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Nierenerkrankungen bei Kaninchen

Die Niereninsuffizienz bezeichnet eine verminderte Arbeitsleistung der Niere. Es kommen verschiedene Ursachen in Frage.

Die chronische Niereninsuffizienz tritt v.a. bei EC-positiven Kaninchen mittleren bis höheren Alters häufig auf und wird oft erst im späten Stadium erkannt. Auch plötzliche Todesfälle, die erst in der Pathologie auf ein Nierenversagen zurückgeführt werden, sind keine Seltenheit, da die Symptome oftmals schwer erkennbar sind oder einer anderen Problematik zugeschrieben werden.


Physiologische Hintergründe

Die Niereninsuffizienz hat unter anderem zur Folge, dass das Blut nicht mehr in ausreichendem Maße gefiltert wird. Dadurch reichern sich körpereigene Abfallstoffe, welche natürlicherweise über den Urin ausgeschieden werden - die sogenannten harnpflichtigen Substanzen (Kreatinin, Harnstoff, Harnsäure) - im Blut an.

Unterschieden werden die akute und die chronische Niereninsuffizienz.

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Ist die Arbeitsleistung der Niere vermindert, kommt es zu einer beeinträchtigten Filtrations- und Resorptionsleistung. Das bedeutet: Blutbestandteile, die von der gesunden Niere gezielt im Körper zurückbehalten oder nach der Filtration wieder rückresorbiert werden, werden stattdessen mit dem Harn ausgeschieden und sind somit vermehrt im Urin nachweisbar. Hierzu gehören Proteine bzw. Natrium und Wasser.

Ein Nierenpatient verliert dadurch zunächst große Mengen an Flüssigkeit. Ein Symptom der chronischen Niereninsuffizienz ist daher ein sehr wässriger, schwach konzentrierter Urin (vom Tierarzt feststellbar).

Bei einem kompletten Nierenversagen hingegen wird überhaupt kein Harn mehr produziert. Die Flüssigkeit verbleibt im Körper und staut sich aus den Blutgefäßen ins umliegende Gewebe zurück. Mögliche Folge sind Ödeme; insbesondere das Lungenödem, welches zum Erstickungstod führen kann. Zu diesem Krankheitsbild kommt es sowohl bei einer hochgradigen akuten Niereninsuffizienz als auch im Endstadium der chronischen Niereninsuffizienz.

Die akute Niereninsuffizienz ist oft gut therapierbar, sofern sie rechtzeitig erkannt wird. Die chronische Niereninsuffizienz hingegen ist ein fortschreitender Prozess, der allerdings durch geeignete Therapiemaßnahmen und eine naturnahe Fütterung signifikant verzögert werden kann.

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Ursachen der akuten Niereninsuffizienz (ANI) beim Kaninchen

  • Harnröhrenverlegung
  • bakterielle Infektion, z. B. durch unbehandelte Blasenentzündung
  • Vergiftung
  • Sepsis (Blutvergiftung)
  • Harnleiterverlegung (einseitig)
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Harnröhrenverlegung

Eine Harnröhrenverlegung kommt fast ausschließlich bei Rammlern vor (die im Vergleich zu Häsinnen viel längere Harnröhre "verstopft" erheblich leichter). Sie wird durch Grieß oder Steine verursacht und führt dazu, dass das Kaninchen keinen Urin mehr absetzen kann und sich dieser in die Nieren zurückstaut. Sie ist mit gravierenden Schmerzen verbunden und ein absoluter Notfall!

Meist werden Blasengrieß- und -steine durch eine zu trockene Ernährung, v.a. in Kombination mit dem Verfüttern von Kalziumkonzentraten (Trockenkräuter, Trockengemüse, Kräuterpellets, Kalklecksteine, ...), verursacht. 

Auch mangelnde Bewegung (z.B. durch regelmäßiges Einsperren in einen Käfig oder Stall, Fettleibigkeit, Gleichgewichtsprobleme, Schmerzen im Bewegungsapparat u.v.m.) begünstigt, dass der Grieß nicht aufgeschwemmt und beim Urinabsatz ausgeschieden wird, sondern sich der Schwerkraft nach unterhalb der Harnröhrenöffnung in der Blase ansammelt und immer weiter anstaut.


