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Leiden Einzelkaninchen wirklich?

Shugi" & "Cookie" - Bild von Diana Zelding

Besitzer einzeln gehaltener Kaninchen bezweifeln häufig, dass ihr Tier leide. Meist argumentieren sie damit, dass ihr Tier munter, aktiv und gesund sei, gut fresse, Streicheleinheiten genieße und vielleicht sogar schon sehr alt sei.

Dass viele Einzelkaninchen nicht offensichtlich leiden, liegt an dem Instinkt fast aller Beutetiere, Unwohlsein bestmöglich zu verbergen. Letzteres ist auch der Grund dafür, weshalb Erkrankungen vom Laien oft erst im fortgeschrittenen Stadium erkannt werden.

Als Fluchttier darf ein Kaninchen in der Wildnis keine Schwäche zeigen - anderenfalls würde es von Räubern sofort als leichte Beute erkannt und bevorzugt gejagt. Demzufolge können Interesse an der Umwelt, ein gesunder Appetit und Anhänglichkeit nie ein Beweis dafür sein, dass sich ein Kaninchen wohl fühlt.

Am wenigsten Sinn ergibt die Aussage, ein unglückliches Tier könne kein hohes Alter erreichen. Ebenso wie einsame Menschen können selbstverständlich auch einsame Tiere alt werden.

Es gibt in erster Linie fünf wesentliche Punkte, die deutlich zeigen, dass allein lebende Kaninchen einem dauerhaften psychischen Leidensdruck ausgesetzt sind:

  • Instinkt: Dass Wildkaninchen in Gruppen leben, kann einzig und allein dadurch funktionieren, dass ihr Bedürfnis nach arteigener Gesellschaft tief in ihren Genen verankert ist. Als direkte Nachfahren der Wildkaninchen teilen unsere Hauskaninchen ihre Eigenschaften, Verhaltensweisen und Bedürfnisse - somit also auch das Bedürfnis nach Sozialkontakt.

  • Sozialverhalten von Hauskaninchen: Alle in Gruppen lebende Kaninchen suchen regelmäßig den (Körper-)Kontakt zu ihren Artgenossen. Kein Tier sitzt freiwillig (d.h. sofern es von den anderen nicht systematisch ausgegrenzt wird - was in manchen Gruppen leider vorkommt) immer allein herum und möchte von den anderen nichts wissen. Damit zeigt ein Kaninchen, dem man diese Möglichkeit gewährt, völlig unmissverständlich, wie wichtig ihm der Sozialkontakt ist.

  • Stresspegel im Vergleich: Als Gruppentiere fühlen sich Kaninchen nur dann sicher und geborgen, wenn sich Artgenossen in ihrer Nähe aufhalten - denn mehrere Nasen, Augen- und Ohrenpaare wittern nun einmal mehr als eines. Studien haben ergeben, dass der Stresspegel von Tieren, die gemeinsam mit einem Artgenossen eine neue Umgebung erkunden, etwa zehnmal (!) so schnell sinkt wie der von "auf sich allein gestellten" Tieren. Dazu passt auch die Beobachtung, dass einzeln gehaltene Kaninchen sich v.a. während der Eingewöhnungsphase deutlich zurückhaltener und eingeschüchterter verhalten als solche, die sich durch einen Partner "den Rücken stärken" lassen und jeden Schritt gemeinsam wagen dürfen.

  • Ausbleiben von Verhaltensstörungen: Einzeln gehaltene Kaninchen entwickeln regelmäßig Verhaltensstörungen wie z.B. Bissigkeit. Bei Gruppentieren, die auch ansonsten tiergerecht gehalten werden, ist dies praktisch nie der Fall.

  • Veränderungen nach einer Vergesellschaftung: Einzeltiere, die vergesellschaftet werden, verändern sich nahezu immer zum Positiven: Oft blühen sie regelrecht auf. Die meisten Besitzer sind überrascht, wie aktiv und aufgeweckt ihr zuvor so ruhiges Kaninchen sich plötzlich verhält und wie sehr es den Kontakt zu seinem neuen Artgenossen genießt.


Aus diesen Beobachtungen und Überlegungen lässt sich schlussfolgern, dass einem Kaninchen grundsätzlich ein elementarer Wohlfühlfaktor fehlt, wenn es ohne Artgenossen leben muss - nicht anders als einem Menschen in Einzelhaft.