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Myxomatose bei Kaninchen

Bild von Alexandra Hartmann

Erreger:

  • Leporipoxvirus
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Bei der Myxomatose, ausgelöst durch das Leporipoxvirus, handelt es sich um eine hochansteckende, bei ungeimpften Tieren in fast 100% aller Fälle tödlich verlaufende Virusinfektion, die ausschließlich Hasen und Kaninchen betrifft. Das Virus ist unempfindlich gegenüber diversen Chemikalien, überlebt in lebenden Vektoren (z.B. Mücken oder Kaninchen, die einen Erkrankungsausbruch überstanden haben) bis zu 300 Tage und hält Temperaturen bis zu -18 und +60° C stand.

Infektion

Übertragung:

Direkt über

  • (latent) infizierte Artgenossen

Indirekt über

  • kontaminierte Gegenstände oder Umgebungen
  • Insekten

Die Infektion erfolgt direkt (Partnertiere, Mutter, Wildkaninchen) oder indirekt (Fliegen, Mücken, Flöhe, Zecken) über lebende Vektoren sowie indirekt über tote Vektoren (kontaminierte Futterpflanzen, Streu, Einrichtungsgegenstände, Hände, Kleidung usw.). Ihren Höhepunkt erreicht die Seuche im Hochsommer, während der Wintermonate tritt sie vergleichsweise selten auf.

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Symptomatik: akuter Krankheitsverlauf

  • Bindehautentzündung
  • eitriger Augen- und Nasenausfluss
  • Schluckbeschwerden
  • Atembeschwerden
  • Fieber
  • Apathie
  • Anorexie
  • allgemeine Entkräftung

und (akut ödematös)

  • Ödembildung an Schleimhäuten und Ohren
  • Myxödembildung an Kopf und Füßen

oder (akut nodulär)

  • pockenartige Knotenbildung an Schleimhäuten und Kopf
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Nach einer Inkubationszeit von drei bis zehn Tagen treten die ersten Symptome in Form einer Bindehautentzündung, d.h. geröteten, tränenden Augen und schließlich geschwollenen Lidern auf. Im weiteren Verlauf kommt es zu eitrigem Augen- und Nasenausflussleichtem bis mäßigem FieberSchluck- und Atembeschwerden, im Endstadium zu Apathie, Futterverweigerung und spätestens zwei Wochen nach Erkrankungsausbruch schließlich zum Tod des Tieres durch Ersticken oder Kreislaufversagen.

Die akute Verlaufsform lässt sich in die ödematöse und die noduläre Verlaufsform unterteilen, welche sich - zusätzlich zur o.g. allgemeinen Symptomatik - unterschiedlich äußern.

Akute ödematöse Verlaufsform

  • Ödembildung an Schleimhäuten und Ohren
  • Myxödembildung an Kopf und Füßen

Diese bei ungeimpften Tieren in aller Regel tödlich verlaufende Form der Myxomatose geht mit einer ausgeprägten Ödembildung, d.h. weichen, prall flüssigkeitsgefüllten Umfangsvermehrungen, an Schleimhäuten (Nase, Augen, Anogenitalgegend) und Ohren einher. Im weiteren Krankheitsverlauf kommt es zu Myxödemen (=teigigen Schwellungen) im gesamten Kopfbereich sowie an den Füßen.

Akute noduläre (=knotige) Verlaufsform

  • pockenartige Knoten an Schleimhäuten, Ohren und Kopfbereich

Bei dieser nicht zwangsläufig tödlichen Verlaufsform kommt es anstelle der Ödeme zur pockenartigen Knotenbildung an den Schleimhäuten (Nase, Augen, Anus und Genitalien), den Ohren und später dem gesamten Kopfbereich. Die Abheilung erfolgt innerhalb von 4 Wochen.


Symptomatik: Perakuter Krankheitsverlauf

  • leichte Ödembildung an den Ohrenansätzen

Plötzliche Todesfälle können auch ohne eine deutliche Symptomatik auftreten. In diesem Fall kommt es zu leichten ödematösen Schwellungen an den Ohransätzen.

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Diagnostik

  • klinisches Bild
  • PCR-Virusnachweis

Die Diagnose kann oft schon anhand des klinischen Bildes relativ eindeutig gestellt werden. Im Zweifelsfall kann - je nach Symptomatik - ein Abstrich der Bindehäute, eine Kruste oder das Punktat eines Ödems eingeschickt und per PCR-Test auf das Virus untersucht werden.