Bakterielle Infektion

Eine bakterielle Entzündung der Niere tritt bei längerfristig unbehandelten Infekten auf, v.a. chronischen bakteriellen Blasenentzündungen. Die Bakterien wandern dabei von der Blase in die Nieren empor.

Aber auch "nierenferne" Infektionsherde können ursächlich sein, z. B. im Falle von Zahnwurzel- oder Ohrenentzündungen, Kaninchenschnupfen usw.: Durch sogenannte Erregerstreuung gelangen die Keime über den Blutstrom in weiter entfernte Organe und siedeln sich dort an.


Vergiftung

Vergiftungen, die akute Niereninsuffizienzen zur Folge haben, treten eher selten auf - z.B. im Falle einer Medikamentenüberdosis. Auch die Aufnahme toxischer Substanzen stellt eine mögliche Ursache dar.


Harnleiterverlegung

Eine (oft unerkannte) chronische Niereninsuffizienz kann zur Folge haben, dass in dem nicht mehr intakten, vernarbten Nierengewebe Engstellen entstehen, in denen sich das Kalzium aus dem Blut anlagern kann.

Eine zu trockene Ernährung beschleunigt das Voranschreiten der Kalzifizierung: Da das Kaninchen nur wenig Harn produziert, kann im Blut befindliches Kalzium sich deutlich einfacher in den vernarbten Arealen ansammeln.

Nicht nur die Nieren selbst, sondern auch die Harnleiter können dadurch "verstopfen". Ein verlegter Harnleiter blockiert den Abfluss des Harns aus dem Nierenbecken in die Blase. Stattdessen staut er sich zurück ins Nierenbecken und in die Nieren selber. Dies geschieht selten bei beiden Nieren gleichzeitig, sodass die zweite Niere meist noch (eine Zeitlang) weiterarbeitet, weiterhin Harn abgesetzt werden kann und keine akute Lebensgefahr besteht. 

Jedoch können Harnleitersteine so massiv schmerzhaft sein, dass das betroffene Tier apathisch ist und die Futteraufnahme einstellt. Somit liegt auch hier immer ein dringender Notfall vor!

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Ursachen der chronischen Niereninsuffizienz (CNI)

  • Enzephalitozoonose
  • Nephrolithiasis (= Nierenverkalkung)
  • chronische bakterielle Infektion
  • Alterserscheinung
  • Tumor (renal oder durch Leukose)
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Enzephalitozoonose

Eine Infektion mit dem Einzeller Enzephalitozoon Cuniculi ist beim Kaninchen der häufigste Auslösern der chronischen Niereninsuffizienz. Sie wird zwangsläufig von neurologischen Ausfällen oder anderweitigen "E. cuniculi-typischen Symptomen" begleitet, sondern tritt häufig isoliert auf und führt auch bei Kaninchen im jüngeren Alter gelegentlich zu plötzlichen Todesfällen, da die Tiere zuvor kaum Symptome aufweisen.

INFO: Enzephalitozoonose


Kalzinosen

Kalzinosen in Form von Nierengrieß oder -steinen kommen in einer gesunden Niere und bei einer artgerechten Fütterung mit reichlich Grünfutter nicht vor. Dies liegt daran, dass überschüssiges Kalzium vom Kaninchen von Natur aus über die Nieren ausgeschieden wird; ein trüber, "kreidiger" Urin ist demzufolge physiologisch und unproblematisch.

Festsetzen können sich Kalziumkristalle im Nierengewebe nur dann, wenn der Durchfluss behindert wird

Dies ist entweder der Fall, wenn das Kaninchen zu trocken ernährt wird und daher zu wenig Harn produziert, sodass das Kalzium nicht direkt wieder ausgespült werden kann; oder aber im Falle einer bereits vorhandenen (oft unbemerkten!) Nierenschädigung - in den meisten Fällen durch eine Ansiedelung des Erregers E. cuniculi oder eine chronische bakterielle Infektion. Geschädigtes Nierengewebe vernarbt und bildet Engstellen; zudem entstehen Entzündungsmediatoren, die die Zusammenlagerung der Kristalle und somit die Steinbildung fördern.

Hierdurch entsteht ein Teufelskreis, denn die angelagerten Steine führen zu einer sogenannten "Druckatrophie", d. h. sie üben Druck auf noch intaktes Nierengewebe aus und schädigen es dadurch. 


