplexes Themengebiet, auf das nur die wenigsten Tierärzte spezialisiert sind. Die Diagnostik ist sowohl in ihrer Durchführung als auch ihrer Auswertung schwierig. Dies kann für den Patienten fatale Folgen haben, wenn z.B. notwendige Diagnostik unterlassen wird, Veränderungen übersehen werden oder eine nicht-adäquate Therapie erfolgt. Einzelne erkrankte Zähne oder ungeeignete therapeutische Maßnahmen können das komplette Gebiss aus dem Gleichgewicht bringen und zerstören.

Suchen Sie unbedingt einen Tierarzt auf, der auf Kaninchenzähne spezialisiert ist!

Mehr…

Adspektion der Schneidezähne

Das Betrachten der Schneidezähne ist der erste Schritt in der Zahndiagnostik. Der Tierarzt überprüft dabei ihre Länge, Symmetrie, Struktur, ihren Abschliff und ihre Stellung zueinander. Dazu wird die gespaltene Oberlippe des Patienten vorsichtig gespreizt und die Zähne werden sowohl von vorne als auch von der Seite begutachtet.


Adspektion der Maulhöhle

Die Untersuchung der Maulhöhle sollte zunächst mit einem Otoskop erfolgen. Dabei schiebt der Tierarzt einen Aufsatz mit ausreichendem Durchmesser seitlich an den Schneidezähnen vorbei ins Mäulchen. Für eine verbesserte Einsicht kann ein Wangenspreizer (nicht Maulspreizer!) oder ein Spreizspekulum verwendet werden. Dadurch werden die Wangen sanft zur Seite gedrückt.

Eine erstklassige Darstellung der Maulhöhle ermöglicht ein Videootoskop. Dabei handelt es sich um eine Kombination aus Otoskop und Kamera. Das Bild wird live auf einen Bildschirm übertragen, sodass der Tierarzt die Maulhöhle in mehrfacher Vergrößerung begutachten kann - gemeinsam mit dem Besitzer.

Der geübte Heimtierarzt erkennt viele Veränderungen bereits adspektorisch: zum Beispiel zu lange Zahnkronen, ungleichmäßig abgenutzte Zahnreihen, schrägstehende Zähne, Zahnspitzen, eine veränderte Zahnstruktur und Verletzungen der Schleimhäute.

Bei Unklarheiten oder sichtbaren Veränderungen erfolgt die weitere Untersuchung in Narkose. Je nach individuellem Fall genügt mitunter eine Sedation oder Kurznarkose. Nun darf das Mäulchen mit einem Maulspreizer geöffnet werden. Anschließend kann u. a. geprüft werden, ob alle Zähne fest sitzen und ob Zahntaschen vorhanden sind. Auch das Entfernen eingespießten Futters und das Einschleifen der Backenzähne ist auf diese Weise möglich.

Der Einsatz des Maulspreizers am unsedierten, wachen Tier ist indiskutabel, da ein hohes Verletzungsrisiko besteht und die Tiere einem enormen Stress ausgesetzt werden. Viele Kaninchen geraten in Panik, wenn ihnen das Mäulchen aufgehebelt wird und sie es nicht mehr schließen können. In der Folge versuchen sie kraftvoll zuzubeißen, was zu Schmerzen und schweren Verletzungen führen kann.

Werden die Schneidezähne in den Maulspreizer "eingefädelt", können sie sich durch Abwehrbewegungen lockern oder gewaltsam ins Zahnfach gedrückt werden. Wird der Maulspreizer stattdessen hinter den Zähnen eingeführt, sind Hämatome und Verletzungen am Zahnfleisch möglich. Weiterhin können die Kieferknochen brechen oder die Kiefergelenke luxieren (auskugeln). 

Da die Kaninchen aufgrund ihrer starken Gegenwehr massiv auf dem Behandlungstisch fixiert werden müssen, können sie sich im schlimmsten Fall die Wirbelsäule brechen.

