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Magendilatation beim Kaninchen

Magendilatation durch Stase (Darmträgheit) mit sekundärer Aufgasung des Blinddarms

Eine Magendilatation ("Magenvergrößerung") entsteht, wenn der Magen sich nicht oder nur eingeschränkt entleeren kann. Sie ist keine eigenständige Krankheit, sondern das Symptom bzw. die Folge einer Magenentleerungsstörung. Oft wird die Magendilatation fälschlicherweise als "Magenüberladung" bezeichnet.

Eine echte Magenüberladung kommt in der Realität selten vor, da sie nur entsteht, wenn das Kaninchen sich entweder "überfressen" oder große Mengen quellender Futtermittel aufgenommen hat. In diesem Fall ist der Magen zwar überfüllt, die Magenentleerung ist aber nicht gestört und erfolgt nach und nach von selber. Eine Magenüberladung kann beispielsweise durch die Aufnahme von Katzenklumpstreu entstehen oder wenn ein Kaninchen, das stundenlang kein Futter zur Verfügung hatte, sich heißhungrig mit Trockenfutter den Magen vollschlägt.


Ursachen für eine Magendilatation

Mögliche Ursachen für das Symptom der Magendilatation sind:
  • mechanischer Ileus (Darmverschluss)
  • paralytischer Ileus (Darmlähmung) 
  • gastrointestinale Stase (Darmträgheit)

Ausführliche Infos zu allen drei Krankheitsbildern finden Sie hier.

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Ein mechanischer Ileus (Darmverschluss) wird in den meisten Fällen durch Trichobezoare (Haarballen) verursacht: Die Haare, die beim Putzen des eigenen Fells oder der Partnertiere verschluckt werden, vermengen sich im Magen mit Futterbrei und bilden eine feste, unverdauliche Masse.  
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Symptome der Magendilatation

Mögliche Symptome einer Magendilatation sind:

  • Inappetenz (Appetitlosigkeit)
  • Apathie (Teilnahmslosigkeit)
  • gekrümmte Körperhaltung, Schmerzmimik
  • Ruhelosigkeit, ständiger Wechsel der Sitz- / Liegeposition
  • Kreislaufschwäche mit Untertemperatur
  • In fortgeschrittenem Stadium: erschwerte Atmung, Steh- und Gehunfähigkeit 
  • (sichtbar aufgetriebener Bauch)
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Eine Magendilatation ist nicht nur sehr schmerzhaft, sondern verursacht auch Übelkeit und eine Kreislaufschwäche. Betroffene Kaninchen zeigen ein stark reduziertes Allgemeinbefinden: Sie verweigern jegliches Futter und sitzen meist apathisch und zurückgezogen an einem Fleck. 

In den meisten Fällen haben die Kaninchen Untertemperatur (< 38-39° C). Gerade im Anfangsstadium kann die Temperatur auch noch im Normbereich sein; unter keinen Umständen verursacht eine "gewöhnliche" Magendilatation jedoch Fieber! In einem solchen Fall liegt eine untypische, gravierende Ursache vor (z. B. Blutvergiftung, hochgradige Blinddarminfektion, Darmabszesse, Bauchfellentzündung, RHD).

Auch deutliche Schmerzsymptome sind möglich. Dazu gehören Zähneknirschen, ein "Schmerzgesicht", eine gekrümmte Körperhaltung und teilweise Ruhelosigkeit, da die Tiere keine schmerzfreie Sitz- oder Liegeposition finden.

Bei einer fortgeschrittenen, hochgradigen Magendilatation entsteht ein starker Druck auf das Zwerchfell und die benachbarten Blutgefäße. Dadurch wird die Atmung erschwert, das Herz eingeengt und der Kreislauf massiv geschwächt. Betroffene Kaninchen sind oft nicht mehr stehfähig und knicken beim Versuch zu hoppeln mit der Hinterhand weg. Sie sind absolute Intensivpatienten!

Ein sichtbar aufgetriebener Bauch ist vor allem in schweren Fällen und bei sehr schlanken Tieren ein mögliches Symptom.

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Diagnostik bei Magendilatation

  • Palpation (Abtasten)
  • Röntgendiagnostik
  • Urinuntersuchung
  • Blutuntersuchung

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Abtasten

Bei einer starken Magendilatation ist der Leib eines (schlanken) Kaninchens sichtbar aufgetrieben. Dies ist allerdings auch bei einer Blinddarm-Aufgasung der Fall.