Hohes Alter

Manche Tiere entwickeln im Alter ohne ersichtlichen Grund chronische Niereninsuffizienzen. Auch diese müssen selbstverständlich behandelt werden, um eine gute Lebensqualität aufrechtzuerhalten. 

Das Alter ist als mögliche Ursache immer eine Ausschlussdiagnose: Anzeichen einer Nierenerkrankung müssen in jedem Fall diagnostisch aufgearbeitet werden. Keinesfalls sollte man sie blindlings dem Alter zuschreiben!


Bakterielle Infektion

Unerkannte oder unbehandelte Blasenentzündungen können dazu führen, dass die Bakterien über die Harnleiter in die Nieren empor wandern und diese schädigen. Auch im Falle von Zahnerkrankungen, Schnupfen- und Ohreninfektionen im fortgeschrittenen Stadium können Bakterienherde in die Blutbahn geraten und "streuen", sich also in verschiedene Organe wie z.B. die Nieren verbreiten.


Tumore

Auch eine Tumorbildung kann zur Zerstörung von Nierengewebe führen und entsprechende Symptome hervorrufen. Es handelt sich in der Regel um bösartige Geschwulste, z.B. das renale Karzinom oder multiple Tumorherde im Rahmen einer Leukose.

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Symptomatik der akuten Niereninsuffizienz beim Kaninchen

  • Apathie (= Teilnahmslosigkeit(
  • Anorexie (= Appetitlosigkeit)
  • bei komplettem Nierenversagen ausbleibender Urinabsatz
  • evtl. allgemeine Schmerzsymptome
  • evtl. neurologische Symptome
  • Schwäche, Müdigkeit
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Eine akute Niereninsuffizienz tritt plötzlich auf und ist mit einem hochgradig gestörten Allgemeinbefinden verbunden. Sie ist immer ein dringender Notfall!

Das Tier ist dabei schwach und apathisch und zeigt keinen Appetit, auch neurologische Symptome und deutliche Schmerzsymptome sind möglich. Um sein Leben zu retten, sind umgehend Infusionen und (im Falle einer bakteriellen Ursache) Antibiotika notwendig. Im Falle einer Harnröhrenverlegung, durch die sich der Urin bis in die Nieren zurückstaut, ist eine massiv überfüllte Harnblase zu ertasten und der Urinabsatz bleibt aus.

Bei schnellem Eingreifen ist eine völlige Ausheilung der akuten Niereninsuffizienz möglich; anderenfalls können, sofern das Tier trotz später Behandlung überlebt, chronische Nierenschädem zurückbleiben.

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Symptomatik der chronischen Niereninsuffizienz (CNI) beim Kaninchen

  • Gewichtsverlust
  • struppiges, glanzloses Fell
  • "altes", "eingefallenes" Aussehen
  • Exsikkose (=Austrocknung)
  • evtl. Unsauberkeit
  • evtl. Diarrhoe (= Durchfall)
  • evtl. Schwäche, Müdigkeit
  • evtl. Apathie (= Teilnahmslosigkeit)
  • evtl. Anorexie (= Appetitlosigkeit)
  • evtl. Polydipsie (= vvermehrter Durst)
  • evtl. Polyurie (= vermehrter Urinabsatz)
  • evtl. Pododermatitis (= entzündete Fußsohlen)
  • evtl. Uringeruch aus dem Mäulchen
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Das typische Bild des chronisch nierenkranken Tieres besteht aus einem schleichenden Gewichtsverlust bis zur Kachexie (= Abmagerung), einem struppigen, glanzlosen Fell, einem eingefallen wirkenden Körper infolge von Muskelschwund, Exsikkose (= Austrocknung), im späteren Verlauf ausgedehnten Müdigkeitsphasen und schließlich zu einem gering- bis hochgradig gestörten Allgemeinbefinden, welches mit Apathie (=Teilnahmslosigkeit) und Anorexie (=Appetitlosigkeit) einhergeht.

Ebenfalls möglich, oft aber nicht feststellbar sind vermehrter Durst (Polydipsie) in Folge eines vermehrten Harnverlusts (Polyurie). Leider werden diese Symptome gerade bei Tieren, die artgerecht mit reichlich Grünfutter ernährt werden, häufig nicht bemerkt, da sie erstens sowieso schon große Mengen Urin absetzen - besonders in größeren Gruppen ist kaum feststellbar, ob eines der Tiere mehr Harn als sonst absetzt - , und zweitens so viel Flüssigkeit mit der Nahrung aufnehmen, dass sie trotz der Erkrankung keinen deutlich gesteigerten Durst zeigen.