Eine Sedation oder Kurznarkose beugt Panik und starker Gegenwehr vor. Darüber hinaus können vom Schädel des sedierten oder schlafenden Kaninchens qualitativ hochwertige Schädelröntgenbilder angefertigt werden, was am wachen Tier aufgrund der sehr speziellen Lagerung äußerst schwierig sein kann.


Abtasten (Palpieren) der Kieferknochen

Der kaninchenkundige Tierarzt tastet im Rahmen der Allgemeinuntersuchung auch die Kieferknochen seines Patienten ab. Dabei umfasst er von hinten mit beiden Händen den Schädel und tastet unter sanftem Druck seitenvergleichend entlang des Unterkiefer- sowie des Oberkieferknochens. 

Durch ein gründliches Palpieren können Asymmetrien - meist durch Auftreibungen - sowie schmerzhafte Areale ausfindig gemacht werden. Dies liefert mitunter erste Hinweise auf ein Zahnproblem. Auch für Sie als Besitzer empfiehlt es sich, die Kiefer Ihrer Kaninchen regelmäßig abzutasten. Auf die Weise entwickeln Sie ein Gefühl dafür, wie sich ein gesunder Kiefer anfühlt, und können Veränderungen frühzeitig feststellen.
 

Röntgendiagnostik

Die Röntgendiagnostik ist zur Beurteilung der Zahnwurzeln und Länge der Zahnkronen von großer Bedeutung. Damit die Bilder auch wirklich auswertbar sind und keine Details übersehen werden, ist eine sehr gute Qualität erforderlich. Das gilt sowohl für die Auflösung und die Belichtung als auch die Lagerung des Tieres.

Es genügt nicht, den Schädel "irgendwie" abzulichten - das Kaninchen muss optimal gelagert werden: Bei einer seitlichen (laterolateralen) Aufnahme sowie einer Aufnahme von oben (dorsoventral) muss der Schädel jeweils absolut gerade liegen; für Schrägaufnahmen muss er in einem exakt passenden Winkel um seine Längsachse gedreht werden, ohne ihn dabei in seiner Querachse zu kippen. 

Auch ist es nicht ausreichend, eine einzige Aufnahme anzufertigen, da erstens ein "räumliches Bild" entstehen muss und zweitens sich auf jeder Ebene ein Teil der Zähne und Knochen überlagert. Durch Röntgenbilder in verschiedenen Ebenen (seitlich, beidseits schräg und von oben) können alle Zähne einwandfrei beurteilt werden und Veränderungen lassen sich präzise lokalisieren.

Für jede Ebene gibt es verschiedene Regeln zur korrekten Lagerung:

  • Laterolaterale (seitliche) Aufnahme: Diese Ebene dient v.a. dem Einzeichnen von Referenzlinien, um die Länge der Zahnkronen und -wurzeln, die Stellung der Schneidezähne, die Ebenmäßigkeit der Kaufläche und die Zahnstruktur beurteilen zu können. Sowohl die Bullae (knöcherne, blasige Mittelohrstrukturen) als auch die Nasenspitze und das Hinterhauptbein müssen dafür auf dem Bild zu sehen sein. Das Kaninchen wird auf der Seite gelagert, beide Kieferhälften müssen exakt parallel zueinander abgelichtet werden. Ob dies gelungen ist, ist v.a. an den Bullae und den Unterkieferknochen zu erkennen: Diese müssen sich auf dem Röntgenbild exakt überlagern.

  • Dorsoventrale Aufnahme ("von oben nach unten"): Auch in dieser Ebene können Referenzlinien eingezeichnet werden, die der Beurteilung der oberen Backenzahnwurzeln dienen. Darüber hinaus werden Entzündungsherde an den oberen Backen- und Schneidezahnwurzeln sowie im Mittelohrbereich sichtbar. Das Kaninchen wird auf dem Bauch gelagert; der Kopf muss exakt gerade auf dem Tisch positioniert werden, um beide Schädelhälften im Seitenvergleich beurteilen zu können.

