Die Website für zeitgemäße Kaninchenhaltung

Kaninchen ans Autofahren gewöhnen

Um v.a. Tierarztbesuche so stressarm wie möglich zu gestalten, was gerade bei kranken Tieren von großer Bedeutung ist, sollten Sie Ihre Kaninchen von vornherein daran gewöhnen, während des Transportes nicht in Panik zu geraten. Wie alles, was man einem Tier beibringen möchte, ist eine behutsame, langsame Vorgehensweise Schritt für Schritt die Grundvoraussetzung, um ans Ziel zu kommen. Wie lange es bis dahin dauert, hängt von Ihrer Einfühlsamkeit, dem individuellen Charakter Ihrer Tiere und deren Lernfähigkeit ab.

Um einem Tier die Angst vor etwas zu nehmen, eignen sich zwei Techniken, die vorzugsweise miteinander kombiniert werden: Die Desensibilisierung und die Gegenkonditionierung.


Desensibilisierung

Bei dieser Verfahrensweise wird der angstauslösende Reiz dem Tier zuerst in so schwacher Form präsentiert, dass es noch entspannt darauf reagiert. Mit jedem Mal wird die Intensität ein wenig gesteigert, sodass seine "Reizschwelle" nach und nach wächst. Im Falle des Transportes können angstauslösende Reize z.B. das Eingeschlossensein in der Transportbox, das Anheben / Tragen der Box, die Motorgeräusche des Autos und die Fortbewegung des Autos sein. Sie werden dem Tier beim Training zunächst in minimaler Form nahe gebracht und bei jedem Training ein wenig gesteigert.


Gegenkonditionierung

Bei dieser Verfahrensweise wird ein Reiz, den ein Tier bisher mit etwas Negativem verbinden, ersatzweise mit einem positiven Erlebnis verknüpft. Zum Beispiel kann ein Tier mit der Transportbox verknüpft haben, dass es eingesperrt wird, anschließend den Boden unter den Füßen verliert und in ein angsteinflößendes Verkehrsmittel verbracht wird. Die Motorgeräusche und das ruckelnde Fahrzeug können schon allein deshalb furchteinflößend sein, weil sie unbekannt sind. Daher wird dem Tier beigebracht, dass in Verbindung mit diesen Reizen etwas Schönes passiert. Beispielsweise kann es in der Transportbox oder beim Ertönen eines Motorgeräusches Futter geben. Kombiniert mit der Desensibilierung werden nach und nach immer stärkere Reize weiterhin mit einem positiven Erlebnis verknüpft.

Jeder der folgenden Schritten ist so oft zu wiederholen, bis die Kaninchen keinerlei Anzeichen von Angst mehr zeigen, sondern deutlich entspannt wirken (Desensibilisierung).

Schreitet man zu schnell voran, können die Tiere das Erlebnis so negativ in Erinnerung behalten, dass sie beim nächsten Mal nur noch ängstlicher sind.

Angst äußert sich beim Transport u.a. durch Angststarre, Aufreißen der Augen und Hecheln; hat man die Tiere überfordert, halten diese Symptome mitunter auch zu Hause noch eine ganze Weile an.

Entspannung drücken Kaninchen unterwegs z.B. durch Putzen, Fressen, Blinzeln, Dösen und neugieriges Schnuppern durchs Gitter aus. Außerdem bleiben die oben genannten Angstsymptome aus.

Die einzelnen Schritte:


Schritt 1: Gewöhnung an Fahrzeuggeräusche

Automotoren und die laute Geräuschkulisse in öffentlichen Verkehrsmitteln wirken auf Kaninchen einschüchternd. Zur Gewöhnung an letztere können Sie den Kaninchen z.B. mehrmals täglich für einige Minuten eine entsprechende Tonaufnahme abspielen oder Fernsehsendung laufen lassen. Die Lautstärke passen Sie dabei den Reaktionen der Tiere an und steigern sie allmählich (Desensibilisierung). Der Erfolg dieser Übung stellt sich besonders schnell ein, wenn sie während der Fütterungen durchgeführt wird, da die Kaninchen dann eine positive Verknüpfung mit den akustischen Reizen herstellen (Gegenkonditionierung).