Gelegentlich fällt ein vermehrter Harnabsatz dadurch auf, dass stubenreine Tiere plötzlich unsauber werden oder sich "einnässen".

Eine Pododermatitis (Fußsohlenentzündung) ist häufig bei chronisch kranken und / oder abgemagerten Tieren sowie bei Kaninchen, die sich "einnässen", zu beobachten. Dabei kommt es zu Rötungen und Krustenbildung an den Hinterfußsohlen.

Unter Umständen ist bei betroffenen Tieren ein Uringeruch aus dem Maul wahrnehmbar, da der Körper den Harnstoff zusätzlich über die Schleimhäute auszuscheiden versucht. Diese sogenannte Urämie (= Harnvergiftung des Blutes) wiederum kann zur Maulschleimhautentzündung (Gastritis) führen.

Leider kommt es erst im weit fortgeschrittenen Krankheitsstadium zu deutlichen Symptomen: Niereninsuffizienzen von weniger als 70 % werden durch eine erhöhte Arbeitsleistung der noch intakten Nierenkörperchen kompensiert: Selbst eine komplett zerstörte Niere führt klinisch und bluttechnisch zu keinerlei Auffälligkeiten, solange die zweite Niere noch weitestgehend gesund ist.

Durch ihre verstärkte Beanspruchung gehen auch die noch intakten Nierenzellen nach und nach zugrunde, d.h. die Erkrankung schreitet permanent fort.

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Diagnostik bei Niereninsuffizienz

  • Palpation (= Abtasten) als Erstmaßnahme
  • Röntgendiagnostik
  • Ultraschalldiagnostik
  • Blutuntersuchung
  • Harnuntersuchung
  • Ausscheidungsurographie
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Palpation

Einen ersten Hinweis auf eine chronische Niereninsuffizienz kann auch die Palpation (Abtasten) geben. So deuten Verhärtungen im Nierenbereich darauf hin, dass Nierengewebe zerstört und durch Bindegewebe ersetzt wurde. "Schrumpfnieren" sind Anzeichen weit fortgeschrittener degenerativer Prozesse, also eines chronischen Krankheitsgeschehens. Auch ein deutlicher Größenunterschied zwischen beiden Nieren lässt sich ertasten. Vergrößerte oder unförmige Nieren deuten auf Umfangsvermehrungen (Tumore) hin. Gerade in frühen Krankheitsstadien sind Veränderungen durch Abtasten aber oft nicht feststellbar.

Durch Palpation des Bauches lässt sich außerdem der Füllungszustand der Blase ermitteln. Eine hochgradig überfüllte Blase kann darauf hindeuten, dass die Harnröhre des Kaninchens verlegt ist, es also keinen Urin absetzen kann. In der Folge staut sich der Harn in die Nieren zurück und führt dadurch zu einer akuten Niereninsuffizienz

Um ein Einreißen der Blasenwände zu vermeiden und dem Tier schnelle Erleichterung zu verschaffen, kann zunächst mit einer Kanüle durch die Bauchdecke in die Blase gestochen und Urin abgezogen werden (sog. Zystozentese). Bei Rammlern kann evtl. auch ein Harnröhrenkatheter geschoben werden, sodass der verlegende Stein /  Grieß in die Blase zurückverlagert wird und der Patient wieder Urin absetzen kann.


Röntgen

Mittels Röntgendiagnostik (immer in mindestens 2 Ebenen!) können sowohl der Füllungszustand der Blase als auch mögliche Kalzinosen (Verkalkungen) hervorragend festgestellt werden. Teilweise grenzen sich auch die Nieren gut vom umliegenden Gewebe ab, sodass ihre Form und Größe beurteilt werden kann. Eventuelle Auffälligkeiten müssen aber immer durch weitere Diagnostik (Blutwerte, Ultraschall) bestätigt werden.

Ein Harnröhrenstein muss umgehend operativ entfernt werden, um das Leben des Tieres zu retten!