  • Schrägaufnahmen: Für diese Aufnahme wird der Kopf des Kaninchens entlang seiner Längsachse um ca. 45° C gekippt. Auf dem Röntgenbild sind beide Bullae einzeln zu sehen; sie sollten zusammen die Form einer 8 ergeben. Diese Aufnahme muss von beiden Schädelseiten angefertigt werden. Dadurch werden die Backenzahnwurzeln der einzelnen Kieferhälften herausprojiziert (während sie sich auf der seitlichen Aufnahme überlagern). Es kann also exakt beurteilt werden, in welchen Quadranten sich krankhaft veränderte Zähne befinden. Ferner können beide Mittelohren beurteilt werden.

Röntgenbilder eines nicht ideal gelagerten Tieres erschweren die Auswertung erheblich und führen dazu, dass kleinere Veränderungen nicht gesehen werden. Nicht selten muss die Röntgendiagnostik von einem Spezialisten wiederholt werden, da die ersten Bilder nicht auswertbar sind. 

Dies ist nicht nur ärgerlich und kostspielig für Sie, sondern auch stressig für das Kaninchen, und es verstreicht mitunter unnötig viel Zeit bis zum Therapiebeginn. Tun Sie sich und Ihrem Tier daher einen Gefallen und suchen Sie von vornherein einen Experten auf.

Neben den beschriebenen extraoralen Ebenen spielen auch intraorale (dentale) Röntgenbilder eine wichtige Rolle. Dabei wird eine kleine Röntgenfolie in die Maulhöhle des narkotisierten Tieres geschoben. Das Ziel besteht darin, einzelne Zähne und Zahnreihen herauszuprojizieren und Veränderungen exakt lokalisieren zu können.


Computertomographie (CT)

Tierärzte, die über einen Computertomographen verfügen, bevorzugen diese Form der Diagnostik meist gegenüber den Röntgenbildern: Im CT-Gerät entsteht ein bewegtes räumliches Bild, wodurch Veränderungen exakt lokalisiert und in ihrem Ausmaß sehr gut beurteilt werden können.

Einige Praxen und Kliniken bieten Wach-CTs an, bei denen das Kaninchen in eine mit Decken ausgestopfte Box gesetzt wird, die keine größeren Bewegungen zulässt. Die Anfertigung der CT dauert nur wenige Sekunden, in denen die Kaninchen meist stillhalten. Die Alternative ist eine Kurznarkose.

Der Vorteil eines Wach-CTs besteht darin, dass der Patient keine Narkose benötigt und die Durchführung schnell und spontan möglich ist. Ein Nachteil ist die meist schlechtere Qualität gegenüber einer CT in Narkose. 

Dies liegt daran, dass kleinere Bewegungen bei einem wachen Tier nie komplett vermieden werden können und eine gewisse Unschärfe folglich nicht ausbleibt.

Idealerweise wird das Kaninchen direkt im Anschluss an die CT operiert: Da es in diesem Fall ohnehin eine Narkose benötigt, kann auch die CT direkt am schlafenden Tier durchgeführt werden.

Weniger…


Therapie von Zahnerkrankungen

Je nach Krankheitsbild sind grundverschiedene Therapieansätze notwendig. Eine gesunde Ernährung sollte immer selbstverständlich sein: Auch, wenn bereits Zahnprobleme vorhanden sind, kann eine adäquate Fütterung weitere oder Folgeprobleme verhindern. Notwendige Zahnkorrekturen sind mitunter erheblich seltener notwendig, wenn die Ernährung stimmt.

Möglicherweise notwendige Therapiemaßnahmen sind:

  • Entfernung von Zähnen
  • Entfernung eines Auges bei Exophthalmus
  • Einschleifen von Zähnen und Zahnspitzen
  • Antibiose und entzündungshemmende Schmerzmittel

Suchen Sie für die Therapie von Zahnerkrankungen, egal welcher Art, immer einen spezialisierten Tierarzt auf! Die meisten Tierärzte sind nicht auf Kaninchen(zähne) spezialisiert! Im Falle einer OP spielt außerdem die Narkosesicherheit eine bedeutende Rolle.

Mehr…

Entfernung von Zähnen

Im Röntgen / CT lässt sich hervorragend darstellen, welche Zähne im Wurzelbereich entzündlich verändert sind und eine gestörte Zahnstruktur aufweisen. Diese Zähne werden in aller Regel entfernt. Dasselbe gilt für lockere Zähne und solche, die an einem Abszessgeschehen beteiligt sind.

Der Tierarzt muss mit sehr viel Gefühl und Sorgfalt vorgehen, damit die Zähne beim Ziehen nicht abbrechen oder zersplittern: In der Wundhöhle verbleibende Zahnreste können nicht nur Entzündungen verursachen, sondern mit der Zeit wieder unkontrolliert zu wachsen beginnen und dabei bizarre Formen und Wuchsrichtungen ennehmen. Dadurch sind schwerwiegende Komplikationen möglich, die eine erneute Operation erfordern. 

Ein gewisses Restrisiko, dass unbemerkt Zahngewebe zurückbleibt, besteht leider auch bei einer optimal durchgeführten Operation.

Ist ein kompletter Kieferquadrant betroffen, nimmt der Tierarzt in der Regel eine Reihenextraktion vor. Dabei wird die komplette Zahnreihe in einer Sitzung entfernt. Nach einer Reihenextraktion besteht die Möglichkeit, dass die als "Gegenspieler" fungierende Zahnreihe im Anschluss an die Operation ungebremst wächst und regelmäßig eingeschliffen werden muss. Interessanterweise stagnieren die Zähne aber häufig auch in ihrem Wachstum, nachdem ihre Gegenspieler entfernt wurden.

Häufig ist jedoch nicht nur ein Quadrant, sondern eine komplette Kieferseite krankhaft verändert. In diesem Fall sind in der Regel zwei Operationen notwendig, da die Belastung für das Kaninchen anderenfalls zu groß wäre. 

Sind auf beiden Kieferseiten Zähne betroffen, sind ebenfalls mehrere Eingriffe erforderlich, damit das Kaninchen auch unmittelbar nach der OP eine schmerzfreie Seite zum Kauen hat.

Wenn möglich, wird der Tierarzt die Backenzähne durch die Maulhöhle entfernen. Stark retrograd wachsende Zähne, sehr brüchige Zähne und oft auch solche, die bereits einen Abszess verursacht haben, müssen hingegen von extraoral (von außen) entfernt werden. Hierzu wird das entsprechende Areal freirasiert, der Kieferknochen wird eröffnet und die Zahnwurzel freigelegt, um den Zahn mit der Wurzel voran zu ziehen.

Übrigens: Auch, wenn alle vier Kieferquadranten krankhaft verändert sind, ist dies kein Todesurteil! Entgegen vieler Gerüchte können Kaninchen auch ohne Zähne leben und bei guter Lebensqualität alt werden. 

Ebenso wie zahnlose Hunde und Katzen können auch zahnlose Kaninchen problemlos von Breinahrung leben. Sollte ein Tierarzt Ihnen also von einer Therapie abraten, da sie darauf hinauslaufen würde, dass alle Zähne gezogen werden müssen: Lassen Sie sich nicht beirren! Mit einer geeigneten Breinahrung bekommen zahnlose Kaninchen weder Verdauungsprobleme noch "leiden" sie darunter, nicht mehr kauen zu können. 

Entscheidend ist, dass zahnlose Tiere eigenständig ausreichend Nahrung aufnehmen und diese Nahrung sowohl genügend Rohfaser als auch alle essentiellen Nährstoffe enthält.

Im Falle hochgradiger Schneidezahnfehlstellungen, bei denen die Schneidezähne aneinander vorbei wachsen, werden in der Regel bereits im Jungtieralter alle Schneidezähne gezogen. 

Anderenfalls wäre es lebenslang notwendig, die Zähne alle ein bis zwei Wochen vom Tierarzt kürzen zu lassen - bei fraglichem Nutzen, da das Kaninchen derart fehlgestellte Zähne ohnehin nur sehr eingeschränkt nutzen kann.

Kaninchen kommen gut ohne ihre Schneidezähne zurecht, wenn sie artgerecht mit Grünfutter ernährt werden: Dieses muss nicht abgebissen, sondern lediglich "spaghettiartig" ins Mäulchen gezogen werden. Eine Ausnahme sind Zweige, von denen die Tiere logischerweise abbeißen müssten. Sehr große, breite Blätter müssen für Kaninchen ohne Schneidezähne evtl. in Streifen geschnitten werden.

