Kaninchenschnupfen-Erreger können nicht aus dem Körper eliminiert werden; d.h., selbst wenn eine Behandlung zum vollständigen Abklingen der Symptome führt, bleibt das Kaninchen latent (= verborgen) infiziert.
Dies liegt daran, dass sich v.a. der Erreger Pasteurella multocida unerreichbar in den Nasennebenhöhlen sowie den tiefer gelegenen Atemwegen abkapselt. Im Falle einer Immunsuppression (Stress, anderweitige Erkrankung, ...) sind also Rückfälle möglich.
Antibiotikum?
Bei nur milder Symptomatik sollte zunächst versucht werden, auf Antibiotika zu verzichten, um keine Resistenzbildung von Seiten des Erregers zu provozieren. Stattdessen sollte das Kaninchen symptomatisch behandelt werden und Medikamente zur Stärkung des Immunsystems (z.B. Zylexis, pflanzliche Medikamente) erhalten.
In schweren Fällen (mit eitrigem Ausfluss, Fieber, reduziertem Allgemeinbefinden, Blutbildveränderungen, Ohren- / Lungenentzündungen, ...) hingegen ist eine sofortige antiobiotische Behandlung anzusetzen. Bleibt der Therapieerfolg aus oder kommt es nach Abklingen der Symptome zu einem Rückfall, sollte ein Resistenztest eingeleitet werden. Auf die Weise kann gezielt ein besonders effektiver Wirkstoff eingesetzt werden.
Pro- und Präbiotika sind im Falle einer Antibiotikagabe anzuraten, um die gutartige Darmflora zu unterstützen.
Autovakzine
Im Falle multiresistenter Erreger oder einem anderweitig bedingten Ausbleiben des Therapieerfolgs besteht die Möglichkeit, eine Autovakzine zu entwickeln. Hierfür wird für das entsprechende Kaninchen ein individueller Impfstoff auf der Basis der beteiligten Erreger hergestellt.
Tränen-Nasen-Kanal-Spülung
Vereiterungen und Verlegungen des Tränen-Nasen-Kanals werden vom Tierarzt durch Spülungen beseitigt. Hierzu wird das Auge zunächst mit einem Tropfen, der ein Lokalanästhetikum enthält, betäubt. Anschließend wird unter behutsamem Zug am unteren Augenlid eine Knopfkanüle – d.h. einer Kanüle mit stumpfem “Kopf”, der Verletzungen vorbeugt – oder ein (natürlich nadelloser) Venenkatheter in den am nasalen Augebwinkel befindlichen Tränenpunkt eingeführt. Durch sanften Druck auf die aufgesetzte, mit physiologischer Kochsalzlösung (NaCl) gefüllte Spritze erfolgt die Durchspülung solange, bis anstelle des Eiters klare Flüssigkeit aus dem jeweiligen Nasenloch tritt.
Bei Kaninchen mit einseitig entzündetem Tränen-Nasen-Kanal sind in den meisten Fällen die Backenzähne ursächlich!
Es handelt sich i.d.R. um retrograd wachsende oder entzündete Zahnwurzeln. Diese sind durch einen Blick in die Maulhöhle oder nur ein einziges Röntgenbild mitunter nicht erkennbar! Eine relativ sichere diagnostische Maßnahme sind Röntgenaufnahmen in mindestens 2-3 Ebenen oder eine Computertomographie (s.o.). Gerade letzte eignet sich ideal, um das Ausmaß der Erkrankung zu beurteilen und alle beteiligten Zahnwurzeln sicher identifizieren zu können.
Ist ein Tränen-Nasen-Kanal trotz unauffälliger Zahnwurzeln verlegt, kann ein Fremdkörper verantwortlich sein. Durch eine Kontrastmittel-Spülung und anschließende Röntgenaufnahmen lässt sich die Engstelle sicher lokalisieren.
Nasenspülung?