Ultraschall

Frühere Erkrankungsstadien der chronischen Niereninsuffizienz lassen sich gelegentlich durch Ultraschalldiagnostik nachweisen: Im Ultraschall lassen sich die Struktur des Gewebes, das Verhältnis der Nierenrinde zum Nierenmark und der Blutfluss darstellen. 


Blutuntersuchung

Sind die Nieren bereits zu mehr als ca. 70% geschädigt, lassen sich per Blutuntersuchung gleichermaßen erhöhte Kreatinin- und Harnstoffwerte messen: Beispielsweise sind beide Werte doppelt der dreimal so hoch wie ihr oberer Referenzwert.

Kreatinin und Harnstoff, die sogenannten "harnpflichtigen Substanzen", werden von gesunden Nieren aus dem Blut gefiltert. Eine verminderte Arbeitsleistung der Nieren führt zu ihrer Anreicherung im Blut, es entwickelt sich eine Urämie (= Harnvergiftung).

Achtung: Ist lediglich der Harnstoff-, nicht jedoch der Kreatininwert erhöht, ist dies nicht auf ein chronisches Nierenproblem zurückzuführen!  Die häufigsten Ursachen für diese Veränderungen sind Dehydratation (Austrocknung) und Blutungen in den Magen-Darm-Trakt. Ferner kommen Blutungen in die Leber und eine Harnblasenruptur infrage.

Ein dezent erhöhter Kreatininwert in Kombination mit einem deutlich erhöhten Harnstoffwert kann auf eine beginnende akute Niereninsuffizienz hindeuten, da der Kreatininwert hierbei etwas später ansteigt als der Harnstoffwert.

Ist der Harnstoff im Normbereich und der Kreatininwert erhöht, kommt vor allem ein Muskelschaden als Ursache infrage.  

Im Blutbild lassen sich auch bakterielle Infektionen erkennen, nämlich wenn eine sogenannte Pseudoinksverschiebung vorliegt - d.h. es sind prozentual mehr neutrophile Granulozyten als Lymphozyten vorhanden (im Normalfall ist das Verhältnis andersherum). Eine Pseudolinksverschiebung ist auch dann krankhaft, wenn beide Werte im Referenzbereich liegen!

Eine chronische Niereninsuffizienz führt im fortgeschrittenen Stadium weiterhin zu einem verminderten Hämatokrit (Anämie), da die Nieren das für die Blutbildung benötigte Erythropoetin bilden, zu einer Verschiebung der Elektrolyte (zu niedrige Natriumwerte sowie zu hohe Kalium- und Kalziumwerte) und zu einem verminderten Albumingehalt.

Bei Albumin handelt es sich um ein relativ großes Protein, das in der Leber gebildet und bei der Harnproduktion im Blut behalten wird. Eine verminderte Konzentration im Blut deutet oft auf ein Leber- oder Nierenproblem hin: Geht das Albumin über die Nieren "verloren", entwickelt sich dementsprechend ein Mangel im Blut. Bestätigt werden lässt sich der Verdacht mit einer Urinuntersuchung.


Urinuntersuchung

Urinuntersuchen helfen bei der Beurteilung über das Ausmaß der Erkrankung. So ist eine per Teststreifen erkennbare Proteinurie (= Eiweiß im Urin) grundsätzlich krankhaft, da sie auf einen Verlust von Albumin über die Nieren hindeutet. Eine sehr leichte Proteinurie ("+") ist beim Kaninchen physiologisch; ein Ergebnis von "++" oder mehr jedoch nicht.

Die mikroskopische Untersuchung eines Harnsediments gibt Aufschluss darüber, welche Zellarten an der Proteinurie beteiligt sind (Nieren-, Rund-, Platten- oder Übergangsepithelien), wodurch eine Lokalisation der Erkrankung erfolgen kann. Auch verschiedene Kristalle können per Mikroskopie eines Harnsedimentes nachgewiesen werden.

Ein positives Nitritfeld deutet auf das Vorhandensein von Bakterien hin. Gerade bei aufgefangenem / ausgedrücktem (und somit nicht sterilem) Urin ist ein positives Ergebnis jedoch nicht beweisend für eine Harnwegsinfektion. Zur Bestätigung sollte steriler Urin direkt aus der Blase entnommen werden (Zystozentese).

