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Futtermittel-Check: Welches Kaninchenfutter ist gesund?

Checkliste: Woran erkenne ich gesunde Futtermittel?

In der Natur ernähren sich Kaninchen abhängig von der Jahreszeit hauptsächlich von Kräutern, Blättern, Gräsern, Wurzeln, Zweigen und Rinden, im Herbst oftmals ergänzt durch kleine Mengen Früchte und Getreide. Diese Nahrungsmittel besitzen in erster Linie vier Eigenschaften

  • hoher Gehalt an strukturierter Rohfaser
  • hoher Flüssigkeitsgehalt
  • geringer Energiegehalt
  • geringer Gehalt an Kohlenhydraten

Erfüllt ein Futtermittel diese Anforderungen, ist es ziemlich sicher ein gut geeignetes Kaninchenfutter.

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Gesunde Futtermittel, die alle vier Eigenschaften erfüllen, sind:

  • Gräser
  • Wiesenkräuter
  • Küchenkräuter
  • Gemüsegrün (z. B. Möhrengrün)
  • Blattgemüse (z. B. Salate, Kohlblätter, Blattkohl)
  • Laub- und Nadelzweige

Zu den mäßig gesunden Futtermittel gehören beispielsweise:

  • Heu -zu wenig Flüssigkeit
  • naturbelassenes "Struktur-Trockenfutter" - zu wenig Flüssigkeit
  • Wurzelgemüse (z. B. Karotten, Pastinaken) - zu kohlenhydrat- und energiereich
  • Obst - zu kohlenhydrat- und energiereich
  • getrocknete Blätter und Blüten - zu wenig Flüssigkeit

Nur in Ausnahmefällen (s. u.) geeignet sind z. B.:

  • Getreide im Spelz (bei Untergewicht)
  • Getreideflocken, weiche Saaten (bei Untergewicht)
  • getrocknete Kräuter - nur als Leckerli (massive Kalziumkonzentrate, können Blasengrieß verursachen)

Die folgenden Futtermittel sind gänzlich ungeeignet, da sie keine der Voraussetzungen erfüllen und / oder zusätzliche Risiken bergen:

  • Weizen, Roggen - Kaninchen sind glutenunverträglich
  • handelsübliche Pellets - die enthaltene Rohfaser ist oft fein zermahlen und schadet dem Darm
  • Körner, harte Saaten, Gemüsechips, Erbsenflocken - können Zahnfrakturen verursachen, fördern retrogrades Zahnwachstum / Kieferabszesse
  • Fertigmischfutter, Knabberstangen etc. - enthalten i. d. R. mehrere der hier aufgelisteten Komponenten
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Hintergrundwissen: die Natur zum Vorbild

Von Frühling bis Herbst ernähren sich Wildkaninchen fast ausschließlich von diversen unterschiedlichen Gräsern, Kräutern und grünen Zweigen.

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Anders als oft angenommen, sind Wildkaninchen nicht in erster Linie "Grasfresser", sondern Folivore - also Blattfresser. Auf einer artenereichen Wiese selektieren sie nicht etwa die Gräser, sondern futtern sich vor allem durch eine große Anzahl verschiedener Kräuter. Hinzu kommt eine große Auswahl grüner Zweige.

Im Winter dienen den Wildkaninchen nicht etwa Heu, Müsli und Karotten, sondern vor allem Äste, Wurzeln, Baumrinde und immergrüne Pflanzen als Nahrung. Das erklärt, weshalb auch unsere Hauskaninchen im Winter - ebenso wie im Sommer - Grünfutter und Zweige ad libitum zur Verfügung haben sollten.

Es gibt keine bessere Gesundheitsprophylaxe, als sich an der Ernährung des Wildkaninchens zu orientieren und auch unseren Heimtieren, wann immer es möglich ist, die Möglichkeit zu geben, sich an frischem Grün - sei es von der Wiese oder aus der Küche - und Zweigen sattzufressen.


Kaninchen, die täglich mit reichlich frischem Grünfutter ernährt werden, nehmen damit nicht nur alle erforderlichen Nährstoffe auf, sondern auch intakte Rohfaser. Diese hält die Zähne und den Verdauungstrakt gesund. Letztlich enthält Grünfutter sehr große Mengen an Flüssigkeit, welche Verstopfungen und Harnwegserkrankungen vorbeugt.

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Bedeutung der Rohfaser

Strukturierte Rohfaser ist zäh und muss ausführlich gemahlen werden, bis sie zerkleinert ist. Entsprechend ausgiebig ist der Zahn-auf-Zahn-Abrieb. Da Rohfaser energiearm ist, müssen von rohfaserreicher Nahrung außerdem große Mengen verzehrt werden, um satt zu werden - dementsprechend viel Zeit verbringen die Tiere mit Mahlen.