Nach dem Ziehen von Zähnen ist eine sorgfältige Nachsorge für die komplikationslose Wundheilung sehr wichtig! Insbesondere, wenn Unterkieferzähne entfernt wurden, ein extraoraler Eingriff durchgeführt oder ein Abszess entfernt wurde, muss der Heilungsprozess sorgfältig kontrolliert und unterstützt werden. 

Häufig ist in der ersten Zeit eine regelmäßige Wundspülung nötig, um neugebildeten Eiter und eingedrungene Futterreste zu entfernen und mögliche Komplikationen frühzeitig zu erkennen. Beispielsweise sind bei einem anhaltenden Austritt von Eiter möglicherweise Bakterien beteiligt, die gegen das angewandte Antibiotikum resistent sind.

Werden die Nachkontrollen vernachlässigt - v.a. nach Backenzahn-OPs! -, ist es möglich, dass sich ein Infektionsherd in der Wunde bildet und über Tage und Wochen hinweg unbemerkt ausbreitet. In der Folge sind schwere Komplikationen wie eine Fistelbildung in die Schädelhöhle, die erneute Bildung eines Abszesses oder eine Kieferknochenauflösung möglich.

Entfernung eines Auges

Auch retrobulbäre - d. h. hinter dem Auge befindliche - Abszesse werden meist von außen entfernt. Ist das Auge noch intakt, sollte natürlich unbedingt versucht werden, es zu erhalten! 

Hierfür muss der Eingriff "am Augapfel vorbei" erfolgen, um den Abszess und die verantwortlichen Zähne zu erreichen. Nicht alle Tierärzte bieten diese Technik an. Erkundigen Sie sich im Voraus! Ist das Auge bereits irreparabel geschädigt oder machen die Lokalisation und Ausbreitung des Abszesses es unmöglich, das Auge zu erhalten, muss es mitentfernt werden. Einäugige Kaninchen kommen grundsätzlich sehr gut zurecht.

Einschleifen von Zähnen und Zahnspitzen

Überlange Zähne und Zahnspitzen werden mit speziellen, rotierenden Gerätschaften abgeschliffen. Bei den Schneidezähnen erfolgt dies mittels einer elektrischen Trennscheibe oder einer Walze, bei den Backenzähnen mit einem schmaleren Schleifgerät. Die Schneidezähne können am wachen Tier gekürzt werden, sofern es von einer kompetenten Hilfsperson sicher auf dem Arm fixiert wird. Die Backenzahnkürzung muss ausnahmslos in einer Kurznarkose erfolgen!

Keinesfalls dürfen Zähne mit einer Zange abgeknipst werden! Die Folge einer solchen Behandlung sind Mikrorisse, die mit bloßem Auge meist nicht sichtbar sind, z.T. aber bis tief in den Zahnschmelz reichen und Bakterien eine Eintrittspforte bieten. Versuchen Sie einmal, ein Glasrohr mit einer Zange durchzuknipsen: Es wird Ihnen nicht gelingen, ohne dass das empfindliche Glas splittert. Sehr ähnlich verhält es sich mit den Zähnen eines Kaninchens.

Beschädigte, erkrankte oder abgestorbene Zähne verursachen nicht nur starke Schmerzen und behindern das Tier beim Fressen, sondern infizieren mit der Zeit auch die benachbarten Zähne und den Kieferknochen. Um Tierärzte, die Zähne abknipsen, sollten Sie in jedem Fall einen großen Bogen machen!

Denken Sie daran, dass im Falle veränderter Zahnkronen immer auch die Zahnwurzeln kontrolliert werden müssen. Das Einschleifen mag zu einem optisch ansehnlichen Ergebnis führen und vorübergehend die Beschwerden des Tieres lindern; eventuelle Zahnwurzelprobleme müssen aber ebenfalls erkannt und adäquat therapiert werden. Röntgen- oder CT-Diagnostik sind dafür unerlässlich!


Antibiose und entzündungshemmende Schmerzmittel

Nach einer Zahn-OP ist eine gute Schmerzabdeckung von großer Bedeutung: Nicht nur aus Tierschutzgründen, sondern auch, damit das Kaninchen möglichst schnell wieder selbstständig frisst. Sehr gut geeignet sind entzündungshemmende Schmerzmittel aus der Gruppe der NSAID (z.B. Meloxicam). Sie können hervorragend mit dem zentral wirksamen Metamizol oder - nach besonders schweren Eingriffen - dem opioiden Tramadol kombiniert werden. 

Achten Sie auf die Dosierung: Häufig werden Schmerzmittel für Kaninchen massiv unterdosiert! Viele Tierärzte orientieren sich an den Dosierungsempfehlungen für Hunde und Katzen. Kaninchen benötigen je nach Medikament jedoch erheblich höhere Dosen!

Aktuelle Dosierungsempfehlungen für Kaninchen:

  • Meloxicam (z. B. Metacam ®, Melosus ®, Meloxidyl ®): 2 x tgl. 0,3-0,5 mg pro kg Körpergewicht

  • Metamizol (z. B. Novalgin ®, Novaminsulfon ®): 4-6 x tgl. 50 mg pro kg Körpergewicht

  • Tramadol (z. B. Tralieve ®): 2-3x tgl. 10 mg pro kg Körpergewicht

Nachdem Sie die benötigten Milligramm (mg) für Ihr Kaninchen ausgerechnet haben, müssen Sie diese durch eine bestimmte Zahl teilen. Um diese zu ermitteln, werfen Sie einen Blick auf die Konzentration des jeweiligen Medikaments: Auf der Verpackung werden die Milligramm je Milliliter (ml) angegeben. Dies ist die Zahl, durch die Sie teilen müssen.

Auf die Weise ist der Patient schmerztechnisch sehr gut abgedeckt. Viele Kaninchen nehmen noch am selben Tag wieder selbstständig Futter auf.

Auch kleine Entzündungsherde an den Zahnwurzeln lassen sich mitunter durch die Gabe von einem Antibiotikum und einem NSAID therapieren. Voraussetzung ist eine gute Zahnstruktur, darüber hinaus darf kein Abszess vorhanden sein und es muss eine Druckentlastung der betroffenen Zähne (sorgfältiges Einschleifen unter Zahnfleischniveau, keine Fütterung harter Futterbrocken) erfolgen. 

Je nach Grundursache müssen die Backenzähne evtl. in bestimmten Intervallen erneut eingeschliffen werden, damit es nicht zu einer neuerlichen Druckbelastung der Zahnwurzeln kommt.

Weniger…

Prognose von Zahnerkrankungen

Je nach Ursache, Symptomatik und Schweregrad der Erkrankung variiert die Prognose enorm: So treten ernährungsbedingt ausgelöste Zahnfehlstellungen nach einmaligem Kürzen möglicherweise nie wieder auf, sofern Fütterungfehler künftig vermieden werden; und auch Tiere mit genetisch bedingten Fehlstellungen besitzen in vielen Fällen eine uneingeschränkte Lebenserwartung, solange ihr Gebiss regelmäßig und auf die richtige Art und Weise (Schleifen - nicht Knipsen!) korrigiert wird.

Mehr…

Geringgradige Zahnwurzelentzündungen können in einigen Fällen unter einer antibiotischen und entzündungshemmenden Therapie ausheilen, wenn gleichzeitig durch Einschleifen und ggf. eine Fütterungsanpassung (kein hartes Futter!) eine Druckentlastung erfolgt. Dasselbe gilt für retrogrades Zahnwachstum. 

Voraussetzung ist ein rechtzeitiger Therapiebeginn, ehe die Zahnstruktur irreparabel geschädigt ist. Regelmäßige Kontrollen, die eine Beurteilung der Zahnkronen und -wurzeln einschließen, sollten selbstverständlich sein: Auf die Weise können die Zähne ggf. erneut eingeschliffen oder anderweitig therapiert werden.