Ein positives Leukozytenfeld zeigt einen entzündlichen Prozess an. Dieser muss nicht zwangsläufig infektiös bedingt sein, sondern kann z. B. auch durch Blasengrieß zustande kommen, da die Kristalle die Blasenwände mechanisch reizen. Zur weiteren Abklärung kommen Röntgen- oder Utraschalldiagnostik sowie Harnsedimentuntersuchungen aus Zystozentese-Harn zum Einsatz.

Ein Urin-pH-Wert von weniger als 8 deutet auf eine Übersäuerung (Azidose) des Körpers und somit eine Stoffwechselentgleisung hin. Auch dies ist oft im Zusammenhang mit einer beeinträchtigten Nierenfunktion zu bebóbachten. 

Das urinspezifische Gewicht (USG) ist auf dem Teststreifen wenig aussagekräftig und sollte immer mit einem sogenannten Refraktometer bestimmt werden. Artgerecht (mit reichlich Grünfutter) ernährte, gesunde Kaninchen haben meist einen USG-Wert zwischen 1016 und 1020. Deutlich höhere Werte (um 1030) können auf eine vermehrte Ausscheidung von Kristallen, Proteinen und Bakterien, aber auch eine Dehydratation hindeuten. Bei deutlich erniedrigten Werten (um 1005) ist davon auszugehen, dass die Rückresorptionsmechanismen der Nieren gestört sind und folglich große Mengen Flüssigkeit über den Harn verloren gehen.

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Therapie

  • Infusionen
  • bei Harnröhrenverlegung evtl. Zystozentese
  • Fenbendazol bei positivem EC-Titer
  • Antibiose bei bakterieller Infektion
  • OP bei Blasenstein oder Tumor
  • SUC
  • Animation zum Trinken
  • ggf. Ernährungsanpassung
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Infusionen

Neben der Bekämpfung der Ursache ist der wichtigste Bestandteil einer erfolgsversprechenden Therapie die Infusion. Diese sollten Sie nach tierärztlicher Anleitung regelmäßig zu Hause durchführen. Dabei wird dem Kaninchen sterile Infusionslösung an der seitlichen Brust- / Bauchwand unter die Haut gespritzt.

Empfehlenswert ist eine Menge von mindestens 50 ml / kg alle 1-3 Tage oder 100 ml / kg alle 2-4 Tage. Geringere Dosierungen haben meist keinen merklichen Effekt, da sie gegenüber der Flüssigkeitsaufnahme über die Nahrung kaum ins Gewicht fallen. Die Menge und Intervalle der Infusionen müssen immer an den individuellen Patienten angepasst werden, indem das Krankheitsstadium berücksichtigt wird und die Blutwerte anfangs engmaschig kontrolliert werden.

Ist das Kaninchen in einem sehr schlechten Zustand, kann es notwendig sein, dass der Tierarzt es stationär aufnimmt und intravenös, also direkt in die Vene, infundiert, bis per Blutuntersuchung eine deutliche Besserung zu erkennen ist. 

Subkutane (= unter die Haut verabreichte) Infusionen hingegen können und sollten Sie nach tierärztlicher Anleitung künftig zu Hause durchführen, um die Nierenfunktion zu unterstützen, ohne das Kaninchen dabei dem Stress eines Tierarztbesuches auszusetzen.


Fenbendazol

E.C.-positive Kaninchen mit chronischer Niereninsuffizienz sollten mit Fenbendazol behandelt werden, da die Vermutung naheliegt, dass sich der Erreger im Nierengewebe manifestiert hat und für die Schädigungen verantwortlich ist. Durch das Medikament wird die Erregerdichte eingedämmt und das weitere Fortschreiten der Erkrankung gehemmt. Ist nicht bekannt, ob das Kaninchen ein E.C.-Träger ist, sollte eine Blutserum-Untersuchung auf Antikörper eingeleitet werden.


Antibiose

Liefert das Harn- oder Blutergebnis den Verdacht auf eine bakterielle Ursache, muss eine sofortige Antibiotika-Therapie erfolgen, die vorzugsweise mit der Gabe eines Präbiotikums kombiniert wird, um die Darmflora zu schützen.


