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Kastration von Häsinnen und Rammlern


Kastration bedeutet Tierschutz

Einige Tierbesitzer tun sich mit der Kastration ihrer Schützlinge schwer: Dürfen wir derart "in die Natur eingreifen"? Ist das Narkoserisiko nicht zu hoch? Nehmen wir unseren Tieren nicht "etwas weg"?

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Die Frage, ob sich Tierschutz und Kastration widersprechen, lässt sich bei näherer Betrachtung klar verneinen, im Gegenteil: Grundsätzlich bedeutet Kastration aktiven Tierschutz. Warum, ist im Grunde logisch: So gern wir es vielleicht würden, können wir unseren Tieren nicht die Möglichkeit geben, ihrem Fortpflanzungsdrang uneingeschränkt nachzugehen – auch, wenn das natürlich am artgerechtesten wäre. Die Tierpopulation würde binnen kürzester Zeit explodieren und die dem Individuum zustehenden Ressourcen sich zunehmend verringern.

Überlegen wir uns, wie die Natur das Problem der unkontrollierten Fortpflanzung im Griff hat – oder eher, weshalb sich viele Tiere überhaupt über die Jahrmillionen so entwickelt haben, dass sie zu starker Vermehrung neigen: Einerseits sterben Wilddtiere in der Regel erheblich früher als Haustiere, da sie, besonders im fortgeschrittenen Alter, Krankheiten und Verletzungen hilflos ausgesetzt sind.

Pflanzenfresser stellen zusätzlich die Nahrungsquelle für eine Reihe von Räubern dar. Würde einer Beutetierart die Zeugung zahlreicher Nachkommen nicht “in den Genen stecken”, wäre sie binnen kürzester Zeit ausgestorben.

Das Wort ”natürlich” beinhaltet also neben seinen positiven auch eine Reihe an negativen Faktoren, denn würden wir ein Tier tatsächlich wie in der Natur halten wollen, dürften wir es weder impfen noch bestehende gesundheitliche Probleme behandeln, noch es gegen das “Gefressenwerden” schützen.

Es versteht sich von selbst, dass wir uns für unsere Haustiere nur die positiven Aspekte eines artgerechten Lebens wünschen. Und in diesem Fall benötigen wir eine adäquate Lösung für die Probleme, die in der Natur auf weniger positive Weise gelöst werden: unter anderem die Unfruchtbarmachung.

Eine Einzelhaltung ist keine akzeptable Alternative: Das Bedürfnis nach Sexualität kann man einem Tier nehmen, nicht jedoch das Bedürfnis nach Gesellschaft. Im Gegensatz zu einzeln gehaltenen Kaninchen können kastrierte Tiere also problemlos ein glückliches Leben führen.

Fälschlicherweise werden die Begriffe Kastration und Sterilisation immer wieder synonym gebraucht oder den Geschlechtern “zugeordnet.” Korrekt ist: Die Sterilisation ist ein Eingriff, der Männchen und Weibchen durch das Abbinden von Samen- bzw. Eileitern lediglich unfruchtbar macht, die Produktion der Sexualhormone bleibt jedoch bestehen. Da dies beim Tier unsinnig ist und zu hormonell bedingten Verhaltens- und Gesundheitsproblemen führt, wird der Eingriff hierzulande grundsätzlich nicht durchgeführt.

Bei der Kastration werden die Keimdrüsen entfernt (beim Rammler die Hoden, bei der Häsin die Eierstöcke; zwecks Krebsprophylaxe in der Regel auch die Gebärmutter) und führt dadurch nicht nur zur Unfruchtbarkeit, sondern auch zur Ausschaltung des Sexualtriebs.

Kastrierten Tieren ist der Verlust ihres Triebes nicht bewusst; sie “erinnern” sich nicht daran, “wie es früher war”. Daher leiden sie im Gegensatz zum Menschen keineswegs unter den Folgen des Eingriffs - und im Gegensatz zu sterilisierten oder intakten Tieren, die entweder aufgrund fehlender gegengeschlechtlicher Artgenossen ihrem noch vollständig vorhandenen Sexualtrieb nicht nachgehen können oder aber – im Falle von Häsinnen – trotz ständiger “Versuche” keine Jungtiere bekommen.

Unkastrierte Häsinnen werden regelmäßig scheinträchtig: Bereits die Berührung ihres Rückens durch einen Artgenossen oder Menschen löst bei ihnen den Eisprung aus. Obwohl die Befruchtung ausbleibt, verhält sich der Organismus wie bei einer echten Trächtigkeit. Durch wiederholte Scheinträchtigkeiten steht der Körper unter hormonellem Dauerstress, der bei einem Großteil der Häsinnen dazu führt, dass sich die Gebärmutter im Laufe der Jahre krankhaft vergrößert und früher oder später bösartige Tumore entstehen.