Therapie

  • Euthanasie

oder

  • Antibiotikum
  • Pro- und Präbiotikum
  • intravenöse Infusion
  • Inhalation
  • Schleimlöser
  • Augen- und Nasensalben/-tropfen
  • Mechanische Sekretentfernung
  • Krustenauflösung
  • Wärmezufuhr
  • Interferon, Vitamine
  • Haltungs- und Ernährungsanpassung
  • ggf. Zwangsfütterung
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Eine gezielte Therapie gegen das Myxomatosevirus ist nicht möglich. Die ödematöse Verlaufsform endet bei ungeimpften Kaninchen auch unter Intensivtherapie fast immer tödlich, weshalb betroffene Tiere eingeschläfert werden sollten.

Bei der knotigen Verlaufsform ist - je nach Allgemeinzustand des Kaninchens - ein Therapieversuch vertretbar. Die - in der Regel mehrwöchige - Therapie basiert auf einer Antibiotikagabe zur Vorbeugung von bakteriellen Sekundärinfektionen (d.h. zusätzliche Infektionen infolge des geschwächten Immunsystems), Pro- und Präbiotika zur Aufrechterhaltung des Darmmilieus und einer symptomatischen Behandlung.

Intravenöse Infusionen: Bei ungeimpften Tieren ist im Falle eines Therapieversuches die stationäre Intensivbehandlung unerlässlich, da das Kaninchen zwecks Kreislaufstabilisierung intravenös infundiert (also an den Tropf gehängt) werden muss. Subkutane Infusionen sind meist nicht ausreichend!

Antibiotika sind zwar gegen Viren wirkungslos, helfen jedoch vorbeugend gegen bakterielle Sekundärinfektionen, die infolge des geschwächten Immunsystem auftreten und dem Kaninchen zusätzlich schaden können.

Prä- und Probiotika (z.B. Apfelpektin oder Präparate wie "ProPreBac®") sind v. a. im Falle einer Antibiotikagabe anzuraten, um die gutartige Darmflora zu unterstützen. Sie enthalten Fasern, von welchen sich die gutartigen Darmbakterien ernähren (Präbiotika), bzw.die Bakterien selbst (Probiotika). 

Schleimlöser: Um die Atemwege zu entlasten, können tierärztlich verordnete Schleimlöser angewandt werden. Dazu gehören Acetylcystein (verflüssigt den Schleim) und Bromhexin (fördert die Flüssigkeitsbildung in den Bronchien und den Abtransport des verflüssigten Schleims)

Augen- und Nasenmedikation: Salben und Tropfen für Augen und Nase verschaffen den Entzündungen bei häufiger Anwendung ein wenig Linderung. Augensalben werden von vielen Kaninchen schlecht vertragen, Tropfen sind besser geeignet.

Sekretabsaugung: Mit einem Absauger für Babys, notfalls auch einer nadellosen Einwegspritze wird behutsam das Sekret aus der Nase gesaugt.

Krustenentfernung: Sekretkrusten im Augen- und Nasenbereich sowie der Ausfluss aufgeplatzter Ödeme werden mit einem in lauwarmes Wasser getränkten, weichen Tuch behutsam aufgeweicht und abgelöst.

Inhalation: Mithilfe eines Inhalators kann dem Kaninchen die Atmung erleichtert werden. Wasserdampf "aus der Schüssel” ist nur im vorderen Bereich der Atemwege hilfreich, da er nicht zerstäubt wird und tiefer gelegene Areale somit nicht erreichen kann. Es eignen sich sowohl Inhalatoren für Menschen als auch speziell für Tiere. Letztere sind oft besonders leise und folglich mit weniger Stress für den Patienten verbunden. Sie werden von einigen Tierarztpraxen verliehen. Alternativ können Sie einen Human-Inhalator von einer Apotheke ausleihen. 