Chirurgischer Eingriff

Ein Blasenstein muss operativ entfernt werden; es sei denn, er ist so klein, dass er durch die Harnröhre passt und auf natürlichem Weg ausgeschieden werden kann. Eine OP ist auch bei einem soliden Nierentumor möglich, allerdings sollte zuvor per Röntgen- und Ultraschalldiagnostik geprüft werden, ob in der zweiten Niere oder in anderen Organen bereits Metastasen oder leukosebedingte knotige Veränderungen zu finden sind. In diesem Fall sollte dem Kaninchen keine Operation mehr zugemutet werden. 

Eine durch Nierensteine funktionsunfähige Niere kann ebenfalls operativ entfernt werden, wenn sie dem Kaninchen Schmerzen bereitet. Einzelne Nierensteine können auch entfernt werden, ohne das komplette Organ zu entnehmen. Allerdings wird das Nierengewebe durch den Anschnitt zwangsläufig mehr oder weniger stark geschädigt.

Vor der Entfernung eines Nierensteins oder einer kalzifizierten Niere sollte immer geprüft werden, ob die zweite Niere überhaupt noch intakt ist und die Funktion der ersten übernehmen kann (Ultraschall, Ausscheidungsurographie).


SUC

Bei SUC handelt es sich um eine Kombination dreier homöopathischer Medikamente (Solidago compositum, Ubichinon compositum und Coenzyme Compositum), welche die Nierenfunktion unterstützen sollen. Die Wirksamkeit ist medizinisch nicht nachgewiesen, viele Tierärzte berichten jedoch von positiven Erfahrungen. Die Medikamente können über die regelmäßigen Infusionen gegeben oder separat gespritzt werden.

Bei Nierenpatienten ist eine naturnahe Ernährung mit einem reichlichen Grünfutterangebot rund um die Uhr von besonders großer Bedeutung, um die Flüssigkeitszufuhr zu erhöhen.


Animation zum Trinken

Zusätzlich können Sie das Kaninchen zum Trinken animieren, z. B. indem Sie das Wasser 1:1 mit Karotten- oder Fruchtsaft verdünnen und zusätzlich zum Trinkwasser anbieten. Viele Kaninchen schlabbern den verdünnten Saft mit Leidenschaft. Auch ungesüßter Tee trifft den Geschmack einiger Kaninchen.

Vermehrtes Trinken ersetzt jedoch keinesfalls die regelmäßigen Infusionen, da die aufgenommene Flüssigkeitsmenge viel geringer ist als die empfohlenen Infusionsmengen.  


Ernährungsanpassung

Nierenkranke Kaninchen, die ihr Gewicht nicht halten, sollten zusätzlich zum gewohnten Futter kalorienhaltige Kost erhalten. Generell eignen sich hierfür besonders Wurzel- und Knollengemüse, die Sie zusätzlich zu rohfaserreichem Frischfutter (Blätter, Kräuter, Gräser, Zweige, ...) rund um die Uhr anbieten können. Sollte der Patient dennoch weiter abnehmen, können Sie ihm zusätzlich kleine Mengen "Energiebomben" wie Hafer- oder Kokosflocken oder Erdnusskerne abieten (etwa 2-3x täglich 1 Esslöffel). 

Auf ausgesprochen harte Futtermittel wie Erbsenflocken, Mandeln, Gemüsechips etc. sollte hingegen verzichtet werden, da sie Zahnerkrankungen fördern - und nierenkranke Kaninchen Narkosen und Operationen besonders schlecht vertragen!

Da ein erhöhter Energiegehalt der Nahrung zwangsläufig mit einer geringeren Wasserkonzentration einhergeht, muss die mit den Infusionen erfolgende Flüssigkeitszufuhr gegebenenfalls erhöht werden.

Im Falle einer Nephrokalzinose dürfen keinerlei Kalziumkonzentrate gefüttert werden. D.h. insbesondere Trockenkräuter, Kräuterheu und Trockengemüse sowie sämtliche Mischfuttersorten, Minerallecksteine, Pellets und Leckerlis aus dem Zooladen müssen konsequent vom Speiseplan gestrichen werden. Auch bei gesunden Kaninchen sind diese Futtermittel nicht empfehlenswert.

Vermeintlich kalziumreiche Frischfuttersoren (z.B. Löwenzahn, Kohlrabiblätter, ...) sind grundsätzlich kein Problem, da gleichzeitig mit dem Kalzium auch so viel Flüssigkeit aufgenommen wird, dass das Kalzium sich gar nicht in den Harnwegen anlagern kann. Sie sollten nicht vom Speiseplan gestrichen werden, um die Fütterung nicht unnötig einseitig zu gestalten. 

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Prophylaxe

  • regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen
  • Infusionstherapie bei Enzephalitozoonose-Ausbrüchen
  • flüssigkeitsreiche Ernährung ohne Kalziumkonzentrate
  • zügige Behandlung von bakteriellen Infektionen
  • bei chronischer Niereninsuffizienz Medikamentenwahl beachten!
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Bei jedem Kaninchen sollte bekannt sein, ob es Träger des Infektionserregers Encephalitozoon cuniculi ist (
mehr Info). Nur so kann einerseits organischen Schäden und akuten Ausbrüchen vorgebeugt werden und andererseits die Ansteckung gesunder Tiere vermieden werden! Falls noch nicht geschehen, sollten Sie bei mindestens einem Ihrer Kaninchen eine Blutuntersuchung auf Antikörper vornehmen lassen. In der Regel ist entweder die ganze Gruppe EC-positiv oder EC-negativ; zumindest, wenn die Tiere schon länger zusammenleben.

Bei EC-positiven sowie bei älteren Kaninchen sind halbjährliche Blutuntersuchungen zu empfehlen, um Nierenerkrankungen frühzeitig zu erkennen. Bei Auffälligkeiten sind zusätzlich halbjährliche Ultraschalluntersuchungen sinnvoll: Sie sind völlig unschädlich und ermöglicht dem Tierarzt die genaue Beurteilung des Gewebes, die Vermessung des Mark-Nieren-Verhältnisses sowie der Gesamtgröße der Nieren.

Nierenkranke Kaninchen sollten häufiger kontrolliert werden, um die Therapie entsprechend anpassen zu können. Wie oft eine Überprüfung notwendig ist, liegt im Ermessen Ihres Tierarztes.

Kaninchen mit einem akuten Enzephalitozoonose-Ausbruch sollten unbedingt auch vorbeugend gegen Nierenerkrankungen behandelt werden, indem sie über mehrere Tage bis Wochen (je nach Ausmaß und Dauer des Ausbruchs) Infusionen erhalten. 

Dadurch kann vermieden werden, dass der Erreger sich in den Nieren manifestiert, oder, falls er dies bereits getan hat, er dort weitere Schäden anrichtet. Kaninchen, bei denen eine chronische Enzephalitozoonose vermutet oder nachgewiesen wird, sollten immer auch auf eine Niereninsuffizienz kontrolliert werden.

Ein Kaninchen, bei dem der Verdacht auf eine Blasenentzündung besteht (z.B. da es sich verkühlt hat, plötzlich unsauber ist, sich "einnässt", aufgekrümmt sitzt oder hoppelt, häufig presst und dabei keinen oder nur tropfenweise, vielleicht sogar blutigen Urin absetzt), gehört taggleich zum Tierarzt und, sofern eine Urinprobe und ein Ultraschall die Blasenuntersuchung bestätigen, ggf. antibiotisch behandelt - ehe die Erreger in die Nieren aufsteigen.

Auch anderweitige bakterielle Infektionen wie z.B. Zahnwurzelentzündungen, Ohrenentzündungen oder der Ansteckende Kaninchenschnupfen müssen zügig antibiotisch therapiert werden, um zu verhindern, dass sich die Erreger über die Blutbahn in andere Organe verteilen können.

Im Falle einer chronischen Niereninsuffizienz darf das Kaninchen keine oder nur gering dosierte Medikamente erhalten, welche über die Nieren ausgeschieden werden (z.B. entzündungshemmende Schmerzmittel wie Meloxicam, Narkosemedikamente, Antibiotika, ...). 

Insbesondere Meloxicam stellt ein hohes Risiko dar, da er die Nierendurchblutung vermindert und die bereits geschädigten Organe dadurch zusätzlich belastet.

Durch eine unbedachte Medikamentenwahl droht eine akute Niereninsuffizienz mit Todesfolge! 

EC-positive Kaninchen, die nierenbelastende Medikamente wie Meloxicam bekommen müssen, sollten während der Therapie prophylaktisch Infusionen erhalten. Diese können einmal täglich unter die Haut gespritzt werden: Dies können Sie nach tierärztlicher Anleitung zu Hause tun.

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