Geeignete Diät-Kost
Die symptomatische Behandlung des Durchfalls erfolgt durch ein reichliches Angebot an frischem Grünfutter (d.h. Gräser, Blätter und Kräuter), gerne auch frischen Zweigen. Dies ist wichtig, um dem Kaninchen nicht nur strukturierte Rohfaser, sondern auch Flüssigkeit zuzuführen. Optimal wäre unbehandeltes Futter, z.B. Bio-Blattgemüse oder Kräuter von einer verwilderten Wiese.
Grünfuttersorten, die Sie wegen des hohen Proteingehaltes vorübergehend meiden sollten, sind Klee, Kohl und Jungpflanzen (im Frühjahr!).
Wie üblich sollte zusätzlich rund um die Uhr hochwertiges Grasheu zur Verfügung stehen, damit die Kaninchen jederzeit eine gut verträgliche Futter-Alternative haben, falls das Grünfutter einmal aufgefressen oder nicht mehr genießbar sein sollte. Kräuterheu hingegen ist - ebenso wie Trockenkräuter kontraindiziert, da der hohe Proteingehalt die Darmflora stören kann.
Vorübergehender Verzicht auf rohfaserarmes Futter
Auf rohfaserarme Futtermittel sollte bis zum Abklingen der Symptome komplett verzichtet werden, da sie für die bereits angeschlagene Darmflora eine zusätzliche Belastung darstellen würden. Hierzu gehören Wurzelgemüse und Obst sowie Erbsenflocken und ähnliche Leckereien, Saaten und Getreide. Fruchtzucker, Stärke, ein hoher Fett- und Proteingehalt beeinflussen die Darmflora generell negativ, können vom gesunden Kaninchen aber in kleinen Mengen problemlos verdaut werden. Bei einem bereits angeschlagenen Darm hingegen erschweren sie den Heilungsprozess.
Kompletter Verzicht auf schädliches Futter
Grundsätzlich ungeeignete Futtermittel können zu akuten, chronischen oder wiederkehrenden Durchfällen führen. Auch Kaninchen, die über einen so widerstandsfähigen Darm verfügen, dass sie diese Futtermittel scheinbar über viele Monate oder Jahre hinweg gut vertragen haben, entwickeln mit zunehmendem Alter meist Symptome. Diese können sich in Form von Aufgasungen, Magenüberladungen, Grünfutter-Unverträglichkeiten oder eben Durchfall äußern.
Zu den Futtermitteln, auf die ausnahmslos verzichtet werden sollte, gehören Fertigmischfutter, Pellets aus feinen Partikeln, Mehlprodukte, Joghurt- und anderweitige Milchprodukte sowie gekochte, aufgetaute, gewürzte oder gesalzene Nahrungsmittel.
Auch in kleinen Mengen, als gelegentliches Leckerli, als Appetitanreger oder zum Päppeln richten diese Futtermittel mehr Schaden als Nutzen an und lassen sich in jedem Fall durch unschädliche Futtermittel ersetzen.
Anders als oft empfohlen, müssen und sollten die o.g. Futtermittel nicht "langsam ausgeschlichen" werden, egal ob bei einem gesunden oder kranken Tier. Sie können sofort 1:1 durch ein gut verträgliches Trockenfutter ersetzt werden, z.B. eine Mischung aus getrockneten Stängeln, Blättern und Blüten.. Bei einem gesundes Kaninchen darf die Mischung außerdem sehr kleine Mengen Saaten, Haferflocken, Gemüsechips und glutenfreies Getreide im Spelz enthalten. Für den Darm ist dies keine abrupte Umstellung, da der Flüssigkeits- und Kaloriengehalt des Futters sich kaum verändert, sondern lediglich schädliche Komponenten durch gesündere ersetzt werden.
Das schonende Trockenfutter wird anschließend langsam ausgeschlichen und durch vermehrt durch Grünfutter ersetzt.
Bei einem Kaninchen mit Verdauungsbeschwerden muss vor der Gewöhnung an Grünfutter erst abgewartet werden, bis die Symptome komplett abgeklungen sind.
Keine Heu-Diät!
Keinesfalls sollten Sie ein Kaninchen, das an Grünfutter gewöhnt ist, auf eine Heu-Diät setzen! Damit würden Sie ihm nicht nur eine abrupte Futterumstellung zumuten, sondern ihm noch zusätzlich Flüssigkeit entziehen.
Abrupte Futterumstellungen sind auch beim gesunden Kaninchen in jedem Fall zu vermeiden. Sie sind umso schädlicher, wenn der Verdauungstrakt ohnehin bereits angeschlagen ist.