Hierbei handelt es sich um eine sehr unangenehme, aber potenziell lebensrettende Maßnahme bei Schnupfenpatienten, die an schwerer Atemnot leiden. Kaninchen mit starkem Schnupfen atmen zunächst nicht durchs Maul, sondern versuchen krampfhaft, weiter durch die Nase zu atmen, und entwickeln Erstickungsängste, wenn dies nicht mehr richtig funktioniert. Sie können dabei so in Panik geraten, dass sie akut an Herzversagen versterben.
Bei solchen Patienten kann die Nasenspülung angewendet werden. Hierbei wird die Kochsalzlösung mit Hilfe einer nadellosen Einwegspritze mit Druck in die Nasenlöcher gespritzt, wodurch die Atemwege freigespült werden und das Tier sich beruhigt. Es wird grundsätzlich zuerst das weniger verstopfte Nasenloch gespült, damit der Patient sofort wieder ausreichend damit atmen kann. Der Kopf des Tieres muss während der Spülung nach unten gehalten werden, um zu vermeiden, dass die Flüssigkeit in die Lungen gerät.
Schleimlöser
Sogenannte Mukolytika (z.B. Bromhexin oder ACC) können zur Lösung der Sekrete hilfreich sein und auch die Spülungen erleichtern. Sie können Inhalationslösungen beigefügt oder anderweitig verabreicht werden.
Immunaufbau
Das Immunsystem erkrankter Kaninchen sollte unbedingt gestärkt werden. Dies kann tierärztlich durch die Injektion von Interferon / Paramunitätsinducer (z.B. den Impfstoff Zylexis - an Tag 1, Tag 3 und Tag 8) und daheim durch die Verabreichung pflanzlicher Medikamente erfolgen, ist aber darüber hinaus durch besonders hochwertige Ernährung (viele verschiedene frische Kräuter) und dadurch möglich, das Kaninchen bis zur Genesung unter durchgehend milden, gleichbleibenden Temperaturen und keinesfalls Zugluft oder Nässe auszusetzen.
D.h. im Freien Lebende Kaninchen sollten vorübergehend ins Haus geholt werden, sofern sie dadurch keinem extremen "Wärmeschock" ausgesetzt werden - während der Wintermonate ist unbedingt ein nur schwach bereizter Raum oder Dachboden zur Verfügung zu stellen. Anderenfalls schadet die plötzliche “Hitze” mehr, als sie nützt. Es muss mindestens ein Artgenosse beim Patienten bleiben, da Isolationshaltung den Genesungsprozess verzögert!
Entfernung von Verkrustungen
Verkrustete Augen- und Nasensekrete werden mit einem weichen, in lauwarmes Wasser getauchten Tuch vorsichtig aufgeweicht und abgelöst, um den Heilungsprozess zu beschleunigen und gegebenenfalls die Atmung zu erleichtern.
Inhalationen
Die Atmung kann mit Hilfe von Inhalationen erleichtert werden. Fürs Erste können dazu Wasseraufgüsse verwendet werden, der erzeugte Dampf hilft allerdings nur oberflächlich. Weitaus wirkungsvoller sind Ultraschallzerstäuber (z.B. zweckentfremdete Luftbefeuchter / Vernebler) oder spezielle Inhalationsgeräte für Kleintiere oder Kinder, da nur die dadurch erzeugten Aerosole tief in die Atemwege vordringen. Ein solches Gerät wird am besten mit NaCl (physiologischer Kochsalzlösung) gefüllt und vorzugsweise mit einem Schleimlöser (s.o.) angereichert.
Für eine einfache Wasserdampfinhalation bietet sich als "Inhalator" eine Schüssel oder breite Tasse an, die mit kochendem Wasser gefüllt wird. Diesem Aufguss beigefügt werden kann z.B. Thymianöl oder Kamillentee, welche eine wohltuende Wirkung auf die Atemwege haben.