Die Kastration sorgt bei Häsin und Rammler dafür, dass keine Sexualhormone mehr produziert werden. Dadurch werden die Tiere von ihrem nicht erfüllbaren Sexualtrieb befreit, leben stressfreier und verhalten sich auch gegenüber gleichgeschlechtlichen Artgenossen in der Regel friedlich. 

Zugleich ist die Fortpflanzung unter Kontrolle, was anders ohne natürliche Feinde oder eine tierschutzwidrige Einzelhaltung unmöglich wäre. Die Häsinnenkastration leistet den wertvollen Dienst der Gebärmutter- und Mammatumorprophylaxe. 

Die Kastration ist daher ein unerlässlicher Bestandteil des aktiven Tierschutzes und medizinisch betrachtet eine sehr sinnvolle Vorsorgemaßnahme.

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Warum müssen Rammler kastriert werden und wie läuft die Rammlerkastration ab?

Die Kastration von Rammlern ist nicht nur notwendig, um innergeschlechtlichen, meist sehr gefährlichen Rangordnungskämpfen vorzubeugen sowie kastrierte und dementsprechend unwillige Häsinnen vor  “Belästigungen” zu schützen – bei der Wohnungshaltung ist sie meist auch unentbehrlich, um das Harnspritzen zu vermeiden, denn mit dem Verschwinden der Sexualhormone lässt auch der Drang nach, das eigene Revier zu markieren.

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Bei unkastrierten Tieren ist er hingegen meist so stark, dass selbst Kaninchen, die üblicherweise ihre Toilette aufsuchen, zwecks Markierung eine “Ausnahme” machen. Kaninchenurin riecht sehr penetrant und lässt sich nur schwer wieder aus Möbeln oder Böden entfernen.

Rammlerkastrationen erfolgen in einer kurzen Vollnarkose. Sie gehören heutzutage zu den Routineeingriffen in der Tierarztpraxis und verlaufen in aller Regel schnell und unkompliziert, da kein Bauchschnitt erforderlich ist, sondern lediglich die Hoden entfernt werden.

Der Rammler erhält für einige Tage ein Schmerzmittel; ein Antibiotikum ist grundsätzlich nicht erforderlich. Daheim angekommen, sollte das Kaninchen für fünf bis sieben Tage auf einem sauberen Untergrund ohne kleinere Partikel bleiben, um die Gefahr einer Wundinfektion zu minimieren. Gut geeignet sind z. B. Zeitungspapier, Krankenunterlagen und weiches Heu. Erde,  Sägespäne etc. können hingegen an der Wunde kleben bleiben, während Stroh- und festere Heuhalme mitunter hineinstechen.

Grundsätzlich können Rammler in jedem Alter kastriert werden. Auch bei älteren Tieren ist die Angst vor einer Narkose keine Rechtfertigung für eine Einzelhaltung! Eine Einzelhaltung ist für das Kaninchen erheblich belastender als ein einmaliger kleiner chirurgischer Eingriff.

Wenn möglich, lassen Sie Ihre Rammler jedoch frühkastrieren, d.h. noch vor dem Einsetzen der Geschlechtsreife: Die Sexualhormone werden dadurch gar nicht erst produziert und die Kastrationsquarantäne entfällt; das heißt, das kastrierte Tier darf unmittelbar nach dem Eingriff wieder zu seinen weiblichen Mitbewohnern. Die Frühkastration ist ab einem Körpergewicht von 300 g bis spätestens zur 10.-12. Lebenswoche möglich - hier gibt es rassebedingte und individuelle Schwankungen.

Böckchen hingegen, bei denen der Eintritt der Geschlechtsreife bereits erfolgt ist, sind auch nach der Kastration vorübergehend noch zeugungsfähig und können unkastrierte Häsinnen decken. Die bisher geltende Empfehlung einer 6-wöchigen Kastrationsfrist wird allerdings zunehmend angezweifelt: Auch, wenn Rammler bereits zwei Wochen nach der Kastration wieder zu ihrer Partnerin gesetzt werden, ist in aller Regel keine Trächtigkeit mehr zu erwarten - und den Tieren bleibt eine mehrwöchige Isolationshaltung erspart.  Wer hundertprozentig auf Nummer sicher gehen möchte, hält sich jedoch an die sechs Wochen.

Rammler, die ausschließlich mit kastrierten Häsinnen und / oder anderen Rammlern zusammenleben, dürfen und sollten unmittelbar nach der Kastration wieder in ihre Gruppe.