Schritt 2: Positive Verknüpfungen mit der Box herstellen

Häufig wird empfohlen, die Transportbox zur allmählichen Gewöhnung als ständigen Rückzugsort anzubieten. Dies könnte allerdings dazu führen, dass die Kaninchen einen Bogen darum machen, nachdem sie das erste Mal darin eingesperrt wurden; denn dann hat sich der vemeintlich sichere Unterschlupf als "Falle" entpuppt.

Machen Sie die Box zu etwas Besonderem - aber auf positive Weise und durch Aspekte, die auch beim Eingesperrtwerden darin nicht verloren gehen: Durch Futter. Beginnen Sie damit, die mit Futter gefüllte Box zu jeder Mahlzeit mitzubringen, sodass die Kaninchen hineinhoppeln müssen, um ans Objekt ihres Begehrens zu gelangen. Nach kürzester Zeit assoziieren sie das Herbeitragen der Transportbox mit Futter. Optimalerweise führen Sie gleichzeitig weiterhin Schritt 1 durch. Wiederholen Sie das Ganze der Einprägung halber noch einige Tage lang, ehe Sie mit der nächsten Übung fortfahren.


Schritt 3: Gleichgültige Reaktionen auf die angelehnte Boxentür

Hocken Sie sich neben der frisch mit Futter gefüllten Transportbox auf den Boden und warten Sie, bis eines oder mehrere der Kaninchen hineingehoppelt sind. Anschließend lehnen Sie mit einer langsamen Bewegung die Boxentür an. Warten Sie ruhig ab, bis die Tiere bemerkt haben, was geschehen ist, und beobachten Sie ihre Reaktionen: Verhalten die Tiere sich bereits relativ gleichgültig und fressen unbeirrt weiter? Dann dürfen Sie direkt mit Schritt 3 fortfahren.

Wirken sie verunsichert und stoßen die Tür sofort wieder auf, um die Box zu verlassen? In diesem Fall ist die Übung zu wiederholen, bis die Kaninchen gelernt haben, dass auch eine scheinbar verschlossene Boxentür keine schlimmen Folgen nach sich zieht. Sobald ein Kaninchen die Tür nicht sofort aufschiebt, sondern zunächst neugierig durchs Gitter schnuppert, reichen Sie ihm einen Leckerbissen durchs Gitter.

Die Übung darf bei jeder Fütterung wiederholt werden. Sobald die Kaninchen absolut entspannt auf die angelehnte Tür reagieren, dürfen Sie mit Schritt 4 fortfahren.


Schritt 4: Entspannung auch bei verschlossener Boxentür

Sobald die Kaninchen sich nicht mehr an der angelehnten Tür stören, dürfen Sie damit beginnen, sie einen Moment lang zuzusperren. Sobald eines der Tiere versucht, sie aufzuschieben, reichen Sie ihm einen Leckerli durchs Gitter. Dadurch lernt es, dass eine verschlossene Tür mit etwas Leckerem verbunden ist. Während der ersten "Sitzungen" öffnen Sie den Türverschluss, sobald Sie das Leckerli gereicht haben, sodass die Kaninchen die Tür öffnen können. Sofern sie keine Nervosität zeigen, können Sie die Tür nun zunehmend länger verschlossen lassen, bis auch mehrere Minuten keinerlei Problem für die Tiere darstellen. Anschließend geht es weiter mit Schritt 5.


Schritt 5: Die Angst vorm Getragenwerden nehmen

Viele Kaninchen fürchten sich davor, durch äußere Einwirkungen bewegt zu werden - wie es in einer Box der Fall ist, die gerade getragen wird. Der fünfte Schritt besteht also darin, ihnen die Harmlosigkeit dieser Prozedur klarzumachen.