Der Patient wird zum Inhalieren in eine Transportbox gesetzt, vor deren Tür der "Inhalator" gestellt wird. Anschließend wird beides mit einem großen Handtuch abgedeckt, sodass ein "Inhalationszelt" entsteht. Das Kaninchen sollte 1-2mal täglich für maximal 10 Minuten inhalieren. Es empfiehlt sich, es währenddessen in der Box zu füttern, damit es die Prozedur mit etwas Positivem verknüpft und nicht als zusätzlichen Stress empfindet. Außerdem veranlasst an der Boxentür positioniertes Futter es dazu, mit dem Kopf in Richtung Tür und somit dicht am Inhalator zu sitzen.
Sekretabsaugung
Mithilfe einer nadellosen Einwegspritze oder einem Schleimabsauger für Babys können locker sitzende Sekrete behutsam aus der Nase gezogen werden.
Infusionen
Sie sind immer hilfreich, um den Kreislauf kranker oder anderweitig geschwächter Tiere anzukurbeln. Zudem unterstützen sie die Schleimlöser in ihrer Wirksamkeit. Je schlechter das Allgemeinbefinden und der Appetit des Kaninchens sind, desto bedeutsamer sind Infusionen. Solange keine Untertemperatur vorliegt, müssen sie nicht intravenös (am "Tropf") verabreicht, sondern können auch unter die Haut gespritzt werden. Dies kann Ihnen der Tierarzt in der Praxis zeigen, damit Sie es im Anschluss bequem und stressarm zu Hause durchführen können.
Empfehlenswert sind 50-ml-Spritzen mit aufgesetztem Butterfly-Katheter; die kurze Nadel und der dahinter befindliche flexible Plastikschlauch minimieren das Verletzungsrisiko im Falle von Abwehrbewegungen. Hingegen sind unmittelbar auf einer Spritze befindliche Kanülen äußerst gefährlich, da das Kaninchen sich die Kanüle bei einem Fluchtversuch in den Körper rammen kann.
Wärmezufuhr
Viele Schnupfenpatienten bevorzugen Wärme. Bieten Sie Ihrem Tier daher eine Rotlichtlampe, Wärmeflasche oder -matte an, die es bei Bedarf aufsuchen kann. Rotlichtlampen müssen unbedingt so angebracht werden, dass die Kaninchen sich nicht daran verbrennen können.
Augenmedikation
Bei Bindehautenzündungen sollte eine Behandlung mit antibiotischen Augentropfen erfolgen. Sie müssen mindestens 3-4x täglich verabreicht werden - anderenfalls bleibt der notwendige Wirkspiegel nicht dauerhaft erhalten und kommt zur Resistenzbildung von Seiten der Bakterien! In Extremfällen kann sogar eine halbstündige bis stündliche Verabreichung ratsam sein. <
Im Falle einer Dakryozystitis - vereiterten Tränen-Nasen-Kanäle - sind ebenfalls antibiotische Augentropfen anzuwenden. Der Tierarzt kann siezusätzlich mit in seine Spülungen integrieren, auf diese Weise gelangen sie besonders effektiv zum Wirkungsort.
Augensalben sind für Kaninchen nur bedingt geeignet. Sie verkleben das umgebende Fell, werden mit den Vorderpfoten weggewischt und womöglich anschließend auch noch oral aufgenommen. Darüber hinaus werden sie oft schlecht vertragen und führen zu zusätzlichen Entzündungsprozessen im Augenbereich.
Zwangsfütterung
Frisst das Kaninchen nicht von selber - entweder aufgrund des schlechten Allgemeinzustandes oder des eingeschränkten Geschmacksinnes - , muss es mehrmals täglich mit einer Spritze gepäppelt werden, um lebensgefährlichen Aufgasungen vorzubeugen. Alle notwendigen Informationen zu diesem Thema finden Sie hier:
INFO: Päppeln / Zwangsfüttern