Eitrig entzündete Zahnwurzeln und Kieferabszesse erfordern immer eine chirurgische Behandlung! Abszesse müssen mit ihrer Kapsel und allen beteiligten Zähnen entfernt werden. Anderenfalls bleibt ein Entzündungsherd zurück, der binnen kurzer Zeit zu neuerlichen Problemen führt. Abszesse können nicht durch Antibiotika und / oder entzündungshemmende Medikamente therapiert werden!

Die Prognose für eitrige Zahnwurzelentzündungen ist umso schlechter, je später der chirurgische Eingriff erfolgt: Eiter schädigt das Knochengewebe und breitet sich mit der Zeit auf die Nachbarzähne aus; Abszesse nehmen immer mehr an Größe zu, wodurch der Eingriff immer schwerwiegender und komplizierter wird.

Leider kommt es regelmäßig vor, dass schwere Zahnerkrankungen sehr lange nicht festgestellt oder nicht vernünftig behandelt werden. Ab einem bestimmten Punkt kann dem Kaninchen nicht mehr geholfen werden: Beispielsweise, wenn sich die Kieferknochen bereits großflächig in Auflösung befinden, die Entzündungsherde bis in die Kiefergelenke ziehen oder ein Abszess die Atemwege des Kaninchens komplett verlegt. 

In diesen Fällen hat das retrograde Zahnwachstum bereits zu so gravierenden Schäden geführt, dass diese nicht mehr behoben werden können. Dann ist allenfalls noch eine palliative Therapie möglich, aber auf kurz oder lang eine Euthanasie notwendig.

Zahnlose Kaninchen benötigen lebenslang eine geeignete Breinahrung. Ein hoher Gehalt grober Rohfaser ist dabei unerlässlich, um ihre Verdauung gesundzuerhalten. 

Damit die Partnertiere nicht mitfressen, empfiehlt es sich, das zahnlose Kaninchen vom Tierarzt chippen zu lassen und ihm mit einer elektronischen Katzenklappe einen Bereich zum Fressen abzutrennen: Nur das Tier, dessen Mikrochip in der Katzenklappe eingespeichert wird, kann hindurch. Alternativ gibt es chipgesteuerte Futterautomaten; allerdings gelingt es intelligenten Partnertieren oftmals, "mitzufressen".

Weniger…

Prophylaxe bei Zahnerkrankungen

Achten Sie gut auf etwaige Symptome einer Zahnproblematik. Bei Unsicherheiten schafft eine tierärztliche Untersuchung Klarheit über den Zustand des Gebisses und hilft, Probleme bereits im Anfangsstadium zu entdecken, sodass eine erfolgsversprechende Therapie möglich ist.

Genetisch bedingte Zahnfehlstellungen
  • Adoption von ausgewachsenen Tierschutztieren
  • gute Beobachtung der Kaninchen und wöchentliche Check-Ups
Mehr…

Das Risiko, Kaninchen mit einer angeborenen Zahnfehlstellung aufzunehmen, ist am geringsten, wenn Sie ausgewachsene Tiere von einer seriösen Notstation oder einem Kaninchenschutzverein adoptieren. Hier sind eventuelle Gesundheitsprobleme bereits bekannt und werden Ihnen von vornherein mitgeteilt.

Auch, wenn Sie sich junge Kaninchen anschaffen möchten, sollten Sie sich an o.g. Organisationen oder das Tierheim wenden: Dort werden die Tiere in aller Regel artgerecht gefüttert, wodurch das Risiko erworbenener Zahnfehlstellungen vergleichsweise gering ist.

Allerdings werden viele Zahnprobleme auch erst zum Ende der Wachstumsphase oder noch später ersichtlich, sodass ein gewisses Restrisiko bleibt. Besondere Vorsicht geboten ist bei sehr kleinwüchsigen, kurzköpfigen Kaninchen, bei Widdern sowie bei Tieren, bei deren Mutter oder Vater eine Zahnfehlstellung bekannt ist. Bei Satinkaninchen müssen Sie in jedem Fall damit rechnen, früher oder später mit schweren Zahnerkrankungen konfrontiert zu werden.