Besonders bei übergewichtigen Kaninchen sind Heu-Diäten lebensgefährlich, da sie mit einer Radikaldiät gleichzusetzen sind und der schnelle Gewichtsverlust zu einem Leberversagen führen kann.
Hinzu kommt, dass ein Durchfallpatient - egal ob Mensch oder Tier - große Mengen Flüssigkeit über den Darm verliert, was er über die Nahrung und reichliches Trinken wieder kompensieren muss. Da der Organismus des Kaninchens von Natur aus auf eine reichliche Flüssigkeitszufuhr mit der Nahrung ausgelegt sind, trinken die Tiere instinktiv wenig. Auch bei einer trockenen Fütterung stillen sie nur den gröbsten Durst über den Trinknapf, nehmen also nur einen Bruchteil der Flüssigkeit auf, die natürlich wäre. Eine trockene Fütterung reduziert die Wasseraufnahme demzufolge auch dann erheblich, wenn die Tiere jederzeit Zugang zu frischem Trinkwasser haben.
Prä- und Probiotikum
Sie helfen beim Wiederaufbau und Erhalt der natürlichen Darmflora, wodurch sie einen sehr wichtigen Bestandteil einer jeden Durchfall-Therapie darstellen. Während einer Antibiotika-Therapie sollte bereits prophylaktisch immer auch ein Prä- und Probiotikum verabreicht werden. Diese Medikamente haben keinerlei Nebenwirkungen, werden also besser einmal zu viel als einmal zu selten gegeben. Mehr zu diesem Thema finden Sie unter:
Therapie der Hefen
Hefen kommen in begrenzter Anzahl auch im gesunden Kaninchendarm vor und sind grundsätzlich unproblematisch. Ein verstärkter Hefebefall kann allerdings matschigen Kot und Aufgasungen begünstigen. Er ist keine Krankheit an sich, sondern ein Indikator dafür, dass die Darmflora gestört ist; beispielsweise durch Fehlernährung (hohe Kohlenhydratzufuhr!), Parasitenbefall (v.a. Kokzidien) oder Zahnprobleme (die zu einem unzureichenden Zerkauen der Nahrung führen).
Die Bekämpfung der Hefen ist eine rein symptomatische Maßnahme, die die Ursache nicht behebt. Wird die Ursache hingegen behoben, reduziert sich der Hefebefall von selber auf ein physiologisches Ausmaß. Dennoch kann es bei starken Symptomen hilfreich sein, die Hefen mitzubehandeln, um den Heilungsprozess zu unterstützen und ein schnelleres Abklingen der Symptome zu bewirken. Achten Sie beim Erwerb eines entsprechenden Medikaments darauf, dass es keinen Zucker enthält! Anderenfalls ist die Wirksamkeit fraglich, da Hefen sich von Zucker ernähren.
Antibiotikum
Wenn sich im Blut Hinweise auf eine Infektion ("Pseudolinksverschiebung" = prozentual mehr neutrophile Granulozyten als Lymphozyten) finden, das Labor im Kot pathogene Bakterien nachweist oder sich im Ultraschall entzündete Darmschlingen zeigen, ist eine Antibiotikatherapie angezeigt.
Sogenannte PLACE-Antibiotika (Penicillin, Lincomycin, Ampicillin, Amoxycillin, Cephalosporine, Clindamycin, Erythromycin) sind bei Darmproblemen absolut kontraproduktiv und oral verabreicht sogar lebensgefährlich.
Geegnet bei Durchfall durch Dysbakterie sind Antibiotika der Gruppe "Gyrasehemmer" wie Enrofloxacin und Marbofloxacin sowie Metronidazol, da sie vorrangig die gram-negativen Bakterien abtöten, nicht jedoch die physiologische, überwiegend gram-positive Darmflora.
Cortison
Cortison wird von Kaninchen allgemein extrem schlecht vertragen.
Bereits gering dosiert, kurzfristig oder nur lokal verabreicht kann es zu Schädigungen der Leber oder des Immunsystems führen. Es darf daher nur in absoluten Ausnahmefällen verabreicht werden, die dieses Risiko rechtfertigen - nämlich immer dann, wenn es keine andere Therapiemöglichkeiten gibt.
Neben Thymomen und Krebserkrankungen zählen zu den möglichen Indikationen chronisch entzündete Darmschlingen, die auf keine andere Therapiemaßnahme (Schonkost, Antibiose, Pro-/Präbiotika, Schleimhautschutzmedikamente, ...) ansprechen und dem Kaninchen permanente oder wiederkehrende Beschwerden verursachen.