Wärme: Im Freien gehaltene Kaninchen sollten ins Haus geholt werden, um sie nicht den Tag-Nacht-bedingten Temperaturschwankungen auszusetzen. Sollte der Ausbruch während der kalten Jahreszeit erfolgt sein, ist unbedingt die Unterbringung in einem nur schwach beheizten Raumerforderlich! Plötzliche “Hitze” würde die Tiere zusätzlich belasten. Bieten Sie den Kaninchen eine Rotlichtlampe an, die sie bei Bedarf aufsuchen können. Sie müssen der Bestrahlung aber jederzeit problemlos ausweichen können!

Fütterung: Kaninchen, die die Nahrungsaufnahme einstellen, müssen zwangsgefüttert werden. Besser wäre es natürlich, ihnen diesen Stress zu ersparen, indem man sie zur selbstständigen Futteraufnahme bewegt. Das Angebot besonders stark duftender Nahrungsmittel kann hier hilfreich sein, da das eingeschränkte Riechvermögen der Tiere sich oftmals auf den Appetit niederschlägt. Um die Kaninchen bei Kräften zu halten, sollten Sie zusätzlich zu rohfaserreicher auch energiehaltige Nahrungsmittel (Wurzelgemüse, kleine Mengen Saaten, ...) verfüttern.

Immunsystem: Interferon- und Vitaminspritzen zur Stärkung des Immunsystems sind dringend anzuraten. Außerdem ist auf eine besonders vitaminreiche Ernährung, feucht-warme Luft (Wasserschalen aufstellen!), die Vermeidung von Zugluft und Stressfaktoren sowie auf peinliche Sauberkeit zu achten.

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Prognose

Bei ungeimpften Kaninchen verläuft die ödematöse Verlaufsform der Myxomatose auch bei sofortigem Therapiebeginn mit fast 100%iger Wahrscheinlichkeit tödlich. Da die Kaninchen nach einem langen Leidensweg versterben, ist in vielen Fällen eine Euthanasie anzuraten. Im Falle der knotigen Verlaufsform muss der Tierarzt die Überlebenschancen des einzelnen Tieres abschätzen und gemeinsam mit Ihnen beratschlagen, ob ein Behandlungsversuch sinnvoll ist oder nicht.

Bei geimpften Kaninchen zeigen sich in der Regel nur vergleichsweise milde Symptome. Durch eine frühzeitige Behandlung genesen die Tiere schnell und komplikationslos.

Hat sich ein Kaninchen von der Myxomatose erholt, kann es dennoch immer wieder daran erkranken! Die Schutzimpfungen sind also keinesfalls wegen einer vermeintlichen “Resistenzbildung” zu vernachlässigen!


Prophylaxe

  • Schutzimpfungen
  • Fliegengitter
  • direkte und indirekte Kontaktunterbindung zu fremden Kaninchen
  • Quarantänemaßnahmen bei Neuanschaffung
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Den einzigen vernünftigen Schutz bietet eine regelmäßige Impfung.

Zu empfehlen ist der Kombinationsimpfstoff Nobivac Plus gegen Myxomatose, RVHD-1 und RVHD-2. Er darf ab der 5. Lebenswoche injiziert werden, die erste Wiederholungsimpfung ist erst ein Jahr später notwendig und auch im Anschluss genügen jährliche Auffrischungen

Alternativ ist eine halbjährliche Impfung mit einer Myxomatose-Einzelvakzine (z. B. Rikavac) möglich. Sie muss mit einer Impfung gegen RHD 1 und 2 (Filavac oder Eravac) kombiniert werden

Da geimpfte Kaninchen ebenfalls erkranken können – wenn auch meist nur mild –, sind zusätzliche Maßnahmen, die das Infektionsrisiko senken, nicht verkehrt. So reduziert die Anbringung von Fliegengittern die Anzahl an Insekten, welche den Erreger übertragen könnten; Grünfutter wird vorzugsweise nicht in ausgesprochenen “Wildkaninchen-Gebieten” geerntet und der eigene Garten zumindest grob abgezäunt, um Wildkaninchen den Zugang zu erschweren.

Nach Kontakt zu gruppenfremden Kaninchen, die immer latent (=verborgen) infiziert sein könnten (und zwar nicht nur mit Myxomatose!), sollten die üblichen Hygienemaßnahmen inform von Händewaschen und möglichst auch Kleidungswechsel eingehalten werden; Spielzeug, Schutzhütten, Futter usw. sollten nicht zwischen den eigenen und fremden Tieren “ausgetauscht” werden.

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