Kaufen Sie grundsätzlich keine Kaninchen von Züchtern oder sonstigen Vermehrern, in Zooläden oder Baumärkten.

Damit unterstützen Sie in aller Regel tierquälerische Haltungsbedingungen - beim Züchter / Vermehrer dienen den Kaninchen meist winzige Boxen als "Lebensraum", die Einzelhaltung von Rammlern und häufig auch eine zu frühe Abgabe der Tiere (vor der 12. Lebenswoche) sowie eine ungesunde Ernährung (Pellets, weizenhaltige Futtermischungen, kein oder kaum Grünfutter).

Tiere, die in Zooläden oder Baumärkten verkauft werden, stammen häufig aus Tierfabriken, die an die klassische Massentierhaltung erinnern: Von den katastrophalen hygienischen Bedingungen ganz zu schweigen, leben die Kaninchen, Nagetiere, Vögel usw. hier auf engsten Raum zusammengepfercht; in der Folge kommt es zu gegenseitigen Bissverletzungen, die nicht behandelt werden und zum qualvollen Tod einzelner Tiere führen. 

Den überlebenden Tieren wird ein oft langwieriger Transport zum "Empfänger" zugemutet, wiederum auf engstem Raum und häufig ohne ausreichend Futter und Wasser. Nachdem diese schockierenden Zustände im Jahre 2015 ans Licht der Öffentlichkeit kamen, haben sich die meisten Baumarktketten bereits aus dem Verkauf lebender Tiere zurückgezogen.

Generell ist es moralisch sehr fragwürdig, gezielte Tiervermehrung durch einen Kauf zu unterstützen, solange die Tierheime und Notstationen deutschlandweit aus allen Nähten platzen - jedes gezielt in die Welt gesetzte Tier nimmt einem bereits vorhandenen die Chance auf ein neues Zuhause.

Letztlich werden Ihnen eventuelle Vorerkrankungen eines Tieres von Zoohändlern sowie Züchtern und anderen Vermehrern häufig verschwiegen, da für diese Personen der finanzielle Gewinn durch den Verkauf im Vordergrund steht und nicht - wie bei Tierschutzorganisationen - ein tierschutzgerechtes Zuhause bei einem gut informierten Besitzer. Wer eine große Anzahl Tiere zum Verkauf anbietet, übersieht darüber hinaus schnell, wenn eines davon Krankheitssymptome zeigt. Bei Tierschutzorganisationen steht hingegen das Wohl jedes einzelnen Tieres im Vordergrund.

Weniger…

Ernährungsbedingte & erworbene Zahnfehlstellungen
  • vielfältiges Grünfutter und weiches Heu rund um die Uhr
  • Verzicht auf harte Futterbrocken
  • Verzicht auf kalorienhaltiges, rohfaserarmes Futter
  • Sicherung der Vitamin-D-Versorgung bei Wohnungskaninchen
Mehr…

Generell ist eine gesunde Ernährung das A und O, um Zahnerkrankungen vorzubeugen oder – im Falle genetischer Ursachen – in Schach zu halten. 

Vielfältiges Grünfutter (= Blätter, Gräser, Kräuter, Zweige) rund um die Uhr, Heu als jederzeit verfügbare Notnahrung und der Verzicht auf ungeeignete Futtermittel (Körner, Brot, Milchprodukte usw.; ferner auch Gemüsechips, Pellets und Saaten) sind die beste Voraussetzung für ein gesundes Gebiss.

Reine Wohnungskaninchen, die gänzjährig keiner direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind, müssen zudem mit Vitamin D versorgt werden. Dies kann über die Nahrung, z. B. über sonnengetrocknetes Heu, oder eine UVB-Lampe erfolgen. Ein Vitamin-D-Mangel führt zu einem gestörten Kalziumstoffwechsel und kann dadurch Zahnerkrankungen verursachen.

Kaninchen, die nur während der Wintermonate in Innenhaltung leben, sind nicht gefährdet, da sie während der Sommermonate Vitamin D aufnehmen und dieses über mehrere Monate speichern können.

Weniger…