Fressen die Tiere bei verschlossener Tür, heben Sie die Box an und stellen sie direkt wieder auf den Boden. Beobachten Sie das Verhalten der Kaninchen: Fressen sie unbeeindruckt weiter oder kauen sie munter weiter, während sie neugierig herauslugen, dürfen Sie die Box einige Meter herumtragen. Sobald Sie den Eindruck haben, dass die Tiere nervös werden, beenden Sie die Übung für dieses Mal. Dazu stellen Sie die Box sofort vorsichtig auf den Boden und öffnen den Türverschluss, damit die Kaninchen die Tür selbstständig öffnen können.

Grundsätzlich darf bei jeder Fütterung trainiert werden - jedoch nur, solange die Kaninchen nicht misstrauisch gegenüber der Box werden. Anderenfalls üben Sie nur bei jeder zweiten bis dritten Fütterung, bis die Nervosität vorm Getragenwerden sich vollständig gelegt hat.

Tragen Sie die Box während jeder Trainingseinheit solange, wie die Tiere entspannt bleiben. Erhöhen Sie den Schwierigkeitsgrad, indem Sie ein wenig schneller gehen, die Box häufiger erhöht abstellen und wieder aufnehmen usw..


Schritt 6: Bekanntschaft mit Verkehrsmitteln machen

Öffentliche Verkehrsmittel machen Sie den Kaninchen vertraut, indem Sie die Box nun regelmäßig, d.h. jeden zweiten bis vierten Tag, an einen Straßenrand tragen, wo Sie - je nach Reaktionen der Kaninchen - kurz verweilen, ein wenig auf- und ablaufen oder sich etwas mehr Zeit lassen. Auf diese Weise lässt sich die Übung auch allmählich steigern.

Haben sich Ihre Kaninchen in den vorangegangenen Übungen bereits zurückhaltend gegeben, beginnen Sie vorzugsweise mit einer kleineren Straße. Sind Ihre Tiere hingegen grundsätzlich eher "unerschrocken", können Sie gleich eine Hauptverkehrsstraße aufsuchen.

Autos verlieren an Bedrohlichkeit, indem die Box mit den fressenden Kaninchen zunächst bei ausgeschaltetem, später bei bereits gestartetem Motor auf die Rückbank gestellt wird; die Steigerung besteht darin, den Motor erst zu starten, wenn die Box bereits im Auto steht.

Bei Anzeichen von Angst oder Nervosität stellen Sie den Motor wieder ab, warten, bis die Kaninchen sich beruhigt haben, und beenden die Trainingseinheit. Bei unerwartet starken Angstreaktionen sollten Sie das Training vorerst auf die Kombination aus Schritt 1 und Schritt 4 beschränken. Sie können dazu auch selbst eine Tonaufnahme Ihres Motorgeräusches erstellen, um die Kaninchen optimal auf den nächsten Schritt-6-Versuch vorzubereiten.


Schritt 7: Gewöhnung ans Fahren

Nun ist es soweit: Die Kaninchen erleben ihre erste Fahrt. In Bussen, Straßen-, S- und U-Bahnen sollten Sie sich je nach Verhalten der Tiere evtl. zunächst auf eine einzige Station beschränken. Die Anzahl wird erst gesteigert, wenn sie auch während der Fahrt noch ausreichend entspannt sind, um zu fressen.

Fernzüge fahren meist so gleichmäßig und verfügen über eine so entspannte Atmosphäre, dass die Kaninchen nicht einmal bemerken, dass sich der Zug bewegt. Letzteres trifft auch auf moderne Regionalzüge zu. Daher ist hierfür keine Übung erforderlich.

An Autofahrten gewöhnen Sie die Kaninchen, indem Sie zunächst nur langsam und nur solange fahren, wie die Tiere keinerlei Anzeichen von Nervosität zeigen. Geschwindigkeit und Dauer der Fahrt werden mit jeder Trainingseinheit entsprechend gesteigert. Auch mehrmaliges Anfahren und sanftes Abbremsen sollte allmählich mit eingebaut werden.

Zwei- bis dreimaliges Training pro Wochen ist bei dieser Übung völlig ausreichend.