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Häsinnenkastration: Ist die Kastration von Häsinnen empfehlenswert und wie läuft sie ab?

Während die Kastration weiblicher Kaninchen und Nagetiere noch vor wenigen Jahren völlig unüblich war, gehört sie heute zu den Routinemaßnahmen vieler Tierärzte. Grund dafür ist einerseits der medizinische Fortschritt (sowohl bezüglich sicherer Kaninchennarkosen als auch aktueller Kenntnisse über die Zusammenhänge zwischen Scheinträchtigkeiten und Krebserkrankungen); andererseits die zunehmende Sensibilität für das Wohlbefinden unserer Heimtiere.

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In der Vergangenheit galt die Häsinnenkastration als ein unnötiges Risiko – immerhin wurden Kaninchen meist entweder allein gehalten (falls mehrere Häsinnen angeschafft wurden, die sich eines Tages nicht mehr verstanden, trennte man sie eben) oder man ließ einfach nur das Böckchen kastrieren.

Glücklicherweise setzt sich heute zunehmend die Erkenntnis durch, dass eine Häsinnenkastration in vielen Fällen sehr sinnvoll und, sofern sie von einem kaninchenerfahrenen Tierarzt durchgeführt wird, auch relativ ungefährlich ist. 

Viele intakte Häsinnen leiden sichtlich unter dem fehlenden Sexualpartner: Der Frust äußert sich in regelrechten Stimmungsschwankungen – immer wieder treten über Tage und Wochen hinweg Phasen auf, in denen die Tiere einfach keine Ruhe zu finden scheinen und ohne erkennbaren Grund ihre weiblichen Artgenossen attackieren. Teilweise tritt dieses Verhalten auch dauerhaft auf; die „Launen“ der Häsin schlagen dann im Stundenrhythmus um.

In den meisten Fällen treten zusätzlich zum „zickigen“ Verhalten regelmäßige Scheinträchtigkeiten auf, in denen die Zitzen der Häsin anschwellen, Muttermilch gebildet wird und ein Nest gebaut wird, als sei tatsächlich eine Befruchtung erfolgt. Der dauerhafte hormonelle Stress bedeutet ein hohes Risiko für die Häsin, im mittleren bis hohen Alter bösartige Gebärmutter- und Mammaleistentumore zu entwickeln.

Die Kastration beugt Krebserkrankungen vor und lässt die Häsin entspannter, ausgeglichener und friedfertiger gegenüber anderen Kaninchen werden. Es versteht sich von selbst, dass man keine „charakterlichen Wunder“ erwarten darf – aus Kaninchen, die sich nie sonderlich mochten, werden durch eine Kastration nicht automatisch Freunde. In den meisten Fällen lassen die Aggressionen jedoch deutlich nach.

Bevor Sie sich für eine Kastration entscheiden, sollten Sie sich von einem kaninchenerfahrenen (!) Tierarzt beraten lassen. Dieser wird in der Regel auch eine gründliche Voruntersuchung der Häsin durchführen. Einige grundsätzliche Fragen können Sie sich bereits im Voraus stellen. Je öfter Sie mit "Ja" antworten, desto ratsamer ist eine Kastration:

  • Macht die Häsin einen gesunden und munteren Eindruck?
  • Ist sie normalgewichtig?
  • Sind organische Erkrankungen (i. B. Herz-, Leber- oder Nierenbeschwerden) ausgeschlossen?
  • Ist sie jünger als fünf Jahre?
  • Wird sie regelmäßig scheinträchtig?
  • Wirkt sie launisch und unausgeglichen?
  • Macht sie phasenweise einen nervösen und ruhelosen Eindruck, obwohl alle Artgenossen sich ihr gegenüber weitgehend friedlich verhalten?
  • Reagiert sie übermäßig aggressiv auf weibliche Artgenossen?
  • Wurde bereits eine vergrößerte Gebärmutter diagnostiziert?

Generell sollte vor der Kastration der Brustkorb in 3 Ebenen geröngt werden: linksanliegend, rechtsanliegend und auf dem Rücken liegend. Noch genauer ist eine Computertomographie (CT). Die bildgebende Diagnostik ist umso wichtiger, je älter die Häsin und je auffälliger die Gebärmutter bereits ist: Bösartige Tumore streuen häufig in die Lungen; sind hier bereits Metastasen zu sehen, sollte der Häsin grundsätzlich keine Operation mehr zugemutet werden, sondern nur noch eine palliative Therapie erfolgen.

Wie vor jeder Narkose empfiehlt sich auch vor der Kastration eine Blutuntersuchung, um sicherzustellen, dass das Tier narkosefähig ist und um die Narkose gegebenenfalls individuell anzupassen.


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