Ein auf Kaninchen spezialisierter Tierarzt kann oftmals ertasten, ob der Magen oder der Blinddarm vergrößert ist. Oftmals ist jedoch beides der Fall, da eine Magenentleerungsstörung sekundär zu einer Entgleisung der Darmflora führen kann. Auch die Konsistenz des Mageninhalts (teigig, gasig, verflüssigt) liefert bereits erste Hinweise. Bei fettleibigen Kaninchen sind die Möglichkeiten eines Tastbefundes stark eingeschränkt.


Röntgen

Eine sichere, objektive Diagnose und eine Verlaufskontrolle sind nur mittels Röntgendiagnostik möglich. Dabei sollten immer zwei Ebenen aufgenommen werden - es sei denn, der Kreislauf oder die Atmung des Kaninchens sind so massiv beeinträchtigt, dass auf eine Rückenlage zunächst verzichtet werden muss.

Folgende Merkmale deuten auf einen vergrößerten Magen hin (Achtung - nicht alle davon müssen zutreffen!):

  • Der Magen ist größer als 1/3 des sogenannten verfügbaren Bauchraums (Bauchraum abzüglich Bauchfett)
  • Der Magen berührt die ventrale (untere) Bauchwand
  • Der Magen entwickelt eine Spiegeleiform.

Die Urinuntersuchung mittels Harnstick hilft vor allem bei der Beurteilung der Kreislauflage (ein pH unter 7-8 deutet auf eine schwere Stoffwechselentgleisung hin).


Blutuntersuchung

Eine Blutuntersuchung liefert wichtige Hinweise auf die Ursache für die Magendilatation: Ein erhöhter, steigender Glukosewert deutet auf einen bestehenden Ileus hin; ein gleichbleibender oder sinkender Glukosewert auf eine Stase oder einen Ileus in Auflösung. Weiterhin von Bedeutung sind vor allem die Nierenwerte, da Kaninchen mit einer Kreislaufschwäche häufig eine akute Niereninsuffizienz entwickeln. Das weiße Blutbild dient der Abklärung einer Sepsis sowie infektiöser Ursachen.

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Therapie der Magendilatation

Die Therapie erfolgt einerseits symptomatisch, andererseits ursächlich:

  • Geeignetes Schmerzmittel (z. B. Novaminsulfon® - KEIN Meloxicam!)
  • Prokinetikum (Hemmung der Übelkeit und Stimulans der Magen-Darm-Motorik, z. B. Emeprid®, MCP®)
  • Antiemetikum (Hemmung der Übelkeit)
  • Abführmittel (i.d.R. Laktulose, z. B. Laxatract®, Laxulon®)
  • Antitympanikum (erleichtert Gasausscheidung, z. B.  Simeticon Dechra®,  Sab Simplex®)
  • (intravenöse) Infusionen
  • Catosal® (zur Stabilisierung des Stoffwechsels)
  • Wärmezufuhr
  • Magenschleimhautschutz, z. B. Sucrabest®
  • ggf. Sauerstoffzufuhr
  • ggf. Antibiose
  • bei mechanischem Ileus ggf. Operation
  • bei Stase / paralytischem Ileus vorsichtige Zwangsfütterung

Ausführliche Informationen dazu finden Sie im Artikel Ileus und Stase.



Prognose bei Magendilatation

Die Prognose ist abhängig vom Schweregrad, der Ursache und der "Qualität der Therapie". Letztere wird von vielen nicht-spezialisierten Tierärzten (oft im Notdienst) leider völlig mangelhaft durchgeführt. Dies führt in vielen Fällen dazu, dass betroffene Kaninchen versterben.

Es ist von größter Bedeutung, die Ursache für die Magendilatation mit einer gezielten Diagnostik nachzuweisen und gezielt zu behandeln. Wird die Magenentleerung beispielsweise durch einen Darmverschluss beeinträchtigt, darf das Kaninchen keinesfalls zwangsgefüttert werden, ehe dieser Verschluss beseitigt wurde!

Liegt hingegen eine Stase oder eine Darmlähmung vor, ist eine engmaschige, vorsichtige (! Kleine, flüssig angerührte Mengen!) Zwangsfütterung lebensrettend.

Sind Atmung und Stehfähigkeit bereits beeinträchtigt, ist die Prognose immer vorsichtig. Diese Kaninchen sind absolute Intensivpatienten, die stationär aufgenommen, intravenös infundiert und engmaschig mit Medikamenten versorgt werden müssen!