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Auch die Verdauungspassage, welche - anders als bei Fleisch- und Allesfressern - weniger durch Muskeltätigkeit als viel mehr durch nachfolgenden Nahrungsbrei aufrecht erhalten wird, kann nur gewährleistet werden, wenn das Kaninchen viele kleine Mahlzeiten täglich zu sich nimmt und seine Nahrung strukturierte Rohfaser beinhaltet.

Die Rohfaser setzt sich grundsätzlich aus groben und feineren Partikeln zusammen. Die groben, unverdaulichen Fasern werden zügig durch den Darm geschleust und kurbeln dadurch die Verdauung an; sie werden als gewöhnliche runde, trockene Köttel ausgeschieden ("Hartkot"). 

Nimmt ein Kaninchen zu wenig grobe Rohfaser zu sich (z.B. durch eine Ernährung mit Pellets, die nur fein zermahlene Rohfaser enthalten), kommt es zu einer Darmträgheit, d.h. der Nahrungsbrei wird zu langsam durch den Darm transportiert und kann zu gären beginnen, was in vielen Fällen lebensbedrohliche Aufgasungen zur Folge hat.

Die feineren Rohfaserparikel hingegen gelangen in den Blinddarm und dienen der dortigen Darmflora als Nahrungsgrundlage. Diese Darmflora ist für das Kaninchen überlebenswichtig, da sie essentielle Nährstoffe (u.a. Proteine und B-Vitamine) produziert. Diese werden als kleine, weiche, feucht glänzende und penetrant riechende "Perlen", den sogenannten "Blinddarmkot", ausgeschieden, den das Kaninchen direkt vom After wieder aufnimmt, um die enthaltenen Nährstoffe im zweiten Verdauungsdurchgang verwerten zu können.

Ein Absterben der Blinddarmbakterien würde außerdem dazu führen, dass sich an ihrer Stelle pathogene Keime vermehren können, welche Giftstoffe und Gase bilden. Dies kann innerhalb von Stunden lebensgefährlich werden, da die Kaninchen akut aufgasen, massive Durchfälle entwickeln und die Keime in die Blutbahn schließlich übertreten, wo sie eine Sepsis (Blutvergiftung) auslösen.

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Bedeutung des Flüssigkeitsgehaltes

Kaninchen decken ihren Flüssigkeitsbedarf vorwiegend über ihre Nahrung. Eine trockene Ernährung führt zwar dazu, dass sie den gröbsten Durst durch vermehrtes Trinken stillen - jedoch nehmen sie dabei nur einen Bruchteil der Flüssigkeit auf, den sie durch frischfutterreiche Fütterung konsumieren würden.

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Der Gedankengang "Bei trockener Fütterung wird der Flüssigkeitsmangel durch Trinken ausgeglichen" geht daher nicht auf.

Ein hoher Flüssigkeitsgehalt in der Nahrung ist nicht nur die beste Vorsorgemaßnahme gegen (oft lebensbedrohliche) Verstopfungen, sondern trägt auch entscheidend zur Gesunderhaltung der Harnwege bei: Da Kaninchen zu den Tieren gehören, die überschüssiges Kalzium nicht über den Darm, sondern über die Nieren ausscheiden, kommt es bei ihnen häufig zur Grieß- und Steinbildung in den Harnwegen. 

Enthält die Nahrung nun parallel zum Kalzium auch große Mengen an Flüssigkeit, verhindert dies, dass sich das Kalzium in den Harnwegen anlagern und dort die beschriebenen Krankheitsbilder auslösen kann. Letztlich neigen mit E. cuniculi infizierte Kaninchen (die rund 40 % aller Hauskaninchen ausmachen!) allgemein zu chronischen Niereninsuffizienzen. Eine stark flüssigkeitshaltige Nahrung stellt auch dagegen eine hervorrangende Prophylaxemöglichkeit dar.

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Probleme bei zu hoher Nährdichte

Eine zu kalorienhaltige Fütterung fördert nicht nur Übergewicht und alle damit verbundenen Folgeerkrankungen.

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Sie führt beim Kaninchen auch dadurch zu Problemen, dass sie zu einer schnellen und langanhaltenden Sättigung führt. Hierdurch wird der im Darm befindliche Nahrungsbrei zu langsam vorangeschoben und es kommt zu einer Darmträgheit.

Typische Folgen einer Darmträgheit sind Aufgasungen, Verstopfung, Bauchschmerzen und Inbalancen der Darmflora. Auch Krankheitsbilder wie Magenbezoare und Fettleber werden gefördert.

Je weniger Nahrungsvolumen das Kaninchen zu sich nimmt, desto weniger Zeit verbringt es mit Mahlen und desto weniger Zahnabrieb erfolgt. Dies führt auf Dauer zu einem Überwuchs der Zähne.

Ferner ist kalorienhaltige Kost meist arm an Rohfaser und gleichzeitig wird die rohfaserhaltige Kost tendentiell liegen gelassen, wenn die Tiere bereits anderweitig gesättigt sind. Auch hierdurch werden Darmträgkeiten und Zahnprobleme gefördert, zudem fehlt der lebensnotwendigen Darmflora die faserhaltige Nahrungsgrundlage.

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Probleme durch zu viele Kohlenhydrate

Die Blinddarmflora des Kaninchens ist auf einen hohen pH-Wert angewiesen, um zu überleben. Ein Übermaß an leicht verdaulichen Kohlenhydraten, wie z.B. Glukose (gezuckerte Nahrungsmittel), Fruktose (Obst) und Stärke (Getreide, Mehlprodukte, Banane), verschiebt den pH-Wert des Blinddarms in den sauren Bereich, wodurch die physiologischen Darmbakterien gestört werden. 

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Durchfall und Bauchschmerzen sind typische Folgen. Weiterhin wird die Vermehrung pathogener Keime gefördert, welche Giftstoffe und Gas produzieren und Entgleisungen der Darmflora und des Stoffwechsels verursachen können.

Kohlenhydrathaltige Futtermittel sollten daher immer nur in kleinen Mengen aus der Hand gefüttert werden. Wird Getreide angeboten (bei untergewichtigen Kaninchen oder als gelegentliche Nahrungsergänzung), sollte es grundsätzlich im Spelz gefüttert werden, da dieser reich an Rohfaser ist, welche die Verdauung wiederum positiv beeinflusst. Weizen und Roggen enthalten für Kaninchen unverträgliches Gluten und sollten nie gefüttert werden.

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Besonderheiten in der Winterfütterung

Im Winter wird es etwas kniffliger: Wer nicht den ganzen Tag mit der Suche nach Grünfutter verbringen möchte, muss neben Zweigen ersatzweise auf Blattgemüse, Gemüsegrün und Küchenkräuter zurückgreifen. 

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Während Wildkaninchen in der kalten Jahreszeit ihre Zeit damit verbringen, den spärlichen Pflanzenbewuchs unter der Schneedecke nach nahrhaften Trieben frostresistenter Pflanzen zu durchsuchen, Bäume zu benagen und nach Wurzeln zu graben, wird kaum ein Besitzer seine Kaninchen auf diese Weise durch den kompletten Winter bringen können. Mit verschiedenen Salatsorten (vorzugsweise Bittersalate), blättrigem Kohl, Gemüsegrün und verschiedenen Kräutern lassen sich dennoch vielfältige und vollwertige Rationen zusammenstellen.  

Ein wertvolles Winter-Futtermittel direkt aus der Natur sind Zweige, sowohl kahl als auch von immergrünen Bäumen (z.B. Tanne, Fichte, Kiefer - keinesfalls mit Eibe verwechseln!). Sie sollten rund um die Uhr zur freien Verfügung angeboten werden. In einem mit Wasser gefüllten Baumständer bleiben sie tagelang frisch.

Wer einen eigenen Garten oder Balkon oder viel Platz im Haus hat, kann auch gezielt immergrüne Futterpflanzen wie Bambus anbauen.

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Besonderheiten bei Untergewicht

Bei Kaninchen, die zu Untergewicht neigen (oftmals ältere oder chronisch kranke Tiere, gelegentlich auch Kaninchen in Winteraußenhaltung und sehr große Rassen), kann es erforderlich sein, den Energiegehalt in der Nahrung zu erhöhen.

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Bei leichtem Untergewicht hilft es meist schon, kleine Mengen Wurzel- und Knollengemüse zuzufüttern. Dies ist einer Getreidefütterung grundsätzlich vorzuziehen, um mehr Flüssigkeit und weniger Stärke zuzuführen.

Ist Wurzelgemüse als Energielieferant nicht ausreichend, können kleine Mengen (weiche) Getreideflocken oder Getreide im Spelz (außer Weizen und Roggen) zugefüttert werden. Hier sollte man sich langsam an die Menge herantasten, die notwendig ist, um das Idealgewicht zu halten.

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