Wichtig ist dann eine engmaschige Kontrolle der Blutleberwerte, um Veränderungen rechtzeitig zu erkennen und entsprechend eingreifen zu können. Auch sollten parallel zu einer Cortisontherapie Medikamente zur Unterstützung des Immunsystems (pflanzlich, Paramunitätsinducern, ...) und zum Leberschutz (z.B. Mariendistelpräparate) verabreicht werden.
Entwurmung / Kokzidiostatika
Sie sind immer dann angezeigt, wenn Darmparasiten in einer Kotprobe nachgewiesen wurden.
Magen-Darm-Schutzmedikamente
Verschiedene Medikamente helfen, einen gereizten Magen-Darm-Trakt zu beruhigen und den Heilungsprozess zu beschleunigen. Gerade bei sehr starken oder wiederkehrenden Symptomen sind sie sehr empfehlenswert.
H2-Antihistaminika (meist Ranitidin) hemmen die Salzsäure- und Pepsinproduktion im Magen, wodurch sie gegen Geschwüre und Entzündungen sowohl im Magen selbst als auch im sich anschließenden Zwölf-Finger-Darm wirken. Danach wird der Wirkstoff im Körper resorbiert und über Leber und Niere verstoffwechselt. Diese Organe müssen daher gesund sein, damit ein H2- Antihistaminikum verabreicht werden darf.
Protonenpumpen-Inhibitoren (z.B. Omeprazol) hemmen ebenfalls die Sekretion der Magensäure - allerdings erst, nachdem sie abgeschluckt wurden, im Darm resorbiert wurden und anschließend über die Blutbahn die Belegzellen des Magens erreicht haben. Wie die H2-Antihistaminika werden sie gegen Geschwüre und Entzündungen im Magen eingesetzt.
Sucralfat schützt die Schleimhäute des Magen-Darm-Traktes, indem es sich an bereits vorhandenen Läsionen festsetzt und sie vom Inhalt des Verdauungstrakts (Nahrungsbrei, Enzyme, Salzsäure, ...) abschirmt. Da es vom Körper kaum resorbiert wird, wirkt es im gesamten Verdauungstrakt, kann also z.B. im Falle entzündeter Darmschlingen sehr hilfreich sein.
Infusionen
In besonders schweren Fällen sind Infusionen unerlässlich, um einer Exsikkose (=Austrockung) vorzubeugen bzw. sie zu behandeln. Anderenfalls drohen schwere organische Schädigungen oder sogar der Tod des Patienten. Bei Kaninchen, die an so schwerem Durchfall leiden, dass sie bereits deutlich dehydriert und kreislaufgeschwächt sind, wird ein kompetenter Tierarzt zu einer stationären Aufnahme raten, um sie intravenös mit Flüssigkeit zu versorgen (also an den Tropf zu hängen). Ist das Allgemeinbefinden des Kaninchens noch gut, reichen in der Regel subkutane Infusionen (d.h. Infusionen, die unter die Haut gespritzt werden) aus und sollten bevorzugt werden, da hierzu keine stationäre Aufnahme notwendig ist und das Kaninchen somit rasch in seine gewohnte Umgebung zurückkehren kann.
Behebung der Ursache
Neben der symptomatischen ist eine ursächliche Therapie notwendig - Infektionen und organische Beschwerden müssen mit entsprechenden Medikamenten behandelt werden; bei Kieferabszessen, Tumoren etc. hilft i.d.R. nur eine OP. Zahnproblematiken, die eine mangelnde Nahrungszerkleinerung und eine dementsprechend gestörte Verdauung zur Folge haben, müssen durch das Abschleifen bzw. die Entfernung ursächlicher Zähne beseitigt werden; Kaninchen, die (z.B. aufgrund einer chronischen Erkrankung) überempfindlich auf blähende und / oder vorbelastete Futtermittel reagieren, müssen ausgesprochen hochwertig ernährt werden, d.h. z.B. mit unbehandeltem Blattgemüse, Küchenkräutern, hochgewachsenem Wiesengrün und Zweigen, damit die Verdauungsstörungen ausbleiben.
Wurde der Durchfall durch eine zu abrupte Umstellung von Trocken- auf Frischfutter ausgelöst, reichen Sie - neben reichlich Heu - zunächst nur die Menge Grünfutter, die zuvor problemlos vertragen wurde. Hat das Kaninchen zuvor gar kein Grünfutter bekommen, streichen Sie es zunächst wieder vom Speiseplan und beginnen Sie erst mit einer neuerlichen Umstellung, wenn die Darmsymptome abgeklungen sind. Alle notwendigen Informationen für eine erfolgsversprechende Futterumstellung finden Sie hier: