Otoskopische Untersuchung
Zu jeder allgemeinen Untersuchung gehört auch ein Blick in die Ohren mit dem Otoskop oder der Videokamera. Ganz besonders aufmerksam muss dies natürlich beim Verdacht auf eine Otitis erfolgen. Unter sanftem Zug am Ohr (nach "oben") werden die äußeren Gehörgänge und das Trommelfell inspiziert. Dabei wird auf Schwellungen, Rötungen, Ohrenschmalz, Eiter, Blut, Krusten, Milben und anderweitige Auffälligkeiten geachtet.
Da Milben lichtscheu sind, sollte bei einem entsprechenden Verdacht das Otoskop zunächst eingeführt und erst dann das Licht eingeschaltet werden. So kann der Tierarzt die Parasiten davonkrabbeln sehen. Wird das Otoskop mit bereits eingeschalteter Beleuchtung eingeführt, ziehen sich die Milben sofort zurück und sind oftmals mehr zu sehen.
Bei Widdern ist das Trommelfell aufgrund der sehr engen Gehörgänge und der Ansammlung von Zerumen (Ohrenschmalz) meist nicht einsehbar. Indem der Tierarzt es reinigt und anschließend erneut untersucht, kann der komplette Gehörgäng betrachtet werden.
Abstrich
Ein tiefer Abstrich mit einem Wattestäbchen dient der näheren Bestimmung von Ablagerungen im Ohr. Nach Färbung des Präparats untersucht der Tierarzt es unter dem Mikroskop auf Bakterien, Milben, Hefepilze und Entzündungszellen. So können auch Eiter und Entzündungssekrete von harmlosem Ohrenschmalz unterschieden werden.
Allerdings kommt es bei Abstrichen aus dem Kaninchenohr immer wieder zu falsch-negativen Ergebnissen, bei denen z. B. trotz eines typischen Eitergeruchs keine Eiterzellen nachzuweisen sind. Die Therapie muss dann trotzdem erfolgen!
Insbesondere bei wiederkehrenden bakteriellen Außenohrentzündungen ungeklärter Ursache ist es auch möglich, eine sterile Tupferprobe zu entnehmen und ins Labor zu schicken. Dabei werden die beteiligten Bakterien identifiziert und es erfolgt ein Resistenztest, um festzustellen, gegen welche Wirkstoffe die Erreger besonders empfindlich oder auch resistent sind. In den meisten Fällen ist diese Untersuchung nicht notwendig, da mit der lokalen Antibiotika-Behandlung (mittels Ohrentropfen) extrem hohe Wirkspiegel erreicht werden, die im Normalfall auch von resistenten Stämmen nicht überlebt werden.
Röntgendiagnostik
Auf Röntgenaufnahmen des Schädels können fortgeschrittene Otitiden festgestellt werden. Steht kurzfristig kein CT zur Verfügung, können Röntgenaufnahmen in folgenden Fällen sinnvoll sein:
- Probleme beim Kauen (Differenzierung zwischen Zahn- und Ohrenerkrankungen - Achtung, oft tritt beides parallel auf, mitunter ist aber zunächst nur die Zahnerkrankung röntgenologisch darstellbar!)
- einseitig hochgezogener Mundwinkel, "asymmetrisches Gesicht" (Verdacht auf Mittelohrentzündung mit Übertritt auf den Nervus Facialis!)
- neurologische Symptome (Verdacht auf Innenohrentzündung mit Übertritt aufs Gleichgewichtsorgan!)
- nach der Diagnose einer Außenohrentzündung (zur Überprüfung, ob sie bereits aufs Mittel-/Innenohr übergegriffen hat)
Weiterhin kann der Schädel, v.a. bei Widdern, in folgenden Fällen geröngt werden. Aber auch hier gilt: Ein CT ist erheblich zuverlässiger!
- chronische Immunschwäche unbekannter Ursache
- entzündlich verändertes Blutbild unbekannter Ursache (prozentual mehr neutrophile Granulozyten als Lymphozyten => "Pseudolinksverschiebung")
- chronische Schnupfen- / Zahninfektionen (Überprüfung, ob die Entzündung aufs Mittelohr übergegriffen hat)
- bei Widdern generell halbjährlich, um Veränderungen am Mittelohr frühzeitig festzustellen
Am wichtigsten bei der Röntgenuntersuchung ist die dorsoventrale Aufnahme, d. h. das Kaninchen sitzt bzw. liegt gerade auf dem Bauch und der Schädel wird "von oben nach unten" geröngt. Auf die Weise können beide Mittel- und Innenohren nicht nur separat, sondern auch im Seitenvergleich beurteilt werden.
Wichtig ist eine absolut gerade Lagerung, da verkippte Aufnahmen Asymmetrien vortäuschen können. Hierfür hat es sich bewährt, das Kaninchen auf den Röntgentisch zu setzen, anschließend eine Mullbinde o. ä. über seinen Kopf zu spannen und den Kopf damit nach unten zu drücken, sodass das Kinn zwischen den Vorderbeinen auf dem Tisch zu liegen kommt. Die meisten Kaninchen tolerieren diese Lagerung völlig problemlos.
Mithilfe der Aufnahme kann insbesondere festgestellt werden, ob die normalerweise gut belüfteten Bullae tympanicae (Paukenhöhlenblasen) mit Sekret gefüllt, ihre Wände entzündlich verdickt oder Knochenauflösungen vorhanden sind.
Die Röntgendiagnostik liefert einen ersten Anhaltspunkt dafür, ob eine Oittis media / interna vorliegt. Eine Narkose ist hierfür nicht nötig und v. a. bei bereits geschwächten Tieren nicht zu empfehlen.
Gerade im Anfangsstadium einer Infektion ist es allerdings möglich, dass Veränderungen auf Röntgenbildern noch nicht sichtbar sind. Selbst bei Kaninchen, die bereits hochgradige neurologische Symptome zeigen, können die Mittelohren röntgenologisch noch unauffällig wirken - während sie im CT bereits deutlich sichtbar mit Sekret gefüllt sind.
Computertomographie (CT), Digitale Volumentomographie (DVT)
Optimal zur Feststellung von pathologischen Veränderungen bereits im Anfangsstadium, zur exakten Beurteilung der verschiedenen Ohrabschnitte, des Ausmaßes und der Lokalisation der Entzündung ist die Computertomographie. Darunter fällt auch die sogenannte digitale Volumentomographie (DVT), ein besonders hochauflösendes CT.
CTs sind nur in Kliniken und größeren Praxen möglich, und leider bieten noch nicht alle die Möglichkeit eines "Wach-CTs" an, obwohl dieses gerade bei geschwächten Tieren einer Narkose unbedingt vorzuziehen ist.
Bei den meisten Kaninchen ist die Durchführung eines Wach-CT völlig unproblematisch; die Tiere werden dafür in eine kleine Kiste gesetzt, die anschließend sorgfältig mit Decken ausgepolstert wird, sodass nahezu keine Bewegungen mehr möglich sind. Eine Abdunklung des Raumes trägt zusätzlich dazu bei, dass die Tiere ruhig atmen und stillhalten.
Anschließend fahren sie in der Kiste durch den Computertomographen, was nur wenige Sekunden dauert. Die meisten Kaninchen halten für diese kurze Zeitspanne völlig still, da die Dunkelheit und die Enge ihnen ein "Höhlengefühl" und somit Sicherheit vermitteln.
Vor allem vor einer (möglicherweise) geplanten Operation lohnt es sich, eine Klinik ausfindig zu machen, die CTs am wachen Kaninchen anbietet, und ggf. auch eine etwas längere Anfahrt in Kauf zu nehmen. Alternativ kann vereinbart werden, dass das CT in Narkose erfolgt und das Kaninchen gegebenenfalls im unmittelbaren Anschluss operiert wird. Der Tierarzt muss in diesem Fall unbedingt auf Kaninchen ("Heimtiere", "Kleinsäuger" - NICHT Kleintiere (= Katzen & Hunde)!) spezialisiert sein.
Die Qualität von Wach-CTs wird häufig zu Unrecht angezweifelt. Gegner argumentieren, dass die Aufnahmen generell verwackelt oder unscharf seien, da ein waches Kaninchen nicht stillsitzen würde und mit einer Atmungsunschärfe zu rechnen sei.
Hier spielen das Management und die Erfahrung des behandelnden Tierarztes eine entscheidende Rolle: Das Kaninchen muss mit viel Fingerspitzengefühl bequem und gerade in der Box positioniert werden, und jeglicher Hohlraum muss durch Decken, Tücher etc. ausgefüllt werden. Die wenigsten Kaninchen starten hier "Befreiungsversuche", da die eigentliche Untersuchung nur wenige Sekunden dauert und das Überraschungsmoment währenddessen die Oberhand hat.
Weiterhin ist es von großer Bedeutung, dass das Kaninchen während der Untersuchung möglichst keinen Stress hat und dementsprechend ruhig atmet. Hierfür empfiehlt es sich, es vor dem CT - ggf. in einem separaten, ruhigen Raum - zunächst in Ruhe "ankommen" und akklimatisieren zu lassen. Dies sollte für das Zeitmanagement der Praxis kein Problem darstellen, da auch eine Narkose nie unmittelbar nach der Ankunft erfolgen sollte, sondern erst, wenn das Kaninchen sich vom Fahrtstress erholt hat.
Korrekt ist natürlich, dass ein narkotisiertes Kaninchen zwangsläufig langsamer atmet als ein waches. Aber atmen tut es natürlich auch - eine hundertprozentige Schärfe ist folglich beim lebenden Tier nie möglich. Bei einem entspannten wachen Kaninchen kann die Qualität eines Wach-CTs durchaus mit der eines CTs in Narkose mithalten (DVT eingeschlossen). Und sollte es doch zu einer unerwünschten Bewegung kommen, wird ein gewissenhafter Tierarzt das CT unmittelbar im Anschluss einfach wiederholen.